Verpackung
Süßwarenmarkt: Umsatzstark und hart umworben
Dienstag 31. Januar 2023 - Die meisten Menschen naschen gerne, doch mit dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit wächst auch die Nachfrage nach umweltfreundlicheren Verpackungen für Süßes. Der Druck auf die Süßwarenindustrie ist daher groß, auf ressourcenschonende Verpackungsprozesse und Materialien umzusteigen. Viele Verpackungshersteller haben nachhaltige Lösungen für Schokolade, Kekse und Co. bereits parat.
Die Süßwarenindustrie in Europa gehört zu den dynamischsten und größten Produktions- und Exportbranchen. Über 12.000 Unternehmen produzieren rund 14,7 Millionen Tonnen Süßwaren pro Jahr, teilt der europäische Verband Caobisco mit. Weltweit sind allerdings die USA Spitzenreiter in der Süßwarenproduktion mit einem prognostizierten Umsatz von rund 264 Milliarden Euro in 2023 und dem laut Euromonitor International größten absoluten Wachstum in den nächsten fünf Jahren.
Vor allem Schokolade liegt in der Gunst der Verbraucherinnen und Verbraucher ganz vorne. Im europäischen Ranking von Chocosuisse führte 2020 die Schweiz den Pro-Kopf-Konsum von Schokolade mit über elf Kilogramm pro Jahr an, gefolgt von Deutschland (9,2 kg), Estland (8,3 kg) und Dänemark (8,2 kg). Estland hatte laut Euromonitor International im Jahr 2022 sogar den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von Süßwaren – insgesamt 13,6 Kilogramm verzehrte statistisch dort jeder Einwohner. Prognosen zufolge wird das baltische Land hier in den nächsten fünf Jahre noch einmal kräftig zulegen.
Eine aktuelle Befragung der deutschen Online-Plattform Statista belegt: Frauen greifen häufiger zu Süßem. Im Jahr 2022 gaben rund 34 Prozent der Frauen an, täglich Süßwaren oder herzhafte Knabbereien zu konsumieren. Bei den Männern lag der Anteil bei 23 Prozent. In einer anderen Studie gestand ein Viertel der Befragten den Marktforschenden von POSpulse, seit der Pandemie mehr Süßwaren und Snacks zu konsumieren.
Die Hauptrohstoffe beziehen die deutschen Hersteller von Süßwaren und Knabberartikeln laut ihrem Bundesverband BDSI überwiegend aus Deutschland und der EU. Damit ist die Süßwarenindustrie nicht nur ein wichtiger Partner der deutschen und europäischen Landwirtschaft, sondern leistet durch kurze Transportwege außerdem einen Beitrag zur Schonung von Ressourcen. Für die Süßwarenindustrie ist natürlich auch der internationale Handel von Bedeutung. Mit rund 400.000 Tonnen Kakao, dem wichtigsten Rohstoff für Schokolade, verarbeiten die deutschen Süßwarenhersteller etwa 10 Prozent der weltweiten Jahresernte. Insgesamt nutzen die europäischen Hersteller laut Caobisco rund die Hälfte des weltweit verfügbaren Kakaos.
Aktuell hat die Branche wie viele andere existenzielle Sorgen: Explodierende Kosten für Energie und Rohstoffe, aber auch unterbrochene Lieferketten und Rohstoffverfügbarkeiten bereiten vor allem kleinen und mittelständischen Familienunternehmen immense Probleme. So lagen etwa im Herbst 2022 die Kostensteigerungen bei Zucker bei 100 Prozent, Butter verteuerte sich um 57 Prozent und Weizen um 60 Prozent. „Die enorme Kostenbelastung wird für unsere Unternehmen immer mehr zu einer Standortentscheidung oder gar einer Existenzfrage. Dabei wirken sich nicht allein die in 2022 stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten aus, sondern auch standortbedingte Belastungen, die in Deutschland schon langfristig überdurchschnittlich hoch sind. Hierzu zählen etwa die Arbeitskosten, Steuern und der sich immer weiter verschärfende Arbeitskräftemangel“, erläutert Dr. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI). „Diese beträchtlichen Kostensteigerungen können unsere Hersteller nicht länger durch Einsparungen oder anteilige Weitergabe in den Verkaufspreisen kompensieren.“
Trotz der Krisen stellen Süßwaren in der Lebensmittelindustrie eines der umsatzstärksten Sortimente dar; in diesem Segment wird der vierthöchste Umsatz erwirtschaftet. So verwundert es nicht, dass der Süßwarenmarkt auch einer der stark umworbenen Märkte des deutschen Einzelhandels ist. Und die Branche steht neuen Anforderungen gegenüber. Vor allem das wachsende Gesundheits- und Umweltbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten schafft eine neue Nachfrage nach zuckerfreien Varianten und umweltfreundlicheren Verpackungen. Für die Süßwarenhersteller bedeutet das auch, dass sie ihre Verpackungsprozesse flexibler und effizienter gestalten müssen. Zunehmend setzen sie auf automatisierte Produktions- und Verpackungsprozesse und verpacken ihre süßen Naschereien immer öfter nachhaltiger. So gibt es die ersten Schokoladentafeln, die ohne eine innenliegende Aluminiumfolie nur in Karton verpackt werden – da dieser aber in direktem Lebensmittelkontakt steht, kommt er ohne eine Beschichtung nicht aus. Süßwarenhersteller Fazer nutzt jetzt etwa einen leichten und dispersionsbeschichteten Karton von Metsä Board für seine Adventskalender. Durch die Umstellung auf das neue Material reduziert sich der Kunststoffverbrauch gegenüber dem bisherigen PE-beschichteten Karton um jährlich 1.200 kg, teilte das Unternehmen mit. Der Adventskalender ist nun zudem komplett recycelbar, sein CO2-Fußabdruck wird dank der Leichtgewichtigkeit und Ressourceneffizienz des neuen Materials um ein Viertel reduziert. „Frischfaserkarton bietet die nötige Sicherheit für Adventskalender, insbesondere dort, wo Schokolade und Karton in direkten Kontakt kommen. Außerdem zeichnet sich unser dispersionsbeschichteter Karton durch sensorische Neutralität aus, das heißt der Geschmack der Schokolade bleibt lange erhalten“, sagt Olli Haaranoja, Sales Director bei Metsä Board.
Schokolade mit hoher Geschwindigkeit verpacken
Auf einen Output von 250 Tafeln Schokolade oder Schokoriegeln pro Minute kommt eine neue Einschlagmaschine, die Sacmi unter der Marke Carle & Montanari auf den Markt gebracht hat. Sie verarbeitet auch neue umweltfreundliche Verpackungsmaterialien. Die Maschine sei das Ergebnis eines neuen Maschinenkonstruktionsansatzes bei Sacmi Packaging & Chocolate, der über die traditionellen mechanischen Konzepte hinausgeht und es ermöglicht, auch empfindliche Produkte bei großen Geschwindigkeiten mit konstant hoher Qualität zu verpacken. Die Einschlagmaschine produziert Schokoladentafeln mit Innen- und Außenverpackung, wobei die innere Verpackung an drei Seiten versiegelt wird, während die äußere Verpackung aus vorgeschnittenem Karton oder Papier besteht. Sensoren an der Anlage überwachen Verbrauch, Arbeitszeiten und Effizienzindikatoren. Und bei Unregelmäßigkeiten im Verpackungsprozess sendet die Maschine automatisch Warnmeldungen und eröffnet eine Remoteverbindung zum Service.
Auch eine neu entwickelte Multi-Style-Pralinenwickelmaschine von Sacmi verarbeitet umweltfreundliche Folien. Sie verpackt in Top Twist-Konfiguration bis zu 500 Pralinen pro Minute, darunter auch empfindliche oder unregelmäßig geformte Produkte. Sie gilt zudem als die erste Wickelmaschine mit Hybridtechnologie und nutzt nicht nur mechanische, sondern auch leistungsstarke, energieeffiziente Servoantriebe. Darüber hinaus verfügt die Wickelmaschine über Echtzeit-Wartungsfunktionen. Sobald die idealen Einstellungen für jede Bewegung definiert wurden, stellt die Live-Diagnose sicher, dass Abweichungen sofort erkannt und Ausfallzeiten vermieden werden.
Süßwarenverpackungen für die Kreislaufwirtschaft
Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten zunehmend auch nachhaltige Verpackungen für Süßwaren. In einem gemeinsamen Projekt haben interpack-Aussteller Sabic, Süßwarenhersteller Mars und Recyclingdienstleister Landbell kürzlich eine Kreislaufalternative für die flexible Verpackung eines Snackriegels entwickelt. Das verwendete Monomaterial besteht aus zertifiziertem und zirkulärem Polypropylen aus dem Trucircle-Portfolio von Sabic. Der Kreislauf beginnt mit der Sammlung von gemischten Altkunststoffen, die von der Landbell Group koordiniert wird. Das gemischte Material wird dann in einem thermisch-anaeroben Prozess in Pyrolyseöl umgewandelt, das als alternativer Rohstoff für neues, für den Lebensmittelkontakt zugelassenes PP-Polymer dient. Daraus hergestellte Pellets verarbeitet Folienhersteller Taghleef Industries dann zu BOPP-Folien.
Schokolade in Europa beliebt
Laut CAOBISCO, dem Schokoladen- und Süßwarenverband in der Europäischen Union, gehört Finnland in Sachen Schokoladenverzehr zu den Top fünf in Europa. Nur in der Schweiz, in Deutschland und Estland wird mehr konsumiert, Großbritannien belegt Platz fünf.
Der nordeuropäische Süßwarenhersteller Orkla hat nun kürzlich in eine neue Verpackungsmaschine speziell für Schokoladenprodukte in verschiedenen Faltarten von Theegarten-Pactec investiert, um seine Verpackungskapazität am finnischen Produktionsstandort Vaajakoski zu erhöhen. Der Investition war eine längere Testphase vorausgegangen. „Für uns war das die perfekte Möglichkeit, unsere Verpackungsmaschine CHS zunächst unter realen Bedingungen in einer Süßwarenproduktion zu testen. Ein endloser Produktstrom, der Dauerbetrieb, unterschiedliche Verpackungsmaterialien und Produktqualitäten, Reinigungs- und Wartungsarbeiten während des Betriebes oder sogar Schwierigkeiten wie etwa ein Ausfall von Prozessanlagen – vieles lässt sich nicht vollständig simulieren. Letztendlich sind solche Tests unerlässlich, um einer Neuentwicklung den letzten Schliff zu geben und sie zur Marktreife zu bringen“, erklärt Daniel Schibur, Head of Sales bei Theegarten-Pactec. Neben den allgemeinen Funktionstests wurde vor allem die zweibahnige Zuführung der Maschine – eine Besonderheit der CHS – genau getestet. Die Herausforderung dabei: einen Teil der Produkte von einem endlosen Produktstrom des Hauptbandes in den zweibahnigen Einlauf der CHS umzuleiten und zusätzlich dafür zu sorgen, dass ein ständiger Ausgleich zwischen den beiden Bahnen stattfindet. Jede der beiden Zuführbahnen muss kontinuierlich mit 900 Produkten pro Minute versorgt werden, die dann im Verpackungsprozess zu einem einbahnigen Strom von 1.800 Produkten pro Minute zusammengefasst werden. Ein integriertes Kamerasystem und effektiv platzierte Sensoren prüfen nun konstant den ankommenden Produktstrom auf dem Hauptband. So wird garantiert, dass sich die beiden Produktströme vor der Maschine um nicht mehr als fünf Produkte unterscheiden. Die Maschine lässt sich flexibel auf neun unterschiedliche Faltarten umstellen: Doppeldrehen, Protected Twist, Top Twist, Side Twist, Stanniolieren, Bodenfaltung, Seitenfaltung, Wiener Fruchteinschlag und – ganz aktuell – Brieffaltung.
Theegarten-Pactec hat zudem kürzlich eine Beteiligung am türkischen Maschinenbauunternehmen Makrev Packaging erworben. Das Istanbuler Unternehmen stellt getaktete Schokoladen- und Geleeverpackungsmaschinen sowie komplette Automatisierungs- und Zuführsysteme her. Durch die Akquisition will Theegarten-Pactec sein Produktportfolio ergänzen und für Kunden im mittleren Leistungs- und Preissegment unterhalb der in Dresden gebauten Hochleistungsmaschinen attraktiver werden.
Inspektionssystem für Snacks und Süßwaren
Wie überall in der Lebensmittelindustrie, sind auch in Süßwaren und Snacks Fremdkörper absolut unerwünscht. Moderne Inspektionssysteme sorgen daher heute an den Verpackungsmaschinen für Sicherheit. Ein neues Röntgeninspektionssystem von Mettler-Toledo wurde beispielsweise speziell für die Fremdkörpererkennung in kleinen, einzeln verpackten Snacks und Süßwaren bei hohen Produktionsgeschwindigkeiten entwickelt. Es ermöglicht eine kosteneffiziente Inspektion unmittelbar nach dem Flow-Wrapping oder der Versiegelung von Einzelprodukten. Das kompakte Inspektionssystem verfügt über einen integrierten Ausschleusmechanismus und unterstützt den Betrieb mit Bandgeschwindigkeiten von bis zu 120 Metern pro Minute. Damit sei es erstmals möglich, die Röntgeninspektion auf die hohen Geschwindigkeiten vieler Schlauchbeutel- und Versiegelungsmaschinen abzustimmen, die in der Süßwarenbranche beim Verpacken einzelner Produkte zum Einsatz kommen, so der Hersteller. Selbst sehr kleine Fremdkörper werden mit hoher Genauigkeit erkannt. Und da anstelle von gesamten Verkaufseinheiten einzeln verpackte Riegel direkt nach dem Verlassen der Schlauchbeutelmaschine überprüft und gegebenenfalls ausgeschleust werden, lassen sich zudem Kosten einsparen.
Auf der interpack in Düsseldorf lernen Fachbesucher vom 4. bis 10. Mai 2023 die neuesten Entwicklungen und Trends der Süßwaren- und Snackbranche kennen. Vor allem in den Hallen 1, 3 und 4 geht es um innovative Prozess- und Verpackungsentwicklungen für die Süßwarenindustrie.