Offsetdruck
Moderner Bogenoffset in den großen Formaten
Donnerstag 07. September 2006 - Viel wird in jüngerer Zeit über den Bogenoffset im Großformat geredet und geschrieben. Manchmal hat man den Eindruck, der großformatige Bogenoffset wird soeben neu erfunden. Besonders viel ist von Herstellern zu lesen, die noch gar nicht in den wirklich großen Formatklassen (über 70 x 100 cm) am Markt präsent sind und ihre neueste Maschine im 3b-Format dagegen mutig unter dem auch in der Bekleidungsindustrie den wirklich großen Formaten vorbehaltenen XL-Label anpreisen. KBA als Markt- und Technologieführer in den Jumbo-Formaten 91 x 130 bis 151 x 205 cm liefert dagegen seit Jahrzehnten den Großformat-Anwendern im Akzidenz-, Bücher-, Display-, Plakat- und Verpackungsdruck technologisch ausgereifte und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Technologie und verfahrenstechnische Lösungen unterschiedlichster Art.
Renaissance durch moderne Technologie
Mit der Markteinführung der großformatigen Rapida- und Roland 900-Generation zur drupa 1995 hat der Jumbo-Bogenoffset in punkto Rüstzeiten, Automatisierung, Personaleinsatz, Bedienungsfreundlichkeit und Netto-Produktionsleistung einen großen Sprung nach vorne gemacht und trotz der drei oder gar gut viermal so großen Druckfläche weitestgehend zu den im Mittelformat damals üblichen Standards aufgeschlossen. Der von den Befürwortern von heute vor gut zehn Jahren schon als Nische für wenige Spezialisten nahezu totgesagte Großformatdruck hat dadurch eine unerwartete Renaissance erlebt und sich trotz tendenziell sinkender Auflagen neben den Kerngebieten Verpackungs- und Bücherdruck sogar im Akzidenzdruck Marktateile von kleineren Formaten erobert bzw. mit der Vorstellung neuer Supergroßformatmaschinen von KBA und MAN Roland zur drupa 2004 gegenüber dem ebenfalls viel diskutierten Large Format Inkjet bei den Plakatdruckern mit ihren oft dominierenden Mini-Auflagen eine so kaum vorhersehbare Investitionswelle ausgelöst. Neben traditionellen Großformat-Druckern produzieren inzwischen auch eine ganze Reihe ehemals reinrassiger Mittelformat-Drucker mit Großformatmaschinen aus Radebeul. Ausschlaggebend für den Aufstieg in die Großformat-Liga dafür sind in der Regel Kosten-Nutzen-Analysen und/oder der Wunsch, sich am Markt durch ein erweitertes Produktionsspektrum zu differenzieren.
Im Akzidenzdruck passen 32, 48 oder sogar 64 DIN A4-Seiten auf den großen Bogen anstelle der 16 im Mittelformat. Und auch im Verpackungsdruck steigt die Effizienz überproportional, wenn bedingt durch die Größe der Verpackungen und die Form der Zuschnitte z.B. im Format 74 x 105 cm drei Nutzen, bei der Rapida 162a sogar zehn Nutzen auf einem Bogen produziert werden können. Daneben können viele Drucker ihren Kunden einen Mehrwert bieten, wenn sie großformatige Technik im Einsatz haben: Plakate und Displays entstehen als Nebenprodukte im eigenen Haus und brauchen nicht mehr an Kollegenbetriebe weitergegeben zu werden. So erhöht sich auch die Wertschöpfung im Unternehmen.
Fast 900 Großformat-Rapidas in gut 10 Jahren
Fast 900 Maschinen bzw. nahezu 7.000 Druckwerke in den Jumbo-Formaten hat KBA Radebeul seit der drupa 1995 weltweit ausgeliefert. Den größten Teil nehmen dabei die Rapida 162a mit 340 installierten Maschinen ein, dicht gefolgt von der Rapida 142 mit 320 Installationen. Die sehr erfolgreiche Rapida 142 ging vor allem an Verpackungsdrucker, in zunehmender Zahl aber auch an Akzidenzdrucker, die mit den wirtschaftlichen Vorteilen des doppelten Formats (im Vergleich zum Mittelformat) kalkulieren. In den vergangenen drei Jahren kamen zusätzlich fast 40 Super-Jumbos der Baureihen Rapida 185 bzw. Rapida 205 hinzu. Vergleicht man die Anzahl der Druckwerke pro Maschine, so ist auch hier eine Entwicklung spürbar, die zeigt, wie sich eine Branche bewegt und entwickelt. Verfügten zwischen 1995 und 2000 die ausgelieferten Maschinen im Durchschnitt über fünf Druck- und Lackwerke, so hat sich diese Durchschnittszahl heute auf sechs erhöht. Natürlich werden nach wie vor auch Vier- und Fünfwerkemaschinen ohne viel Schnickschnack ausgeliefert, die Anzahl anspruchsvoller Konfigurationen mit mehr als acht oder zehn Druck-, Lack- und Trockenwerken und einem Höchstmaß an Automatisierung hat aber deutlich zugenommen.
KBA-Spezialität: Jumbo-Perfektoren
Vom reinen Schön- auf den Schön- und Widerdruck umstellbare Wendemaschinen mit zwei, vier oder gar acht Druckwerken bis zum Format 112 x 162 cm bietet nach wie vor nur KBA an. Diese Jumbo-Perfektoren werden bisher hauptsächlich für die Produktion von Kalendern, Fach- und Lehrbüchern oder farbigen Bildbänden eingesetzt, in nicht allzu ferner Zukunft sicher auch für den anspruchsvollen Akzidenzdruck, denn die Entwicklung zu den High Volume-Maschinen im kommerziellen Rollenoffsetdruck dürfte auf Dauer auch vor dem Bogenoffset nicht halt machen, der in den großen Formaten im Vergleich zum Rollenoffset auch noch seine größere Bedruckstoff- und Formatflexibilität ausspielen könnte.
Im Jahr 2002 stellte KBA die erste Rapida 162 für den 4 über 4-Druck vor. Damit hielt dieses Verfahren, das beim Bogenoffset im 3b-Format schon ein Jahrzehnt früher seinen Durchbruch hatte, nun auch im Großformat Einzug. Vor allem für Buchproduzenten ist es im höchsten Maße wirtschaftlich, die doppelte Seitenzahl in einem Maschinenlauf 4/4-farbig zu bedrucken. Dadurch verringern sich neben den Produktionszeiten die Anzahl der Bogen pro Buch und die benötigte Fläche für Zwischenlager. In der Weiterverarbeitung gewährleisten großformatige Schneideanlagen, dass sich die geteilten Bogen auf allen folgenden Anlagen im 3b-Format weiter bearbeiten lassen. Gut 20 großformatige KBA Rapidas für den 4 über 4-Druck sind heute weltweit im Einsatz von der Rapida 130 bis zur Rapida 162a.
Knapp 15 Prozent aller Rapida-Jumbos werden bereits mit Bogenwendung ausgerüstet, wobei für die Faltschachtelproduktion und andere Spezialanwendungen Fünf-, Sechsfarben oder noch längere Maschinen mit Wendung nach dem ersten oder zweiten Druckwerk sinnvoll sind. Mit diesen können z.B. bei Blister-Verpackungen in einem Maschinenlauf Bedienungshinweise auf die Rückseite oder bei Faltschachteln Montageanleitungen, Kochrezepte u.a.m. auf die Innenseite gedruckt werden.
Hochwertige Inline-Veredelungen
Auch bei der Inline-Druckveredelung steht das Großformat dem Mittelformat in nichts nach. Rund 50 Prozent der Rapida-Jumbos verfügen heute über eine mehr oder weniger umfangreiche Lackierausstattung. Seit langem geht es dabei nicht mehr nur um die klassische Fünffarbenmaschine mit Lackturm und Auslageverlängerung. Auch Doppellack-Maschinen, Rapidas mit Lack und Bogenwendung und mit Druckwerken nach dem Lackturm sind im Praxiseinsatz. Mit über 40 Metern Gesamtlänge dürfte die Rapida 142 mit zwei Druckwerken, einem Lackturm, umstellbarer Bogenwendung, anschließenden sechs Druckwerken, Lack-, zwei Zwischentrocken-, einem weiteren Lackturm sowie Auslageverlängerung bei Anzpac in Australien derzeit die längst Installation weltweit sein. Auch die Rapida 142 mit sieben Druckwerken, Lack- und Trockenturm, je einem weiteren Lack- und Trockenturm, Bogenwendung und Auslageverlängerung bei AGI Klearfold in Melrose Park/IL (USA) steht ihr kaum nach und dokumentiert die einzigartige Erfahrung von KBA bei der Realisierung besonders komplexer, anwendungsbezogener Anlagen.
Doppellack-Maschinen mit sechs oder sieben Druckwerken sind für KBA auch bei den Jumbos ein fast alltägliches Geschäft und von Russland (PURT) über Deutschland (z.B. STI Lauterbach) oder Frankreich (z.B. LGR) bis in die USA (z.B. Graphic Packaging) überall anzutreffen. Gerade bei den Kartonagenmaschinen kommen in vielen Fällen kundenindividuelle Lösungen für die automatisierten Stapellogistik an Anleger oder Auslage hinzu, wobei auch verkettete Systeme für mehrere Bogenoffsetmaschinen für KBA längst kein Neuland mehr sind. Immer öfter werden in jüngster Zeit zudem palettenlose Logistikkomponenten installiert. Beim Bedrucken von Starkkarton und Wellpappe erhöht sich so die Produktivität bei gleich bleibendem Arbeitskräfte-Einsatz deutlich.
Bierdeckel, Blechverpackungen, Wellpappe und andere Spezialanwendungen
Neben dem Akzidenz-, Verpackungsdruck und der Buchproduktion hat sich der Bogenoffset im Jumbo-Format auch in vielen Nischenmärkten durchgesetzt. So produzieren mehrere Rapida-Jumbos in Spezialbetrieben für die Herstellung von Bierfilzen. Bei Kurprinz Georg Keil in Großschirma, einem der ganz wenigen Unternehmen, die ganz Deutschland mit Bierfilzen versorgen, ist seit Ende 2003 eine Rapida 130 mit fünf Farbwerken im Einsatz. Der Direktdruck auf Wellpappe bis 1,7 mm Stärke ist eine weitere Spezialität des Rapida-Großformates. Erst vor kurzem wurde bei RoK in St. Ruprecht/Österreich eine Sechsfarben-Rapida 142 mit Lackturm in Betrieb genommen, die ausschließlich im Direktdruck auf Wellpappe eingesetzt wird. Und auch der UV- oder Hybriddruck inklusive der Produktion auf sensiblen Folien ist für die großen Rapidas keine Unbekannte. Seit zwölf Jahren werden durch die KBA-Tochtergesellschaft Bauer+Kunzi Spezialmaschinen für den Blechdruck unter Einsatz modifizierter Rapida-Druckwerke konzipiert. In dieser Marktnische hat sich die Anzahl der Druckwerke ebenfalls pro Blechdruckmaschine von anfangs zwei auf heute fünf bis sechs erhöht. Mit acht Druckwerken und Ausstattung zur Inline-Veredelung sowie UV-Trocknung ist die Metalstar 2 bei United Can in Jakarta/Indonesien heute die längste Installation.
Auch nach dem Einstieg anderer Hersteller in die wirklich großen Formatklassen wird es noch Jahre dauern, bis diese alle Marktsegmente so kompetent abdecken können, wie dies mit den Großformatmaschinen aus Radebeul seit Jahrzehnten selbstverständlich ist. Denn auch im Druckmaschinenbau entsteht Kompetenz in erster Linie aus Erfahrung.