Verpackung
Web-to-Pack und digitale Lösungen – nur Schall und Rauch oder doch mit Tiefgang?
Dienstag 22. August 2023 - "Der beste recycelte Abfall ist der, den wir nicht produzieren." Diese Aussage, deren Aktualität heutzutage nicht mehr in Frage gestellt werden kann, gilt für alle Bereiche - vor allem aber für die Verpackungsindustrie. Als Verpackungshersteller erklären wir unseren Kunden immer wieder, dass die "am einfachsten zu recycelnden Verpackungen" diejenigen sind, die wir nicht produziert und in Umlauf gebracht haben! Man könnte sagen, wir sind geradezu schizophren. Oder besser formuliert: Es ist eine dringende und absolute Notwendigkeit, uns an Werten zu orientieren - sowohl an persönlichen als auch an solchen, die für unser Unternehmen gelten. Auch, wenn wir damit Entsetzen auslösen.
Für eine nachhaltige und ausgeglichene Zukunft müssen wir unsere Einstellungen und unsere Denkweise ändern, neue Lösungen für die Herausforderungen von morgen anbieten, tief verwurzelte Gewohnheiten aufbrechen, unser Wachstum anders angehen und erkennen, dass es nicht nur einen Weg gibt, Dinge zu tun.
Die digitalen Technologien, die sich der kommerzielle Druck und die Etikettenindustrie schon seit langem zu eigen gemacht haben, werden unweigerlich dazu beitragen, ob wir nun überzeugt sind oder nicht, neue Perspektiven im Dienste von Projekten und Bedürfnissen zu schaffen. Die Digitalisierung betrifft nicht nur den Druck selbst, wobei der Digitaldruck häufig in Opposition zu konventionellen Verfahren wie dem Offset- oder Flexodruck gesehen wird. Vielmehr betrifft sie auch die Weiterverarbeitung einschließlich der Veredelung – zum Beispiel das Lackieren und Prägefoliendruck – sowie das Schneiden, die automatisierte Steuerung der Produktionsprozesse und die verbesserte Steuerung der Druckvorstufe, die die Lücke zwischen den Kundinnen und Kunden sowie der Produktion schließt.
Um diese Technik annehmen und vielleicht sogar vorwegnehmen zu können, bedarf es vor allem der Entwicklung einer neuen Denkweise, eines ganzheitlichen Ansatzes, des Überdenkens der Beziehungen zu Kundinnen, Kunden und zum Markt – und damit einer generellen Veränderung der Kultur von Unternehmen, so dass die neuen Möglichkeiten alle Ebenen der Gesellschaft durchdringen und beeinflussen können.
In den vergangenen sieben Jahren lautete unser vorrangiges Ziel nicht, Verpackungen zu verkaufen. Vielmehr haben wir den Markt missioniert. Wir schärfen das Bewusstsein der Markenartikelhersteller und anderer Marktteilnehmer, fordern sie auf, ihre Komfortzonen zu verlassen, sich für technische Innovationen zu öffnen und zu bedenken, dass es alternative Wege gibt, die zunächst undurchdringlich erscheinen, sich aber gegenseitig ergänzen und so Ergebnisse ermöglichen, die den Erwartungen entsprechen. Seit sieben Jahren sind wir unterwegs und verbreiten eine andere, eine faszinierende Botschaft, die unter anderem lautet, nicht länger wie frühere Generationen zu agieren: Wir machen uns die Zwänge der Kartonagenhersteller zu eigen – wie Mindestmengen, Kombination mehrerer Produkte, Produktionskosten für Werkzeuge, die neue Marktteilnehmer ausschließen, usw. – und sie zu unseren eigenen zu machen. Indem wir diese überholten Konzepte anprangern, obwohl sie nach wie vor mit den Zwängen konventioneller Technik im Einklang stehen, leuchtet ein Licht auf den Weg aller Markenartikelhersteller, die sich diesen Paradigmenwechsel zu eigen machen: „Jetzt haben meine Zwänge und Wünsche Vorrang!“
Digitale Synergien
Web-to-Print, das sich permanent weiterentwickelt und so den Markt erschließt, das die Anforderungen antizipiert und ausgefeilte Kundenlösungen bietet, hat unmittelbar von den neuen Möglichkeiten profitiert, die die Digitalisierung mit sich bringt. Ohne diesen Beitrag hätte es den Markt sicherlich nicht revolutioniert. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Web-to-Print und digitale Technik sich gegenseitig befruchten, womit sie sich gegenseitig vorantreiben und Marktanteile gewinnen.
Web-to-Pack wiederum profitiert von den Möglichkeiten, die digitale Medien der Verpackungs- und der Point-of-Sales-Branche bieten. Das wiederum rechtfertigt die Entwicklung neuer Maschinen und Lösungen seitens der Herstellerindustrie. Die Kombination von Digital und Web-to-Pack trägt zweifelsfrei dazu bei, den Zugang zu einfacheren Verpackungslösungen zu demokratisieren, die bisher Spezialisten mit geringen Volumen vorbehalten waren. Sie erlaubt es jetzt allen Markenartikelherstellern oder Projektverantwortlichen, den Markt zu testen, Fehler und Rückzieher zu machen sowie größere Verpflichtungen zu umgehen.
Treiber für schnelles Wachstum des Web-to-Pack-Marktes
Alle diese Faktoren tragen zum schnellen Wachstum des Web-to-Pack-Marktanteils bei, ohne das traditionelle, persönlich geführte Geschäft zu beeinträchtigen. Aber es gibt noch weitere Faktoren, die zu einer explosionsartigen Entwicklung der Anforderungen führen, die Online-Lösungen in Kombination mit digitaler Produktionstechnik erfordern: die wachsende Zahl der neu auf den Markt gebrachten Produkte, Sonderauflagen und limitierten Auflagen sowie der unglaubliche Trend, etliche Varianten von Produkten anzubieten – um unter anderem dem bevorzugten Geschmack oder der bevorzugten Farbe gerecht zu werden. Und werden diese zahllosen Verpackungen lokal in Werken produziert, die an Web-to-Pack-Plattformen angebunden sind, schließt sich der Kreis.
Web-to-Pack-Plattformen
Wir sind Zeugen der Entwicklung von mehr oder weniger innovativen und transparenten Web-to-Pack-Angeboten, was darauf schließen lässt, dass diese als El Dorados gelten. Lassen wir uns aber nicht täuschen: Die Herstellung von Verpackungen erfordert auch mit digitaler Technik durchdachte Prozesse und technisches Know-how, das über die Zeit hinweg erworben wird – manchmal auch durch Rückschläge. Manche Plattformen fungieren lediglich als Zwischenhändler, die Produkte lokaler oder exotischer Hersteller verkaufen. Andere dagegen treffen die grundlegende Entscheidung, dass sie ihre Prozesse und Produktion – trotz der damit verbundenen Zwänge und Herausforderungen – selbst unter Kontrolle haben wollen. Sie behalten die gesamte Wertschöpfung in ihren eigenen Unternehmen.
Wie bei jeder epochalen Reise werden wir Zeugen der Entstehung, der Konsolidierung, des Verschwindens und des schnellen Wachstums von Unternehmen, bis sich die Struktur des Marktes verfestigt. In der Zwischenzeit sind dem Einfallsreichtum und der Kreativität keine Grenzen gesetzt, die aber natürlich stetig hinausgeschoben werden. Deshalb wird die drupa 2024 eine wichtige Veranstaltung sein, auf der neue Technik, Entwicklungen und vielleicht auch revolutionäre Dinge im Dienst der Märkte vorgestellt werden, die unausgesprochene Wünsche antizipieren, die den Markenartikelherstellern nicht bekannt oder nicht bewusst sind. Technische Entwicklungen gehen sowohl kontinuierlich als auch schubweise vonstatten. Die drupa 2024 wird die perfekte Gelegenheit sein, sich damit auseinanderzusetzen, wie sich konventionelle und digitale Verfahren in Kombination mit Künstlicher Intelligenz verbinden und zu unserem Vorteil genutzt werden sollten – genauso, wie innovative Lösungen, die einen kontinuierlichen Rückgang der Muskel-Skelett-Erkrankungen und Berufskrankheiten ermöglichen, von denen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sind.
Die bemerkenswerte Fähigkeit des Menschen, sich selbst zu erfinden und neu zu erfinden, lässt uns auf eine vielversprechende Zukunft hoffen – auch wenn sie sich von dem unterscheidet, was wir heute kennen. Letztlich bleibt eine Frage offen: Wünschen wir uns für morgen etwas Besseres, oder können wir selbst besser werden? Das ist echt ein Programm.