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Verpackung

Verpackungen aus Wellpappe: Risiken und Chancen – Daniel Brunton

Daniel Brunton

Montag 15. Januar 2024 - Es wäre noch untertrieben zu sagen, die Entwicklung der Verpackungsbranche der vergangenen Jahre sei mit einer Achterbahnfahrt vergleichbar! In der Wellpappenindustrie wurden in den Pandemiejahren 2020 und 2021 mehr oder weniger Rekorde gebrochen. Wie alle Branchen wurde auch dieser Industriezweig in den ersten Wochen der Pandemie im März 2020 zur Selbstreflektion gezwungen. Aber binnen weniger Monate - und als "systemkritische Lieferindustrie" erkannt - entwickelte es sich zur Aufgabe der Wellpappenbranche, den Einzelhandel bei der Umstellung auf Online-Geschäftsmodelle zu unterstützen. Der Boom im E-Commerce spiegelt das perfekt wider.

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In der Folgezeit sah sich die Branche aufgrund von Lieferengpässen bei den Maschinenherstellern zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, alle für den Bau ihrer Hightech-Maschinen erforderlichen Komponenten beschaffen zu können. Praktisch über Nacht verlängerten sich die Lieferzeiten in vielen Fällen von acht auf 18 Monate. Und das schlug sich negativ in ihren Bilanzen nieder. Einige Maschinenhersteller mussten sogar aufgeben und Insolvenz anmelden. Bei den Verpackungsherstellern wiederum verlängerten sich die Lieferzeiten für Papier oder Kartonmaterialien in einigen Fällen von fünf Tagen auf fünf Wochen! Im Jahr 2022 beruhigte sich die Lage allmählich, doch mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine gerieten die Lieferketten erneut unter Druck. In der Folge stiegen die Energiekosten rapide. Schafft die Wellpappenindustrie noch einmal eine Trendwende?

Eine Branche im Umbruch
Hersteller von Verpackungen aus Wellpappe stehen aktuell insbesondere vor folgenden Herausforderungen:

Nachhaltigkeit: Umweltaspekte und die steigende Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach nachhaltigen Verpackungslösungen stellen die Wellpappenindustrie vor große Herausforderungen. Die Branche arbeitet daran, die Verpackungsabfälle zu verringern, die Wiederverwertbarkeit von Verpackungen zu verbessern und umweltfreundliche Alternativen für andere Verpackungsmaterialien zu entwickeln.

Rohstoffkosten: Schwankende Rohstoffkosten – insbesondere bei Papier -beeinflussen die Rentabilität der Hersteller der Wellpappenverpackungen. Die Unternehmen haben immer wieder mit der Herausforderung zu kämpfen, die Auswirkungen von Preisschwankungen zu bewältigen und aufzufangen. Die jüngste Abwärtsbewegung der Preise war dramatisch. Im Juni 2023 wurde aber offensichtlich die Talsohle erreicht.

Lieferkette: Störungen in der globalen Lieferkette – unter anderem Naturkatastrophen, Handelskonflikte oder Probleme im Transport – beeinträchtigen die rechtzeitige Lieferung von Rohstoffen und Fertigprodukten. Wollen sie die Auswirkungen solcher Beeinträchtigungen minimieren, müssen die Unternehmen für ihre Lieferketten verlässliche Konzepte entwickeln.

Technologischer Fortschritt: Das Schritthalten mit dem technischen Fortschritt und die Implementierung innovativer Produktionsprozesse sind für Unternehmen der Wellpappenindustrie große Wollen sie wettbewerbsfähig bleiben und den sich permanent verändernden Anforderungen von Kundinnen und Kunden gerecht werden, müssen sie in Automatisierung, Digitalisierung und neueste Maschinentechnik investieren.

Personalisierung und Individualisierung: Kundinnen und Kunden erwarten zunehmend maßgeschneiderte Verpackungslösungen, die ihren individuellen Anforderungen entsprechen. Vor diesem Hintergrund müssen Hersteller von Wellpappenverpackungen kleinere Auflagen effizient produzieren und ihre Produkte kundenspezifisch anpassen können – sowie gleichzeitig ihre Rentabilität und ihre Produktivität erhalten.

E-Commerce: Der boomende Online-Handel hat für die Verpackungshersteller einige spannende Herausforderungen mit sich gebracht. Die Branche muss sich an die Wünsche der Online-Händler anpassen und Verpackungslösungen entwickeln, die Produkte schützen, kosteneffizient sind, sich einfach handhaben lassen und im Transport möglichst wenig Raum beanspruchen.

Einhalten gesetzlicher Vorschriften: Die sich permanent ändernden gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherheit von Produkten, zur Etikettierung, zur Abfallentsorgung und zu Umweltstandards sind weitere Herausforderungen. Es ist von entscheidender Bedeutung, Qualitäts- und Sicherheitsstandards einzuhalten und mit den gesetzlichen Änderungen Schritt zu halten.

Die Bedeutung der drupa
Wer Digitaldruckmaschinen, digitale Stanzen, Maschinen für die Herstellung kleiner Stückzahlen von Faltschachteln und weitere Lösungen sehen möchte, die dazu geeignet sein könnten, sich einen Wettbewerbsvorteil zu erschließen, sollte die drupa auf jeden Fall besuchen. Hier werden Software, Workflow-Lösungen und vieles mehr zu sehen sein und diskutiert werden. Machen wir uns nichts vor: Wer sich vom Wettbewerb abheben will, muss flexibel sein. Um es mit den Worten eines guten Branchenfreundes aus Orlando zu sagen: „Wir müssen jetzt Technologieunternehmen sein. Wir sind nicht länger nur Schachtelhersteller.“

Über die Jahre hinweg bezeichneten Journalisten die drupa unter anderem als „Fachmesse der Drucker“ oder als „Fachmesse digitaler Technologien“. Ich habe nach der drupa 2016 einen Artikel geschrieben, in dem ich sie auf den Namen „Digital Print for Corrugated“ (Digitaldruck für Wellpappe) taufte. Ich war geradezu perplex, wie viele europäische Hersteller von Verpackungen aus Wellpappe ich auf der drupa kennengelernt hatte – so sehr, dass es mich zu einem vierteljährlichen Magazin gleichen Namens inspirierte. Für sie alle war der Digitaldruck der ausschlaggebende Grund, weshalb sie die Messe besuchten. Und damals steckte er noch in den Kinderschuhen.

In den vergangenen acht Jahren hat sich der Digitaldruck gut etabliert, auch wenn die Zahlen das nicht unbedingt belegen. Interessanterweise wurde erst im vergangenen Jahr die 100ste digitale Single-Pass-Hochleistungs-Druckmaschine für Verpackungen aus Wellpappe in Europa/Nordamerika installiert. Warum braucht der Digitaldruck hier so lange, im Markt akzeptiert zu werden? Dafür gibt es viele Gründe. Unter anderem die Kosten der Tinten und die Geschwindigkeiten. Doch an allen diesen Aspekten wird aktuell gearbeitet. Könnte der hybride Flexo- und Digitaldruck eventuell die Antwort sein, nach der die Branche sucht? Die erste Lösung wird inzwischen in Form von Maschinen in Europa, Afrika und Nordamerika in der Produktion eingesetzt. Ist das die Zukunft – das Beste aus beiden Welten? Die Zeit wird es zeigen.

Zudem konnte man sich in der Branche während der Pandemie nicht treffen und Ideen austauschen. Das ist nun vorbei. Die Vielzahl der Messen und Konferenzen unterstreicht den Wunsch nach Begegnung. Die drupa ermöglicht uns wieder das persönliche Treffen und den Erfahrungsaustausch. Für die europäische Wellpappenindustrie lohnt sich der Besuch, um sich über alle Neuheiten und digitale Lösungen zu informieren.

www.drupa.de
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