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Ein Interview mit Dorin Pitigoi, Farb- und Standardisierungsexperte
Dienstag 21. April 2015 - Vor der FESPA 2015 spricht die FESPA mit dem Farbexperten Dorin Pitigoi über Farbmanagement und Industriedruck.
Aus der Sicht von Druckdienstleistern erscheinen die Grenzen der Industriedruck-Welt noch ziemlich verschwommen: Führende Druckmaschinenhersteller und Druckdienstleister haben offenbar unterschiedliche Ansichten über die Größe des Industriedruckmarkts und seine einzelnen Segmente. Was bedeutet Industriedruck für Sie?
Industriedruck ist ein weit gefasster Begriff und bedeutet generell das Auftragen von Druckfarbe auf Substrate zur Herstellung von Druckerzeugnissen, die zur Verwendung für industrielle Zwecke geeignet sind. Es ist ein dynamischer und potenziell lukrativer Bereich, der Druckdienstleistern neue Möglichkeiten zur Erweiterung ihrer Anwendungspalette und zur Erschließung von Nischenmärkten bietet.
Im industriellen Umfeld müssen unbedingt bestimmte Mindestparameter vereinbart werden, um die visuellen Merkmale und technischen Eigenschaften zu definieren, die das Endprodukt haben kann. In ISO/PDTS 15311-1 sind einige Parameter und Messmethoden festgelegt, die auf Druckmaterialien angewandt werden können. Doch im Zuge der laufenden Forschungsarbeit werden bestimmt neue Parameter und Messmethoden auftauchen, während Vorhandene möglicherweise geändert und überarbeitet werden.
Sobald diese Spezifikationen getestet und als Standard vereinbart wurden, können sie im Akzidenz-, Großformat-, Textil- und Keramikdruck sowie in anderen vertikalen Industriebereichen genutzt werden. Dann werden Hersteller, Druckdienstleister und Markenartikler über ein gemeinsames, sozusagen offizielles „Regelwerk“ verfügen, auf das sie sich berufen können.
Beim Druck-Produktionsprozess wird das Farbmanagement häufig unterbewertet und verkannt. Welche Auswirkung haben mangelnde Farbkonstanz und -genauigkeit auf eine industrielle Produktionsumgebung?
Angesichts der Vielzahl und Vielfalt von Anwendungen – angefangen von Textilien und Innendekoration bis hin zu Verpackungen -, bei denen es insbesondere bei der Reproduktion von Markenartikeln und -materialien auf die Farbwiedergabe ankommt, ist die Farbkontrolle von zentraler Bedeutung. Werbekampagnen können konventionell und digital gedruckte Erzeugnisse auf verschiedenen Substraten umfassen, bei denen Markenfarben genau wiedergegeben werden müssen. Der Abstimmungsprozess von herkömmlichen Druckfarben auf Basis von Volltonfarben mit Digitaldruckfarben auf CMYK-Basis erfordert spezielle Farbmanagement-Tools und Einstellungen.
Zur Gewährleistung der Qualitäts- und Prozesssteuerung innerhalb der gesamten Produktionsumgebung müssen objektive Farbstandards implementiert werden. Der Fogra PSD (Prozess-Standard Digitaldruck) gewinnt zunehmend an Bedeutung, um mit herkömmlichen und digitalen Druckverfahren auf einer Vielzahl von Substraten an verschiedenen Standorten Ergebnisse mit einheitlicher Qualität zu erzielen.
Druckdienstleister, in deren Arbeitsabläufe verschiedene Technologien und Workflows integriert sind, stehen vor der großen Herausforderung, unabhängig vom jeweils verwendeten System eine genaue Farbwiedergabe garantieren zu müssen. Die optimale Nutzung jeder Maschine durch die Implementierung einer effizienten Produktionsumgebung und die Verteilung der Arbeit auf verschiedene Plattformen setzt Fachwissen in Sachen Farbmanagement und Kenntnisse voraus, wie man die zugehörigen Tools jeweils am besten nutzt.
Wissen Druckdienstleister heute mehr über Farbmanagement und sind an der Umsetzung von Prozessen interessiert, um eine einheitliche Farbwiedergabe zu gewährleisten?
Die Zahl der Druckdienstleister, die sich für Farbmanagement interessieren, nimmt allmählich zu, allerdings nicht im notwendigen Ausmaß und Tempo angesichts des extrem anspruchsvollen und hart umkämpften Industrieumfelds. Viele Druckereien unterschätzen immer noch die Bedeutung, die der Zuweisung von zeitlichen und finanziellen Ressourcen zur Erstellung von Materialien zukommt, die für die Zusammenarbeit mit einem bestimmten Gerät getestet und optimiert wurden. Sie sind sich nicht darüber im Klaren, dass es sich letztendlich auszahlt, seinen Kunden eine Anwendung anzubieten, die absolut präzise ist und höchste Standards einhält. Ein perfekt „eingestelltes“ Farbmanagement trägt zur Verringerung des Farbverbrauchs, Erhöhung der Qualität und Steigerung der Produktivität dank höherer Geschwindigkeit und geringerem Aufwand für Nacharbeiten bei, weil die Fehlerwahrscheinlichkeit durch genaue Farbwiedergabe geringer wird.
Am Mittwoch, den 20. Mai um 15 Uhr wird Dorin Pitigoi im Education Hub (Halle 8, Stand B90) auf der FESPA 2015 einen Vortrag mit dem Titel „Fogra specification for system and process check for large format printing applications – between market necessity and technical opportunity for printers, print buyers, printing systems and substrate manufacturers“ (Fogra Spezifikation für die System- und Prozessprüfung bei Großformat-Druckanwendungen – zwischen Markterfordernissen und technischen Möglichkeiten für Druckdienstleister, Print-Einkäufer, Drucksystem- und Substrathersteller).
Sie können Pitigoi auch am Donnerstag, den 21. Mai um 16 Uhr treffen. Dann wird er im Education Hub über folgendes Thema referieren: „Colour challenges in signage printing on non-paper like substrates – measuring, profiling and viewing to correlate colour perception with colour measurements“ (Farbherausforderungen beim Signage- und Werbedruck auf andere Substrate als Papier – Messen, Erstellen von Profilen und Betrachten zur Korrelation von Farbwahrnehmung und Farbmessung).