Inkjet & Digitaldruck
Vom Etikett zum Direktdruck
Freitag 06. Mai 2005 - MAN Roland will Radio Frequency Identification auch für Massenprodukte einsetzen.
Täglich werden weltweit etwa 40 Milliarden Barcodes gedruckt. Viele davon dürften in der Zukunft durch intelligentere Identifikationslösungen ersetzt werden: RFID-Systeme können ungleich mehr Informationen speichern und wiedergeben. Zudem sind die gespeicherten Daten ohne direkten Sichtkontakt auslesbar.
Das Problem: Die heute üblicherweise als Etiketten vorproduzierten RFID-Systeme sind teuer. Für Massenprodukte, wie beispielsweise Faltschachteln, kommt ihr Einsatz deshalb nur bedingt in Frage. Zudem würden sie das Design beeinträchtigen.
MAN Roland verfolgt zusammen mit einer Reihe von Partnern deshalb das Ziel, partiell die Fertigung von RFID-Systemen in der Druckmaschine zu realisieren. Als erster Schritt sind Lösungen denkbar, bei denen die für Transponder erforderlichen Antennen direkt auf den Bedruckstoff gedruckt und die Chips danach appliziert werden. Im Offset- und anderen Druckverfahren können geeignete leitfähige Farben oder Pasten verdruckt werden, die auf Metallen oder leitfähigen Polymeren basieren. MAN Roland hat unter anderem auf der drupa 2004 funktionierende RFID-Anwendungen gezeigt, deren Antennen mit metallbasierten Farben gedruckt waren. Denkbar ist aber auch der Einsatz des Folientransferdrucks. Das Funktionieren polymerbasierter leitfähiger Strukturen wurde bereits an der TU Chemnitz in Versuchen auf einer LABORMAN-Maschine nachgewiesen.
Vorteile direkt gedruckter Antennen
Der Direktdruck der Antennen auf den Bedruckstoff des Endproduktes bietet eine Reihe von Vorteilen. Die Strukturen sind mit dem Bedruckstoff direkt verbunden und können nur durch Zerstörung entfernt werden. Das Auftragen der Spezialfarben entspricht in der Druckmaschine dem bekannten Drucken einer Zusatzfarbe oder eines Lacks. Die optische Integration des Transponders in das Design der Faltschachtel wird möglich, eventuell sogar durch Überdrucken mit Prozessfarben oder Lacken. Die Applikation der Chips auf die vorgedruckten Antennen kann in modularen Drucksystemen sowohl offline als auch inline erfolgen.
Eine wichtige Voraussetzung für das direkte Drucken von leitfähigen Strukturen ist die Möglichkeit der nachgelagerten Funktionskontrolle. Die grafische Industrie verfügt über ein großes Know-how in der Vervielfältigung, Beurteilung und Qualitätskontrolle gedruckter visueller Eindrücke. Die Funktion gedruckter Elektronik kann aber nicht nur visuell beurteilt, sondern muss zudem messtechnisch überprüft werden. Deshalb wird MAN Roland hier einen Schwerpunkt der Entwicklungsarbeit legen. Ziel ist es dabei, ein Verfahren zu entwickeln, das den Besonderheiten der Inline-Fertigung und des Direktdrucks Rechnung trägt. Dabei wird insbesondere berücksichtigt, dass sich die Leitfähigkeit der gedruckten Schaltungen durch den Trocknungsprozess der Farben verändert und dass mit Transpondern ausgestattete Faltschachteln noch höher veredelt und damit werthaltiger sind als bisher. Messverfahren und entsprechende Qualitätssicherungssysteme für das Gesamtprodukt sollten daher fehlerhafte Produkte weitestgehend ausschließen.
RFIDs näher an den Faltschachteldruck
Das Drucken von Faltschachteln ist eng und äußerst präzise mit einem Logistiksystem verbunden, das von der Materialanlieferung bis zum Point-of-Sale und bis zur Verknüpfung mit Warenwirtschaftssystemen reicht. Neue Kennzeichnungstechnologien sollten deshalb möglichst wenig verändernd in die bewährte Logistikkette eingreifen und zusätzliche hohe Investitionen in die Herstellung der Kennzeichnung vermeiden. Deshalb ist es sinnvoll, die Produktion von RFID-Applikationen möglichst nah an die bereits existierenden Systeme für Druck und Weiterverarbeitung von Faltschachteln heranzubringen. Modulare Druckmaschinen können dabei zum einen unterschiedliche erforderliche Druckverfahren in einem Inline-Prozess vereinen. Andererseits aber auch ? mit Zusatzaggregaten ausgestattet ? eine oder mehrere Ebenen elektronischer Schaltungen drucken und dies mit dem Druck üblicher Vierfarbseparationen verbinden.
Von Dr. Reinhard Baumann, Leiter Print-Media-Sonderprojekte MAN Roland