Offsetdruck
KBA auf der IfraExpo 2005
Mittwoch 19. Oktober 2005 - KBA NipTronic, neue 4/1-Satellitenrotation, Closed Loop, Hybrid-Maschinen und anderes für eine effiziente Produktion
In den vergangenen Jahren standen bei Koenig & Bauer der wasserlose Offsetdruck mit der KBA Cortina, weitere Automatisierungsbausteine zur Reduzierung von Rüstzeiten und Makulatur bei Erhöhung der Druckqualität und das von KBA eingeführte und inzwischen in Großinstallationen erfolgreich umgesetzte Konzept dreifachbreiter Zeitungsmaschinen im Mittelpunkt der Auftritte zur IfraExpo. Auch in diesem Jahr wartete der seit über 190 Jahren im Zeitungsgeschäft tätige Druckmaschinenhersteller mit interessanten Innovationen auf, die Effizienz und Flexibilität im Druck weiter verbessern werden.
Wasserlos bleibt ein Thema über den Coldset-Druck hinaus
Der wasserlose Offsetdruck mit zonenschraubenlosen Farbwerken auf der kompakten KBA Cortina bleibt für KBA trotz paralleler Innovationen im konventionellen Nassoffset weiterhin ein zentrales Thema. Nach dem Anlauf der ersten 48-Seiten-Cortina bei Rodi Rotatiedruk in Holland vor acht Monaten werden in den nächsten fünf Monaten vier weitere der sieben bisher verkauften Cortina-Anlagen (insgesamt 29 Achtertürme) in Deutschland, Holland und Belgien in Produktion gehen. Im Sommer 2006 folgt zusätzlich die Cortina bei Edipresse in der Schweiz. Aktuell wartet die Branche gespannt auf den im Dezember 2005 geplanten Produktionsbeginn der beiden 48-Seiten-Rotationen bei der Badischen Zeitung in Freiburg. Das renommierte regionale Zeitungshaus arbeitet in einer lebendigen Universitätsstadt, die für ihre Umweltorientierung weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt ist. Den Cortina-Start in Freiburg könnte man deshalb auch mit dem Slogan „Öko Press in Green City“ überschreiben, denn Umweltaspekte werden auch in der Zeitungsproduktion an Bedeutung gewinnen.
Da der Semicommercialdruck angesichts der von der Zeitungsbranche gewünschten höheren Maschinenauslastung zunehmend im Trend liegt, werden die Vordenker ihren Blick bald auch verstärkt nach Belgien richten. Dort wird beim Medienhaus De Persgroep in Asse im Sommer 2006 die erste von insgesamt vier Cortina-Sektionen (zwölf Achtertürme) mit einem Heatset-Trockner produzieren. Neu und interessant an dieser Installation ist, dass KBA und der Anwender in enger Kooperation mit der Farbenindustrie mit der am Markt einzigartigen Cortina-Technik nach erfolgreich verlaufenden Tests sowohl Zeitungen auf ungestrichenen als auch akzidenzähnliche Produkte (Semicommercials) auf gestrichenen Papieren ohne Farbwechsel produzieren wollen. Dies ist trotz vieler Versuche im konventionellen Nassoffset bis heute nicht in ausreichender Qualität und Leistung ohne zeitintensiven Farbwechsel möglich. Entsprechend werden Coldset- und Heatset-Sektionen so genannter Semicommercial-Maschinen in der Regel nur für das jeweilige Verfahren, nicht aber zweigleisig eingesetzt. Sollte dies im wasserlosen Offset mit der KBA Cortina problemlos funktionieren, würde sich daraus ein enormes Potenzial für die Zeitungsindustrie ergeben.
Semicommercial- und Hybrid-Anlagen im Trend
Auch im konventionellen Nassoffset sind aus wirtschaftlichen Gründen Semicommercial- und Hybrid-Maschinen zunehmend gefragt. KBA sieht sich als ein technischer Vorreiter auf diesem Gebiet und hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als 50 einfach- und doppeltbreite Zeitungsmaschinen mit Heatset-Paket für akzidenzähnliche Produkte bzw. für Hybrid-Produktionen Coldset/Heatset ausgeliefert. So wird z. B. neben einer kürzlich an West Australian Newspapers in Perth verkauften Colora-Großanlage eine einfachbreite Comet mit Trocknern für zwei der sechs Achtertürme aufgestellt. Die im Heatset-Verfahren bedruckten Papierbahnen der Comet werden in die Coldset-Zeitungen der Colora eingemischt. So können z. B. Coldset-Zeitungen mit Heatset-Cover oder mit Heatset-Innenseiten für spezielle Sektionen hergestellt werden. Besonders weit verbreitet sind solche Semicommercial-Maschinen u.a. in Holland. Dort produziert z. B. bei Wegener in Apeldoorn eine KBA Commander-Achterturmmaschine mit zwei Drucktürmen und zwei Trocknern Beilagen und Flyer. Eine einfachbreite Comet-Rotation bei Janssen/Pers Rotatiedruk B.V. in Gennep wurde mit zwei Akzidenz-Falzapparaten ausgestattet. So können z. B. pro Stunde bis zu 75.000 16-seitige bzw. bis zu 37.500 32-seitige Produkte im verkleinerten A4-Format in ausreichender Qualität mit geringerem Investitionsaufwand hergestellt werden als bei einer klassischen Hochqualitäts-Akzidenzdruckmaschine.
Tabloid-Maschinen senken Investitionskosten
Den Zeitungsdruckern in Ländern, in denen Tabloid-Zeitungen traditionell eine starke Stellung haben (Italien, Spanien, UK) empfiehlt KBA, über spezielle Tabloid-Maschinen nachzudenken. So erlauben die neun bei Rizzoli Corriere della Sera (RCS) in Italien im Sommer dieses Jahres in Betrieb gegangenen Commander-Rotationen bei einem Zylinderumfang von 1.400 mm und einer maximalen Papierbahnbreite von 2.000 mm die Produktion von 96 großformatigen Tabloid-Seiten auf einer Maschinensektion mit drei Drucktürmen. Bei einer herkömmlichen 4/2-Maschine würden für die gleiche Seitenzahl im Broadsheet-Format sechs Drucktürme, bei einer 4/1-Maschine sogar zwölf Drucktürme, also erheblich höhere Investitionskosten benötigt. Für einfach- und doppeltbreite Tabloid-Maschinen hat KBA ein Überbaukonzept für das Strangsplitting im 4/4-Druck zum Patent angemeldet, das den schnellen Bahneinzug bis auf das Trichterblatt, den Verzicht auf Wendedecks, eine hohe Produktionssicherheit durch geradeaus laufende Papierbahnen und eine variable Blattgestaltung mit vierseitigen Büchern erlaubt. KBA hält gerade für die nach vorne drängenden Kompakt- und Gratiszeitungen diese weniger komplexe Variante für bedenkenswert.
Patras A, Pastomat RC 1500, KF7 und anderes für die High-Volume-Produktion
Erhebliche Einsparungspotenziale liegen im Rollenkeller. Unter dem Produktnamen Patras A projektiert und realisiert KBA kundenspezifische, oft durchgehende Lösungen für die automatisierte Papierrollenlogistik von der LKW-Entladung über die Einlagerung bis hin zur weitgehend mannlosen Ver- und Entsorgung der Rollenwechsler. Der neue, bereits bei mehreren Installationen ausgelieferte Papierrollenwechsler Pastomat RC 1500 ist für Rollendurchmesser von 1.500 mm (früher max. 1.270 mm) konzipiert. Dadurch werden ein Drittel weniger Papierrollen mit entsprechend weniger Weißmakulatur und Personalaufwand benötigt.
Ein neues Highlight am Ende der Rotationsmaschine sind die siebenteiligen KF7-Klappenfalzwerke mit einer Kapazität von max. 144 Broadsheet-Seiten und einer max. Produktionsleistung von 90.000 Zeitungen/h. Das KBA-Konzept mit zwei Schneidzylindern ist patentiert und erlaubt den Einlauf von zwei separaten Strängen für die Produktion von 2 x 72 Seiten oder andere Seitenzahl-Kombinationen.
Alternativ zu den in Europa, Asien und Nordamerika weit verbreiteten Farbwerken mit offenen Farbkästen und unterschlächtigen Farbmessern bietet KBA nunmehr für doppelt- und dreifachbreite Zeitungsmaschinen auch Pumpfarbwerke an. Man hat hier auch eigene Entwicklungen betrieben und umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Eine kurz vor der Produktionsaufnahme stehende KBA Commander 6/2-Großanlage für Rossel in Brüssel wurde bereits entsprechend ausgestattet.
KBA NipTronic: Definierte Druckpressung vom Leitstand
In den Geheimnissen des Offsetdruckes wenig bewanderte Marktbeobachter mögen in der in Leipzig vom stv. KBA-Vorstandsvorsitzenden Claus Bolza-Schünemann vorgestellten neuen NipTronic-Lagertechnik von KBA ein interessantes Detail sehen. Erfahrene Rollenoffsetdrucker werden darin aber eher eine revolutionäre Basisinnovation erkennen, die ihnen das Leben leichter und die erzielbare Druckqualität vor allem bei stark wechselnden Papiersorten besser machen wird. Die von KBA gemeinsam mit Bosch Rexroth und dem Wälzlagerhersteller Ina entwickelte NipTronic-Lagereinheit in einem geschlossenen, fettdichten Gehäuse erlaubt erstmals in der Geschichte des Offsetdrucks die Ferneinstellung der optimalen Druckpressung zwischen Platten- und Gummituchzylinder bzw. zwischen den gegenüber liegenden Gummituchzylindern bei Achterturmmaschinen vom Leitstand. KBA NipTronic gewährleistet eine absolut spielfreie Zylinderlagerung ohne Exzenter und die heute bei modernen Maschinen üblichen Mehrringlager. Ebenso kann auf Schmitzringe und die damit verbundene Wartung verzichtet werden. Eingesetzt werden bewährte Zylinderrollenlager, die absolut spielfrei in vorgespannten Linearführungen verschiebbar sind.
Die Einstellung der vordefinierten Druckkräfte erfolgt elektrohydraulisch bei „Druck an“ mit anschließender Verriegelung. Dabei wird unabhängig vom aktuellen Zustand der Gummitücher automatisch die optimale Druckpressung kraftdosiert auf der Basis papierabhängig im Leitstand hinterlegter Sollwerte eingestellt. Stundenlange manuelle Justage-Arbeiten, die in der Praxis ohnehin nicht regelmäßig ausgeführt werden oder das bedruckstoffabhängige Wechseln von Unterlagefolien, können so ohne Abstriche an der Druckqualität unterbleiben. Gerade für Maschinen, die sowohl im Heatset- als auch im Coldsetdruck eingesetzt werden, ist KBA NipTronic (siehe Prospekt zu technischen Details) eine ideale Lösung. Schließlich kann bei einem relativ rauen Zeitungspapier die optimale Druckkraft um den Faktor 3 höher liegen als bei einem hochwertigen gestrichenen Papier.
Eine längere Lebensdauer für Lager, Druckplatten und Drucktücher durch optimierte Druckpressung, weniger Energieverbrauch und weniger Lagerschäden bei Papierwicklern sind weitere Vorteile dieser Innovation, auf die Offsetdrucker mehr als 40 Jahre lang warten mussten. KBA NipTronic wird zunächst in die wasserlose Offsetrotation KBA Cortina integriert, kann aber künftig auch in konventionellen Nassoffsetmaschinen eingesetzt werden, sofern diese wie die Cortina über ölfreie Druckeinheiten verfügen.
Neue Satelliten-Maschine KBA Commander 4/1
Als kleine Schwester zu der am Markt sehr erfolgreichen dreifachbreiten Jumbo-Rotation KBA Commander 6/2 mit 24 Broadsheet-Seiten pro Druckturm stellte KBA die ebenfalls in 9-Zylinder-Bauweise ausgeführte Satelliten-Rotation Commander 4/1 (doppeltbreit; Einfachumfang; 8 Broadsheet-Seiten pro Druckturm) vor. Die KBA Commander 4/1 ist vor allem bei größeren Formaten mit einem entsprechenden Fanout eine interessante Alternative zur 4/1-Achterturmmaschine Prisma. Sie verbindet die Vorteile des 4/1-Konzepts (2-Seiten-Sprung; halbierter Plattenverbrauch gegenüber einer Doppelumfang-Maschine bei ungesammelter Produktion) mit der hohen Farbregister-Genauigkeit der 9-Zylinder-Satelliten-Bauweise und dem hohen Automatisierungs- und Leistungsniveau der Commander-Klasse (teilautomatisierter Plattenwechsel; bis zu 86.000 Expl./h).
Closed Loop: Internes und externes Know-how im Verbund
Bei der Closed Loop-Regelung von Farbregister, Schnittregister Farbdichte, Bahnspannung und Fanout, die auf der IfraExpo 2005 vielerorts diskutiert wurde, setzt KBA nicht auf den lautstarken Hype, sondern auf eine pragmatische Strategie. Andreas Birkenfeld, Bereichsleiter Systemtechnik bei KBA, machte deutlich, dass nicht alles, was heute propagiert wird, bereits aktueller Stand der Technik ist. So arbeiten herstellerunabhängig auch heute noch alle Farbregistersysteme mit zunehmend kleineren Farbregistermarken. Ein markenfreies System muss an den hohen Performance-Werten aktueller Systeme gemessen werden. Der Verzicht auf Minimarken darf nicht mit undefinierter Makulatur erkauft werden. Die technisch sehr anspruchsvolle Closed Loop-Regelung der Farbdichte erfolgt in der Praxis noch nirgendwo bilddaten- oder bildbasiert, sondern auf der Basis dezidierter, oft gut verborgener Messelemente wie Graustreifen oder Minitarget. Der im Akzidenzdruck schon weiter fortgeschrittene Entwicklungsstand lässt sich nicht über Nacht auf das komplexere Produkt Zeitung übertragen, sondern erfordert einen hohen Entwicklungsaufwand.
Neben eigenen, bereits seit längerem in verschiedenen Referenz-Installationen laufenden Entwicklungen wie der automatischen Walzeneinstellung KBA RollerTronic oder der Closed Loop-Bahnspannungsregelung WebTronic und einer in Zusammenarbeit mit Q.I. Press Controls entwickelten, aber bisher noch nicht vermarkteten automatisierten Fanout-Regelung, setzt KBA bei der Farb- und Registerregelung auf die enge Kooperation mit kompetenten Partnern wie Q.I. Press Controls, QTI oder Grafikontrol, um den regional unterschiedlichen Präferenzen der Zeitungsindustrie Rechnung zu tragen. Mit Q.I. Press Controls läuft im Bereich Farbregelung seit längerem ein Entwicklungsprojekt an der KBA Commander-Großanlage bei der Frankfurter Societätsdruckerei und an einigen KBA-Akzidenz-Rotationen in Belgien. Trotz großer Fortschritte konnten noch nicht alle Hürden, wie z. B. der Einfluss des Feuchtwassers auf die Farbdichte überwunden werden. Dies wird noch etwas dauern. Auch Closed Loop-Systeme können zwar temperaturbedingte und andere Prozessschwankungen ausregeln, aber keine fundamentalen Prozess- oder Maschinenprobleme eliminieren. Dies sollte nach KBA-Meinung bei der aktuellen, zuweilen wenig praxisorientierten Diskussion nicht vergessen werden.
PRIME: Praktikable Workflows durch Partner-Strategie
Auch beim Thema Workflow verfolgt KBA als Gründungsmitglied des PrintMedia Network e.V. (PRIME) eine Partnerschaftsstrategie. Bereits im ersten Jahr nach der Gründung von PRIME wurden von den Mitgliedern eine Reihe praktikabler Schnittstellen in der drucktechnischen Praxis realisiert, wie Heiko Schröder von EAE, in Personalunion Vorstandsmitglied von PRIME, vortrug. Die Referenzliste der Installationen deckt die Schnittstellen zwischen Verlag und Press Management Systemen, Press Management Systemen und Leitstand, Tracking für die Rotation bis hin zu Schnittstellen zwischen übergeordneten Auftragserfassungs- und Versandraumsystemen ab. Diesen Weg wollen die PRIME-Mitglieder weitergehen, wobei neben den neun Gründungsmitgliedern bereits weitere Lieferanten ihr Interesse an einer Mitgliedschaft bekundet haben.
Als Mitglied des CIP4-Konsortiums hat KBA gemeinsam mit einem namhaften deutschen Mitbewerber auch Schnittstellen für die Umsetzung des JDF-Formats in der Zeitungswirtschaft erarbeitet, die gegebenenfalls in das PRIME Network einfließen können.
Angesichts der von Zeitungshaus zu Zeitungshaus sehr unterschiedlichen Workflow-Modelle und der gleichzeitigen wirtschaftlichen Notwendigkeit, eine gewisse Standardisierung herbeizuführen, setzt man bei KBA auf Flexibilität und Offenheit gegenüber qualifizierten Partnern allerdings mit dem klaren Ziel, das Rad nicht immer wieder neu zu erfinden.