Drucksaal
War da was?: Gummituchwaschen im Turbogang
Freitag 19. Oktober 2007 - Erwartungen von Rollenoffsetdruckern zu übertreffen ist nicht ganz einfach. BALDWIN ist es mit dem neuen BALDWIN Cleaning System gelungen.
Bei Svoboda Press in Prag hat das Gummituchwaschsystem unter den rauen Bedingungen der 24/7-Produktion laufen gelernt. Und das Management wie auch das Maschinenpersonal überzeugt. Um mehr als 60 % kürzere Waschzeiten im konkreten Fall, deutlich reduzierte Makulatur und Verbrauchsmaterialkosten sowie ein hoher Bedienkomfort sind die Faktoren für ein gewaltiges Kosteneinsparungspotenzial bei einer Prozesssicherheit, die ihresgleichen sucht.
Wie lässt sich sicherstellen, dass ein neues Produktionssystem nicht an den Bedürfnissen des Marktes vorbei entwickelt wird? Indem man den kürzesten Weg vom Markt zum Produkt wählt und die Entwicklung gemeinsam mit dem Anwender vorantreibt, so Werner Ackermann, Leiter des Produktbereiches Reinigung Akzidenz bei der Baldwin Germany GmbH. Davon profitieren alle: der Hersteller durch direktes, ungefiltertes Feedback aus der realen Produktionsumgebung, der Pilotanwender durch frühesten Zugang zur neuen Technologie und das Produkt durch zielgerichtete Optimierung bis zur Marktreife. Dieser Devise folgte BALDWIN bei der Entwicklung des neuen BALDWIN Cleaning Systems. Dabei lagen die Zielsetzungen der von Grund auf neu entwickelten Gummituchwaschanlage klar auf der Hand: Verringerung von Reinigungszeiten, Waschmakulatur und einzusetzenden Verbrauchsmaterialien sowie Realisierung weiterer Kosteneinsparungen, ferner Beiträge zu Produktionssicherheit und Umweltschutz. Weil Druckereien angesichts des heutigen Erlös- und Kostengefüges am Markt neben Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung auf Lösungen angewiesen sind, die Betriebskosten und Maschinenstillstandszeiten deutlich drosseln.
Internationale Entwicklungspartnerschaft
Das BALDWIN-Entwicklungsteam hatte sich noch weitere Punkte ins Pflichtenheft geschrieben: Robustheit des Gesamtsystems bei hoher Performance, leichte Handhabung und ein geringer Wartungsbedarf. Auch in Bezug auf diese Eigenschaften sollte das neue BALDWIN Cleaning System, zusätzlich zu den oben genannten Schlüsselkriterien, im regulären Produktionseinsatz optimiert und bis zur Marktreife entwickelt werden. Als Feldtestpartner konnte Svoboda Press a.s. in Prag gewonnen werden. Die tschechische Großdruckerei (s. Kasten) verfügt über langjährige Erfahrungen mit Waschanlagen von BALDWIN und anderen Herstellern. Alle sieben Heatset-Rollenoffsetmaschinen bei Svoboda sind heute mit Systemen von BALDWIN ausgestattet.
Die Teststrecke für das BALDWIN Cleaning System, das im Tuchreinigungsprinzip arbeitet, war schnell ausgemacht: eine im Sommer 2005 in Betrieb genommene 48-Seiten-Rotation des Typs Lithoman IV von MAN Roland mit vier Doppeldruckwerken. Die Maschine hat eine maximale Papierbahnbreite von 1.460 mm und ist für maximal 45.000 Zylinderumdrehungen pro Stunde ausgelegt. Uns kam das Angebot von BALDWIN, eine neue Gummituchwaschanlage mit höherer Flexibilität und Effektivität mit zu entwickeln, sehr entgegen, sagt Ladislav Stepanek, Serviceleiter bei Svoboda Press und Leiter des Projekts auf der Anwenderseite. Und er kommt unumwunden auf das Hauptanliegen zu sprechen: Wir wollen das notwendige Reinigen der Gummitücher während der Produktion mit so wenig Makulatur wie nur möglich erreichen, weil das Papier bei den Kosten am stärksten zu Buche schlägt. Wir kämpfen wirklich um jeden Abschnitt.
Raue Praxisbedingungen
Im Heatset-Rollenoffsetdruck verarbeitet Svoboda Press vorwiegend ungestrichene Papiere. Standard-Zeitungspapier macht etwa zwei Drittel des jährlichen Verbrauchs von rund 63.000 Tonnen aus. Beim Rest handelt es sich zum größten Teil um SC-A- und SC-B-Papiere und in geringem Umfang um LWC. Die Grammaturen bewegen sich hauptsächlich zwischen 35 und 55 g/m2. Materialbedingt sind vor allem die ersten Druckwerke der Rotationen stark mit Papierstaub konfrontiert, der das Aufbauen auf den Gummitüchern forciert. Hieraus resultieren hohe Anforderungen an die Effizienz der Gummituchwaschanlage.
Im September 2006 startete in Prag die Pilotanwendungs- und Praxisentwicklungsphase des BALDWIN Cleaning Systems. Die Entwickler im BALDWIN-Kompetenzzentrum Reinigung Akzidenz am Standort Friedberg/Bayern und die Maschinenbesatzungen der Lithoman IV sollten in den kommenden Monaten sehr eng zusammenarbeiten, um Hardware und Software der neuen Gummituchwaschanlage zu optimieren.
In den Druckeinheiten der Rotation wurden insgesamt acht Reinigungseinheiten des neuen Systems installiert. Weitere augenfällige Merkmale der neuen BALDWIN-Anlage sind der Touchscreen im Maschinenleitstandpult mit völlig neu entwickelter Benutzeroberfläche und das Herz der Anlage, eine BALDWIN CleanLiner-Medienschrankeinheit, die an der Lithoman IV neben einem BALDWN LCM-System für die Feuchtmittel-Feinstfiltration Platz gefunden hat.
Was das Reinigungstuchmaterial betrifft, kann das BALDWIN Cleaning System beides: die mit einem Waschmittel vorgetränkten Prepacs oder Drypac-Tuchrollen (Trockentuch) verwenden.
Frontalangriff auf die Waschmakulatur …
Das BALDWIN Cleaning System bietet alle Wascharten. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Gummituchwaschanlage und die Aufrechterhaltung der Druckqualität über die gesamte Auflage ist jedoch das Fortdruckwaschen bzw. Produktionswaschen und das ohne Bahnrisse. So wird bei Svoboda Press das Waschen bei Produktionsgeschwindigkeit und in Druck-An-Position favorisiert.
Obwohl Drucker naturgemäß möglichst lange Waschintervalle anstreben, folgt man bei Svoboda Press der Empfehlung von BALDWIN, spätestens bei jedem dritten Rollenwechsel zu waschen. Dies lässt sich am Touchscreen der neuen Gummituchwaschanlage per Fingerzeig voreinstellen. Überhaupt ließen sich die Entwickler von BALDWIN von dem Grundsatz leiten, im Sinne einer vereinfachten Bedienung pro Waschart mit möglichst wenigen Programme auszukommen.
… mit Folgen, die begeistern
Saubere Gummitücher, aber bitte schneller und kostengünstiger als zuvor, diese Vorgabe seitens Svoboda Press hat das neue BALDWIN Cleaning System mehr als nur graduell erfüllt. Selbstverständlich hängt der Zeitbedarf für das Druck-An-Fortdruckwaschen, gerade in Produktionsszenarien wie bei Svoboda Press der Fall, stark von den verwendeten Druckpapieren ab. Statt in 20 Sekunden wie beim Vorgängersystem werden die Gummitücher bei dieser Pilotanwendung typischerweise in weit weniger als zehn Sekunden gereinigt. Das bedeutet eine um deutlich mehr als 60 % verkürzte Waschzeit mit durchschlagenden Folgen für die Makulatur. Die reduzierte sich gleichfalls um über 60 % auf rund 70 Abschnitte pro Waschvorgang. Auch in puncto Tuchverbrauch wurde ein erfreuliches Minus von mehr als 60 % erreicht, bei ebenfalls reduziertem Waschmittelkonsum.
Selbstverständlich lassen schon die obigen Fakten auf eine phänomenale Wirtschaftlichkeit des neue BALDWIN Cleaning Systems schließen. Dazu kommen weitere Details. Beispielsweise geht der Tuchwechsel wesentlich einfacher und schneller. Dazu Ladislav Stepanek: Es muss nur die Arretierung geöffnet und der Waschbalken zurückgezogen werden, dann kann der Wechsel erfolgen. Werkzeug ist keines notwendig. Das Ganze erledigt ein Mann in ca. zwei bis drei Minuten.
Am Wartungsbedarf der neuen Gummituchwaschanlage, der die Wirtschaftlichkeit ebenfalls beeinflusst, hat Ladislav Stepanek als Serviceleiter berufsbedingt großes Interesse. Bis auf das gelegentliche Kontrollieren und gegebenenfalls Reinigen der Waschbalken stelle die Anlage an das Personal keine Anforderungen, so sein Kommentar. Nicht weniger Erfreuliches berichtet er über die Betriebszuverlässigkeit: Das Tolle ist, dass die Anlage seit sechs oder sieben Monaten ohne Störungen arbeitet bis auf Kleinigkeiten, die bei einem solchen Entwicklungsprojekt einfach in Kauf zu nehmen sind.
Gravierende Kostenvorteile
Alles in allem bringt der Einsatz des neuen BALDWIN Cleaning Systems im Vergleich zu anderen Gummituchreinigungstechnologien immense Kostenvorteile. Obwohl die Papiere, die auf der Lithoman IV laufen, nicht gerade zu den Hochpreisigen gehören, und die Makulaturreduzierung für die Kosteneinsparungen maßgeblich ist, lässt sich pro Jahr (350 Produktionstage) ein Einsparungspotenzial hochrechnen, das schon im sechsstelligen Euro-Bereich liegt.
Ladislav Stepanek aüßert sich begeistert: Uns hat der Reiz des Neuen und die Möglichkeit, die Anlage optimal auf unsere Belange abzustimmen, zum Engagement bei diesem Projekt veranlasst. Jetzt profitieren wir als Erste von dieser Neuheit. Die Zusammenarbeit mit BALDWIN war schon vorher gut. Je besser unsere Teams sich kennen gelernt haben, umso leichter konnten wir gemeinsam Schwierigkeiten überwinden. Bei zukünftigen Entwicklungsprojekten würden wir sehr gerne wieder mit BALDWIN kooperieren.
Svoboda Press kurz beleuchtet
Svoboda Press a.s. hat als die größte Druckerei in der Tschechischen Republik eine mehr als 50-jährige Tradition. Der Standort des 1953 gegründeten Unternehmens befindet sich mitten in der Landeshauptstadt Prag. Svoboda Press wurde im September 2006 von der Euro-Druckservice AG (EDS), Passau (Deutschland), übernommen, die im März 2007 an Fonds unter Verwaltung der britischen Investmentgesellschaft 3i plc veräußert wurde.
Das vollstufige grafische Unternehmen hat rund 390 fest angestellte Mitarbeiter, dazu kommen noch Hilfskräfte. Die Druckproduktion läuft an sieben Tagen der Woche rund um die Uhr. Bei Svoboda Press sind sieben Heatset-Rollenoffsetmaschinen im Einsatz bis auf eine ältere Heidelberg Web 8 alle von MAN Roland. Außerdem gibt es einen kleinen Bogenoffsetbereich mit einer Fünffarbenmaschine im 3B-Format.
Im Produktionsprogramm dominieren Werbebeilagen für internationale Discounter und Handelsketten. In geringerem Umfang werden Farbkataloge für deutsche und britische Auftraggeber hergestellt, außerdem verschiedene Zeitschriften für den tschechischen Markt. Die Auflagen bewegen sich zwischen 50.000 und 1 Million, gelegentlich auch 2 Millionen Exemplaren.