Aus den Unternehmen
High-Tech für Druckanwendungen von morgen
Mittwoch 22. Februar 2012 - Der VDMA sprach mit Dr. Jürgen Vutz, geschäftsführender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsführung der Windmöller & Hölscher KG, über neue Geschäftschancen in der Druckbranche und ein erfolgreiches Mitarbeiter-Marketing.
Herr Dr. Vutz, ihr Unternehmen ist in der Drucktechnik wie auch in der Verpackungstechnik tätig. Welche Messe ist für Sie wichtiger, die drupa oder die interpack?
Dr. Jürgen Vutz: Die drupa ist die größere der beiden Messen. Wir stellen dort auch mehr aus. Sie ist auch deshalb für uns von Bedeutung, weil der Druck in der Verpackungstechnik eine immer größere Rolle spielt. Wir leben in einer Zeit, die durch eine zunehmende Individualisierung gekennzeichnet ist. Das bedeutet für Produkte eine immer größere Differenzierung und mehr Variantenreichtum. Das gilt für Verpackungen, aber in besonderem Maße für den Druck auf diesen Verpackungen. Dem Einfallsreichtum sind dort keine Grenzen gesetzt, bis hin zum Einsatz von multisensorischen, also, zum Beispiel, duftenden Farben
Wie hoch ist der Anteil, den Druckmaschinen in ihrem Portfolio haben?
Dr. Vutz: Etwa ein Drittel unserer Maschinen sind Druckmaschinen, ein weiteres Drittel Verarbeitungsmaschinen und das dritte Drittel sind Extrusionsmaschinen zur Herstellung von Folien. Wir sind in allen diesen Bereichen sehr erfolgreich unterwegs. Aber unser größter Vorteil ist, dass wir alle diese Maschinen aus einer Hand anbieten können. In jedem Einzelgeschäftsfeld haben wir Wettbewerber, aber wir sind weltweit das einzige Unternehmen, das Maschinen für die gesamte Prozesskette anbieten kann.
Wie stark ist der Wettbewerb, und was tun Sie gegen die Kopiergefahr?
Dr. Vutz: Wir befinden uns in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld. Wir haben überall Konkurrenz, vor allem in Europa, aber auch in Amerika und in Asien.
Da wir in den meisten Produktbereichen Weltmarktführer sind, ist die Kopiergefahr recht groß. Wir reagieren auf diese Situation mit Innovationen, die in immer schnelleren Abständen auf den Markt gebracht werden. Was gestern Spitzentechnologie war, ist heute schon Standard. Aber es reicht nicht mehr, nur innovativ zu sein. Die Kunden weltweit sind auch extrem preisbewusst geworden. Wir müssen also Spitzentechnologie zum günstigen Preis liefern.
An unserem Firmensitz in Lengerich beschäftigen sich 300 unserer 1500 Mitarbeiter ausschließlich mit Innovationen. Wir geben acht Prozent unseres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Als Folge davon halten wir 1.500 Patente weltweit. Konsequenterweise heißt unser Unternehmensmotto deshalb auch „Innovationen aus Leidenschaft“.
Lengerich liegt in einer strukturschwachen Region. Ist es da nicht schwierig, gut ausgebildete Fachkräfte zu bekommen?
Dr. Vutz: Wir haben allein in den vergangenen zwölf Monaten circa hundert neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingestellt und zählen jetzt 1.600 Beschäftigte in Lengerich. Es ist uns nicht schwer gefallen, diese Fachleute zu gewinnen. Das liegt daran, dass wir ein aktives Personal-Marketing betreiben. Von allein kämen die jungen Talente eher selten zu uns, sondern würden vermutlich zu bekannten Unternehmen gehen, beispielsweiseaus der Autoindustrie.
Aber wir gehen auf Rekrutierungsmessen – man nennt sie neudeutsch Bonding-Messen – und stellen uns dort vor. Wenn die Interessenten dann erst mal zu uns kommen und sehen, welche vielfältigen Möglichkeiten sie bei uns haben, ihr Know-how und ihre Kreativität einzusetzen, ist es kein Problem, sie zu überzeugen. Wir kümmern uns außerdem auch um das Lebensumfeld unserer Mitarbeiter, indem wir beispielsweise auch Lebenspartner auf der Suche nach einer Arbeitsstelle unterstützen. Beliebt ist, zum Beispiel, auch unsere W&H-Card, mit der unsere Mitarbeiter bei über 50 Unternehmen in der Region vergünstigt einkaufen können.
Windmöller & Hölscher ist ein mittelständisches Unternehmen. Inwieweit begünstigt diese Struktur die Geschäftsentwicklung?
Dr. Vutz: Unser Unternehmen ist gesund und ein verlässlicher Partner für Mitarbeiter, Kunden und Zulieferanten. Die Gesellschafterstruktur ist stabil. Wir denken nicht in Quartalsabschlüssen, sondern langfristig und das auf allen Ebenen. Es ist für alle Beteiligten in unseren Geschäftsprozessen zunehmend wichtig, eine langfristige Perspektive der Zusammenarbeit zu haben. Das ist aus unserem Blickwinkel der Nährboden für eine gesunde Geschäftsentwicklung
Warum hat Druck Zukunft?
Dr. Vutz: Druckprodukte werden heute teilweise verdrängt und ersetzt durch elektronische Medien. Das e-Book macht dem gedruckten Buch Konkurrenz. Kaufinformationen holt man sich zunehmend im Internet, nicht mehr aus Produktbroschüren. Auf der anderen Seite bin ich davon überzeugt, dass sich immer wieder neue Einsatzbereiche für Druck ergeben werden. Die Welt des Druckens wird bunter und vielfältiger, nicht nur im Verpackungsdruck. Viele neue Anwendungen stehen kurz vor dem Durchbruch. Ich denke beispielsweise an das ganz neue Feld der gedruckten Elektronik. Druck hat also auf jeden Fall Zukunft und wird sich immer wieder neu erfinden.
Die drupa ist 60 geworden. Wird es in 60 Jahren noch eine drupa geben?
Dr. Vutz: Es mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, aber die Zunahme der elektronischen Kommunikation macht eine Messe wie die drupa nur umso wichtiger. Wenn man immer nur per Mail Kontakt hat, ist es nötig, dass man sich mal wieder in die Augen sehen kann. Dieser persönliche Kontakt ist ein Vorteil, den man gar nicht hoch genug bewerten kann. Auf keiner anderen Messe unserer Branche ist es möglich, derart viele Kunden aus der ganzen Welt zu treffen. Auch deshalb wird es die drupa auch noch sehr lange geben.
Was ist seit der Erfindung des Buchdrucks die wichtigste Weiterentwicklung in der Drucktechnik?
Dr. Vutz: Vor 200 Jahren hatten wir die industrielle Revolution. Die digitale Revolution, die vielleicht zehn oder 20 Jahre alt ist, steckt noch in den Kinderschuhen. Wir stehen erst am Anfang eines großen Wandels in allen Lebensbereichen. Das hat und wird auch die Drucktechnologie in Zukunft massiv beeinflussen. Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung, die mit vielen Chancen und Herausforderungen auf uns wartet. Ich freue mich darauf, weil unsere Welt dadurch noch enger zusammenwachsen wird.