Workflow
Migrationen auf der Spur
Dienstag 04. Mai 2010 - Zeller+Gmelin betreibt ein spezielles Analytik-Center für die Entwicklung von migrationsarmen Farbsystemen
Andreas Rascher, Produktmanager Druckfarben bei der Zeller+Gmelin GmbH & Co. KG in Eislingen erklärt: „Unerwünschte Migrationen bei Etiketten und im Verpackungsdruck zu vermindern oder zu vermeiden, sieht man bei Zeller+Gmelin als eine gemeinsame Aufgabe von Industrie und Drucker an.“ Dafür unternimmt der Eislinger Farbenhersteller verschiedenste Anstrengungen. So hat er mit einem Analyselabor im eigenen Hause, das auch den Kunden zur Verfügung steht, und der Auswahl der Farben verschiedene Wege zur Vermeidung von Migration beschritten. Der Autor weist allerdings auch darauf hin, daß die Farbindustrie bei der Bewältigung dieses Problems auf die Hilfe der Drucker angewiesen ist und zeigt die Notwendigkeit auf, im Druckvorgang bestimmte Grundanforderungen einzuhalten, um Migrationsvorgänge zu unterbinden.
Nach der Verabschiedung der Richtlinie 1935/2004 für Verpackungen im Kontakt mit Lebensmitteln hat die Zeller+Gmelin GmbH & Co.KG, Eislingen, ihre Analytik-Abteilung besonders im Bereich der Analyse von Druckfarbensystemen ausgebaut. Das Analytik-Center wird speziell für die Entwicklung von migrationsarmen Farben, für die Rohstoffkontrolle und Rohstoffauswahl, sowie für die interne Überprüfung von Testmustern verwendet.
Derzeit werden Verpackungen und Rohstoffe mittels Gas-Chromatographie mit Massenspektrometrie und Flüssig-Chromatographie mit Massenspektrometrie untersucht.
Mit der Untersuchungsmethode der Chromatographie wird eine Mischung von Stoffen voneinander getrennt. Die enthaltenen Stoffe können so einzeln nachgewiesen werden. Auf demselben Prinzip funktioniert eine analytische Trennsäule. Die zu trennenden Stoffe halten sich unterschiedlich lange in der Trennsäule auf.
Mit der Methode der Massenspektrometrie (MS oder MS/MS) können die einzelnen Stoffe eindeutig an Hand ihrer Masse bestimmt werden. Haben zwei Stoffe die gleiche Masse, werden deren Fragmentierungsmuster untersucht (wie ein Stoff zerfällt). So sind Stoffe eindeutig zu identifizieren.
Bei der Entwicklung und Herstellung aller migrationsarmen UV-Farbensysteme für die Bedruckung von primären Lebensmittelverpackungen und Etiketten flossen bei Zeller+Gmelin die Erkenntnisse aus dem Analytik-Center mit ein. Ob auf Papier oder Folie, die migrationsarmen Farbserien erfüllen die Anforderungen für die Bedruckung von Etiketten und flexiblen Verpackungen, bei denen Migrationsarmut gefordert ist.
Externe und interne Analysen zeigen, dass sich mit sachgerechter Anwendung der Farben bei Migrationstests ein Wert von 10 ppb mit 95 % Ethanol unterschreiten lässt. Folgende migrationsarmen Farbserien der unterschiedlichen Bereiche stehen bei Zeller+Gmelin aktuell zur Verfügung.
UV-Flexodruck: Uvaflex Y71, migrationsarme UV-Flexofarbe für die Bedruckung von flexiblen Verpackungen und Etiketten.
UV-Offsetdruck: Uvalux U41, migrationsarme UV-Offsetfarbe für den universellen Einsatz auf Papier und Folie. Sie wurde speziell für hohe Maschinengeschwindigkeiten entwickelt und zeichnet sich nach Herstellerangaben durch einen sehr geringen Geruch aus.
Uvalux U71, haftungsoptimierte migrationsarme UV-Offsetfarbe speziell für die Bedruckung kritischer Folienmaterialen.
UV-Formkörperdruck: Uvacurid C71, migrationsarme UV-Druckfarbe zum direkten Bedrucken von Kunststoff Formkörpern für Lebensmittel wie Becher, Deckel und Eimer, im indirekten Buchdruck.
Alle migrationsarmen Farbserien sind nach Mitteilung von Zeller+Gmelin Nestlé-konform und besitzen die offizielle Freigabe des Nahrungsmittelkonzerns.
Zusätzlich zur eigenen internen Prüfung, lässt Zeller+Gmelin seine migrationsarmen Farbserien stets auch von unabhängigen Analyseinstituten untersuchen und bewerten. Durch diese zweifache Prüfung bietet der Farbhersteller Druckern, Verpackungsabnehmern und Verbrauchern eine nach eigenen Angaben größtmögliche Produktsicherheit.
Die Möglichkeiten des Analytik-Centers bieten die Eislinger Farbhersteller auch ihren Kunden als speziellen Service an. Hier können Drucker oder Hersteller primärer Lebensmittelverpackungen und Etiketten für Lebensmittelverpackungen ihre Druckerzeugnisse prüfen und analysieren lassen, um Erkenntnisse über das Migrationspotential der Farben und des Druckprozesses zu erhalten, bevor sie die Verpackungen an ein neutrales, externes Analyseinstitut senden.
So kann schon im Vorfeld festgestellt werden, ob eine Verpackung den gesetzlichen Grenzwert von 10 ppb einhält. Dies verhindert böse Überraschungen und spart letztendlich Zeit und Kosten. Eine interne Migrations-Analyse bei Zeller+Gmelin dauert etwa drei Wochen. Um eine aussagekräftige Analyse zu erstellen sind geeignete Druckmuster notwendig.
Die Erstellung geeigneter Druckmuster und die Art, wie mit ihnen umgegangen wird, sind ausschlaggebend für eine aussagekräftige Migrationsanalyse. Nicht von jedem Druckmuster kann eine Analyse erstellt werden. Bestimmte Bedingungen müssen dabei eingehalten werden. Folgende Druckmuster werden dazu benötigt:
Muster der Originalsubstrate,
Muster der Originalsubstrate bestrahlt mit UV,
bedruckte Muster ohne Lack,
bedruckte Muster mit Lack.
Die Druckmuster sollten eine Mindestgröße von 10 x 10 cm aufweisen und über eine ausreichende Flächendeckung verfügen. Die Analysenmuster müssen unmittelbar nach Erstellung in Aluminiumfolie eingepackt werden:
Verpackungsdruck (Rolle-Rolle): Bei der Produktion von Rolle auf Rolle sind die Muster jeweils separat auf eine Hülse zu wickeln. Die Analysemuster müssen unmittelbar nach Erstellung in Aluminiumfolie eingepackt werden.
Etikettendruck: Die Druckmuster sollten eine Mindestgröße von 10 x 10 cm aufweisen und über eine ausreichende Flächendeckung verfügen. Zusätzlich werden die entsprechenden Original-Leergebinde benötigt, auf die die Etiketten appliziert werden. Die Analysemuster müssen unmittelbar nach Erstellung ungestanzt und ohne Gitterabzug in Aluminiumfolie eingepackt werden.
Formkörperdruck: Bei der Bedruckung von Formkörpern (z.B. Joghurtbecher) wird je Muster ein Stapel von mindestens 20 Stück/Becher benötigt. Die Analysemuster müssen unmittelbar nach Erstellung im Stapel in Aluminiumfolie eingepackt werden (keine einzelnen Becher).
Blechdruck: Die Blechtafeln sollten aus einem Stapel von 5 bis 10 Platten genommen werden. Aus den Tafeln werden dann ca. DIN A4 große Teile (min. 10 x 10 cm) geschnitten. Die Analysemuster müssen unmittelbar nach Erstellung im Stapel in Aluminiumfolie eingepackt werden (keine einzelnen Tafeln).
Die wichtigste Voraussetzung für einen migrationsarmen Druck ist die Reinigung der Druckmaschine. Im Bezug auf die Druckfarbe ist besonderer Wert auf die Reinigung der folgenden Komponenten zu legen:
Farbkasten,
Druckwalzen,
Farbzuführschläuche,
Drucktücher,
Druckplatten.
Dabei gilt es zusätzlich folgende Besonderheiten zu beachten:
Farbzufuhrschläuche: Für das Drucken mit migrationsarmen Farbsystemen müssen die Schläuche ausgetauscht werden.
Druckwalzen/Drucktücher/Druckplatten: Gummiwalzen, Drucktücher und Druckplatten, die in Kontakt mit der nassen Druckfarbe geraten, können sich regelrecht mit Bestandteilen der Druckfarben vollsaugen. Ein einmaliges Waschen ist in keinem Fall ausreichend. Bevor demnach ein migrationsarmer Druckjob auf die Druckmaschine genommen wird, sollte die Druckmaschine schon mehrere Stunden mit migrationsarmen Systemen gelaufen sein, um die in den Gummiwalzen vorhandenen Stoffe wieder herauszulösen. Deshalb sollten auch die Druckmuster für die Migrationsanalyse immer am Ende eines Druckjobs entnommen werden. Idealerweise wird auf einer Druckmaschine ausschließlich mit Low-Migration-Systemen gedruckt, um so das Risiko von Kontaminationen durch Non-Low-Migration-Systeme auszuschließen.
Abschließend muss an dieser Stelle nochmals deutlich betont werden, dass alleine der Einsatz einer Low-Migration-Druckfarbe oder eines Low-Migration-Lackes nicht zwingend zu einer konformen Verpackung führt. Es muss das gesamte System betrachtet werden, mit allen Komponenten und Faktoren, die Einfluss auf das Migrationsergebnis haben. Dazu gehören:
das Substrat,
die Sauberkeit der Maschine,
die UV-Strahler,
die Druckwalzen und Gummitücher,
die Farbformulierung,
die Farbstärke bzw. die Schichtdicke sowie
die Gestaltung der Verpackung bzw. des Etiketts.
Zur Herstellung einer konformen Verpackung gehört ein enger Informationsaustausch zwischen den einzelnen Gliedern der Verpackungskette. Bei Zeller+Gmelin ist man der Meinung, dass der Druckfarbenhersteller, auf sich alleine gestellt, diese Aufgabe nicht schultern kann. Hier müssen alle Teilnehmer der Supply-Chain aktiv werden und Verantwortung übernehmen. Diese Einsicht setzt sich nach Einschätzung von Zeller+Gmelin in der Branche immer mehr durch. Dies sei auch gut so, meint man in Eislingen. Zusammen könnten die gegebenen gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden, wie die Industrie jeden Tag beweisen kann.