Aus den Unternehmen
Maschinenbauer Kolbus erwartet durch drupa Wachstum
Donnerstag 22. Dezember 2011 - Der VDMA sprach mit Kai Büntemeyer unter anderem über die Veränderungen in der Druckindustrie und die Auswirkungen der Eurokrise auf seine Branche. Kai Büntemeyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Kolbus GmbH & Co. KG. Das Traditionsunternehmen aus dem westfälischen Rahden stellt Buchbindereimaschinen her.
Herr Büntemeyer, immer mehr Menschen nutzen e-books. Auch die Zahl der Anbieter von Lesegeräten steigt, siehe Amazon mit dem Kindle oder Apple mit seinem iPad. Was bedeutet diese Entwicklung für Kolbus?
Kai Büntemeyer: Das e-book wird für uns wahrscheinlich nur geringe Bedeutung haben. Es ist als Luxuskonsumgut eine Kategorie für sich. Für die Verwertung von Text- und Bildrechten ist es völlig ungeeignet. Noch vor kurzer Zeit war es erklärte Strategie von Amazon, dass ein Kindle reines Lesegerät sein müsste, um seinen Zweck zu erfüllen. Das neue Gerät hat aber iPad-Merkmale und markiert damit die Kapitulation des e-book vor Druck- und Papier.
Der Digitaldruck ist im Kommen. Wie wird er das Geschäft von Kolbus verändern? Entwickelt Kolbus spezielle Maschinen für den Digitaldruck?
Büntemeyer: Ganze Maschinen für den Digitaldruck natürlich nicht, Bücher hatten ihre heutige Form schon vor Gutenberg und können auch dem Digitaldruck dienen. Selbstverständlich müssen wir aber unseren Kunden erhebliche Modifikationen anbieten, insbesondere im Bereich der Maschinensteuerung. Das Fotobuch-Geschäft ist bereits eines unserer größten Geschäftsfelder geworden. Man kann sagen, es handelt sich hierbei um Bücher im Selbstverlag des Verbrauchers. Dieses Geschäftsmodell funktioniert und wird über das Fotobuch hinauswachsen.
Auf der Basis unserer Erfahrung sind wir auch in der Lage, effiziente, industrielle Buchfertigung für Digitaldruck zu realisieren. Das werden wir auf der Drupa 2012 präsentieren.
Wirbt Kolbus deshalb mit dem Slogan „Drücken Sie einfach Buch“?
Büntemeyer: Wir wollen mit dem Slogan klar machen, was für profitablen Digitaldruck erforderlich ist. Die Ausgabe einer Datei als Buch darf nicht mehr erfordern, als das Drücken eines Knopfes, sonst ist der industrielle Digitaldruck ein reines Verlustgeschäft. Eine Buchdecke besteht aus mindestens drei Komponenten. Jede Komponente verursacht zehn Euro Dispositionskosten pro Auftrag. Wenn man diese Komponenten für ein einzelnes Buch frei bestimmen darf, sind das schon 30 Euro Managementkosten nur für die Decke – Beschaffung, Lagerhaltung und Verarbeitung noch gar nicht gerechnet. Will man in diesem Sektor Geld verdienen, darf man den für die Beschaffung Verantwortlichen nicht mehr als einen Knopf mit der Aufschrift „Buch“ geben.
Die Druckindustrie verändert sich – nicht nur durch den Digitaldruck. Wie muss Kolbus seine Strategie anpassen?
Büntemeyer: Es lässt sich auf ein Phänomen reduzieren. Alles wird immer schneller. Früher hatten wir in guten Zeiten zwei Jahre Lieferzeit, heute kann man sich nicht mehr erlauben, sie über vier bis fünf Monate wachsen zu lassen, Darüber hinaus ist Kapazitätsanpassung gefordert. Entwicklungen haben früher oft viele Jahre gebraucht, heute sind es Monate. Ich habe in meiner beruflichen Jugend noch Maschinen mit dem Argument des besseren Wiederverkaufswertes nach zehn Jahren verkauft, heute muss man Amortisation in zwei Jahren nachweisen. Der Markt ist durchaus da und wird nicht nur konstant bleiben, sondern sogar leicht wachsen. Aber nur die Schnellen bekommen noch etwas davon ab.
Befürchten Sie Konkurrenz aus China? Dort entsteht ein riesiger Markt für Druckerzeugnisse, und die chinesischen Maschinenbauer setzen zunehmend auf Qualität.
Büntemeyer: Es gibt nur zwei Anbieter, die unser Produktprogramm flächendeckend weltweit anbieten, uns und ein Großunternehmen aus der Schweiz. Wegen unserer extremen Spezialisierung ist davon auszugehen, dass auch die Chinesen es vorziehen werden, unsere Leistungen in Anspruch zu nehmen statt für die geringen Stückzahlen eigene Entwicklungen zu tätigen.
Die Druckmaschinenbauer haben schwierige Zeiten hinter sich. Wie ist die Geschäftsentwicklung bei Kolbus als Zulieferer dieser Branche?
Büntemeyer: Wir sind mit unserer Geschäftsentwicklung recht zufrieden. 2010 haben wir einen Konzernumsatz von nicht ganz 120 Millionen Euro erreicht. Für das laufende Jahr erwarten wir eine ähnliche Zahl. 2012 wird sich aus einem schwächeren ersten Halbjahr und einem stärkeren zweiten Halbjahr zusammensetzen. Das ist der berühmte „Drupa-Effekt“.
Herr Büntemeyer, Sie sind auch Vorsitzender des Fachverbands Druck- und Papiertechnik im VDMA. Wie beurteilen Sie aus dieser Rolle heraus die Auswirkungen der aktuellen Euro-Krise auf die Druckindustrie? Droht die Branche in eine neue Rezession abzugleiten?
Büntemeyer: Die Euro-Krise hat verheerende Folgen. Sie bewirkt in vollendeter Perfektion die Verschiebung von Investitionen. Eine Verschiebung von im Schnitt vier Monaten belastet die Anpassungsfähigkeit der Industrie bereits sehr, sehr schmerzhaft. Wir stecken schon in der Rezession.
Warum hat Druck Zukunft?
Büntemeyer: Hauptsächlich aus zwei Gründen. Die kulturelle Entwicklung wäre ohne gedruckte Produkte nicht möglich gewesen. Druck hat Zukunft, weil Kultur Zukunft hat. Druckprodukte sind nötig, um die Verflachung der Kultur zu bremsen.
Der zweite Grund hat mit dem Denken zu tun. Menschen machen sich Gedanken. Sobald die etwas komplizierter sind und notiert werden, sind alle Medien außer dem gedruckten Wort unzulänglich, also nicht geeignet.
Die drupa ist 60 geworden. Wird es in 60 Jahren noch eine drupa geben?
Büntemeyer: Die technische Entwicklung wird nicht zum Stillstand kommen. Die Druckindustrie wird sich daher immer weiter entwickeln. Deshalb braucht sie Messen – einen Marktplatz, der den gegenseitigen Austausch ermöglicht. Und sie braucht eine Leitmesse. Dort findet man oft etwas, das man gar nicht sucht. Ich bin sicher, dass die Düsseldorfer Messe die drupa so weiter entwickeln wird, dass sie auch in 60 Jahren noch die Leitmesse der Druckindustrie sein wird. Der Fachverband Druck- und Papiertechnik als ideeller Träger wird dies nach Kräften unterstützen.“
Was ist seit der Erfindung des Buchdrucks die wichtigste Weiterentwicklung in der Drucktechnik?
Büntemeyer: Das ist aus meiner Sicht kein Produkt. Die wichtigste Entwicklung ist die Änderung der Kommunikationsverhältnisse. Wir haben heute eine weltumspannende, preiswerte Datenverfügbarkeit. Dieser Prozess fing Mitte des vorigen Jahrhunderts an, als Telegramme, Fernschreiben oder auch das Telefon für eine größere Zahl von Menschen zu bezahlbaren Kommunikationsmitteln wurden. Das Internet hat diese Entwicklung nicht ausgelöst, wie viele sagen. Es hat nur die Bandbreite vergrößert.