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Inkjet & Digitaldruck

Bilderbuch-Übergabe in unruhigen Zeiten

Thomas Hagmaier (Mitte) hat im Dezember 2024 das Familienunternehmen an seine Söhne Max Hagmaier (links) und Rodolfo Hagmaier (rechts) übergeben.

Dienstag 11. März 2025 - Nachfolge-Generation trifft bei Hagmaier Etiketten die Investitionsentscheidung für neues Inkjet-Drucksystem von Durst

Generationswechsel innerhalb von Familienunternehmen haben eine ganz eigene Dynamik – unabhängig davon, wie glatt oder ruppig sie verlaufen. Die Gründe dafür können äußerst vielfältig sein. Wenn die Weitergabe des Staffelstabs so einvernehmlich vonstatten geht, wie im Fall der Firma Hagmaier Etiketten & Druck GmbH in Münsingen, dann ist neben einer frühzeitigen Vorbereitung und einem großen gegenseitigen Vertrauen meist auch eine gewisse Portion Glück im Spiel. Und manchmal entpuppen sich unerwartete Ereignisse erst im Rückblick als Glücksfall, wie die nachfolgende Geschichte von Thomas, Rodolfo und Max Hagmaier zeigt, die sie kurz vor Jahresende 2024 und wenige Tage vor der offiziellen Übergabe des Unternehmens an die dritte Generation in einem gemeinsamen Interview erzählen.
Zwei Generationswechsel hat die Firma Hagmaier in ihrer Geschichte erlebt. Sie weisen einige Parallelen auf. So hat in beiden Fällen jeweils der Vater an zwei Söhne übergeben. Beim ersten Mal überträgt Adolf Hagmaier 1986 die Leitung für das 40 Jahre vorher von ihm gegründete Unternehmen an Thomas und Werner Hagmaier. Ende 2024 erfolgt der zweite Wechsel. Diesmal reicht Thomas Hagmaier die Verantwortung an seine Söhne Max und Rodolfo weiter. Eine Übereinstimmung ist auch, dass der Vater die Söhne bereits mehrere Jahre vorher in die Geschäftsleitung eingebunden hat.

Herausfordernde Zeiten gemeistert
Dem aktuellen Übergang in die dritte Generation vorausgegangen sind sowohl erfolgreiche Jahre als auch große Herausforderungen. Vor allem 2012 sah sich Thomas Hagmaier mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Sein Bruder Werner hatte sich kurzfristig entschieden, aus der Geschäftsleitung und dem Unternehmen auszusteigen. Dieser Entschluss traf ihn unvorbereitet, und gleichzeitig war das wirtschaftliche Umfeld seinerzeit ungünstig. Die Situation schien im ersten Moment sowohl finanziell als auch hinsichtlich des Arbeitsaufwands nur schwer zu bewältigen. In dieser Konstellation galt es vor allem Fehlentscheidungen zu vermeiden, um die Existenz der Firma nicht zu gefährden.
In diese Phase fällt auch die Zeit, in der erst Rodolfo und danach Max beginnen, für das elterliche Unternehmen zu arbeiten. Ihr Einstieg wurde deshalb von einer gewissen Unsicherheit begleitet, da die vordringliche Aufgabe darin bestand, die Firma nach dieser besonderen Herausforderung wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken. Diese Jahre bezeichnet der Seniorchef deshalb als seine wohl schwierigste Zeit. Im Rückblick entpuppt sie sich gleichzeitig jedoch auch als Glücksfall, weil die plötzliche Konzentration auf eine Besitzerfamilie den Generationswechsel in der heutigen Konstellation erst ermöglicht hat.

Bilderbuch-Übergabe mit langer Vorlaufzeit
Während der Ausstieg seines Bruders für Thomas Hagmaier unerwartet kam, konnte er die Übergabe an seine Söhne von langer Hand vorbereiten. Mit den ersten Weichenstellungen wurde bereits vor über fünf Jahren begonnen. Je näher der entscheidende Schritt rückte, umso mehr entpuppte sich der mentale Prozess, die Verantwortung in andere Hände zu legen, dennoch als schwierige Aufgabe. Schließlich waren das Familienunternehmen und die Etikettenindustrie für Thomas Hagmaier seit fast 45 Jahren ein wesentlicher Teil seines Lebens, und er gibt zu: „Alles, was man sich auf diese Weise aufgebaut hat, an andere abzugeben, ist ein Prozess, den man nicht mit einem Fingerschnippen abhakt.“ Das ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass er nicht nur die Geschäftsleitung an seine Söhne übergibt, sondern auch seine Gesellschafteranteile. Das Gefühl, das ihn angesichts dieses konsequenten Schrittes beschleicht, vergleicht er mit einer Art unternehmerischer Nacktheit.
Bei einer Unternehmensübergabe ist es hilfreich, wenn die Zusammenarbeit auf der Führungsebene konfliktfrei funktioniert. Während des Interviews fällt mehrfach der Begriff ‚Bilderbuch-Übergabe‘. Dass alle Beteiligten schon seit mindestens zehn Jahren im Unternehmen aktiv sind, sehen beide Generationen dabei als großen Vorteil. Eine wichtige Rolle spielt sicherlich auch, dass das Trio bei gemeinsamen Entscheidungen einen Weg gefunden hat, respektvoll mit unterschiedlichen Meinungen umzugehen. Aus Sicht von Thomas Hagmaier hat sich daraus der glückliche Umstand entwickelt, dass er den Staffelstab innerhalb der Familie weiterreichen kann und die nächste Generation trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ein Unternehmen in einem gesunden Zustand, ohne Belastungen und mit einem modernen Maschinenpark übernehmen kann.

In Verantwortung hineinwachsen
Der Prozess des Generationswechsels fand nicht speziell in den Monaten vor der Übergabe statt. „Seit mein Bruder und ich in der Firma sind, waren wir immer in Investitionsentscheidungen eingebunden“, erklärt Rodolfo Hagmaier. „Wir sind in diese Aufgaben hineingewachsen. Als ich 2012 frisch im Unternehmen war, gab es beispielsweise die Diskussion über einen möglichen Wechsel vom Buch- in den Offsetdruck. Ich kannte unser Personal und ich hatte die Offsettechnik im Studium kennengelernt. Die letztendliche Lösung, das Buchdruckverfahren beizubehalten, aber eine komplette Neumaschine zu installieren, habe ich zwar nicht getroffen, aber meine Bedenken gegenüber einem Technologiewechsel wurden doch berücksichtigt.“
Am Ende des Übergabeprozesses an die nächste Generation stand ein eindrucksvolles Beispiel für ein sichtbares Zeichen des bevorstehenden Wechsels. Bei der Installation einer neuen Durst Tau 330 RSC E im Herbst 2023 hat Thomas Hagmaier die Investitionsentscheidung und die Organisation der Inbetriebnahme vollständig seinen Söhnen überlassen. Die Abwicklung erfolgte über die Chromos Deutschland GmbH. Das Augsburger Handelsunternehmen betreut Durst in Sachen Vertrieb und Service auf dem deutschen Markt. Geschäftsführer Klaus Sedlmayr konnte in dieser Funktion in den zurückliegenden Jahren viele Generationswechsel in Kundenunternehmen beobachten. „Meine bisherige Erfahrung war, dass die junge Generation zwar meist vordergründig in der Verantwortung ist. Aber im Hintergrund haben die meisten Seniorchefs fast immer ein wachsames Auge auf die jeweiligen Projekte. Oft wollen sie nur den Fortschritt kontrollieren, teilweise versuchen sie aber auch Entscheidungen zu beeinflussen. Deshalb hat mich die absolute Konsequenz beeindruckt, mit der Thomas Hagmaier seinen Söhnen bei der Auswahl eines neuen Drucksystems die Verantwortung für die Entscheidung in vollem Umfang überlassen hat.“

Zukunftsweisende Entscheidung in schwierigen Zeiten
Das Gefühl, diesmal die alleinige Verantwortung zu tragen, war für Rodolfo und Max Hagmaier ein Novum bei diesem Projekt. Zum gewohnten Vorsatz, eine möglichst gute Entscheidung im Sinne des Unternehmens zu treffen, gesellte sich plötzlich noch das Pflichtgefühl, dem entgegengebrachten Vertrauen auch gerecht zu werden. In der Folge haben sich beide viel Zeit genommen, um sich intensiv mit teilweise herausfordernden Fragen zu beschäftigen. So stand beispielsweise die Fragestellung im Raum, ob das Unternehmen in Zukunft weiterhin auf die Inkjet-Technologie setzen sollte. Eine mögliche Alternative wäre gewesen, die bestehenden Inkjet-Kapazitäten mit einem anderen digitalen Druckverfahren zu ergänzen. Ein wichtiges Kriterium war außerdem, wie sich das neue Drucksystem optimal in die bestehenden Prozesse einbinden lässt? Umfangreiche und aufwendige Drucktests lieferten am Ende die entscheidenden Antworten für die Installation der neuen Tau 330 RSC E.
Daneben brachte vor allem auch die damals schon schwierige wirtschaftliche Lage der Branche eine besondere Brisanz ins Spiel. Ist das der richtige Zeitpunkt für eine solche Investition? Mit Blick auf die Zukunft half Rodolfo und Max Hagmaier, sich in dieser Situation auf die technischen Daten und die finanziellen Konditionen zu konzentrieren. Mehr als ein Jahr nach der Installation sind sich beide einig, dass die Wahl der Inkjet-Technologie richtig war. „Zum einen passt sie ideal zu unserer Auftragsstruktur und zum zweiten konnten wir nahtlos weiter produzieren ohne Umstellungsaufwand auf eine andere Technologie“, so Rodolfo.

Neues Drucksystem bringt Qualitätsschub
„Parallel dazu hat der technische Fortschritt von der bisherigen Tau-Generation zur neuen Tau RSC einen enormen Qualitätsschub gebracht“, ergänzt Max. „Das hat dazu geführt, dass Druckjobs bei neuen Anfragen inzwischen fast ausschließlich im Digitaldruck kalkuliert werden. Zum Teil wurden auch schon bestehende Buchdruckaufträge in den Digitaldruck verschoben.“ Seit das neue Tau-System in Münsingen produziert, kann er gelassen bleiben, wenn ihm Kunden ein anspruchsvolles Muster vorlegen. Wo früher mögliche Schwierigkeiten mit Streifenbildung oder unsauberen Farbverläufen vor seinem geistigen Auge auftauchten, macht er sich diese Gedanken über die erzielbare Qualität heute nicht mehr.
Als in der Firma Hagmaier Etiketten vor etlichen Jahren die ersten Inkjet-Drucksysteme in Betrieb gingen, wurden damit überwiegend Etiketten für den Logistikbereich gefertigt. Verpackungsetiketten mit 4c-Motiven waren damit nicht in verkaufbarer Qualität herzustellen. Welche enormen Fortschritte die Inkjet-Technologie im Vergleich dazu mittlerweile erlebt hat, verdeutlicht die Aussage von Max Hagmaier: „Mit dem neuen Inkjet-System haben wir im ersten Jahr über 800.000 Laufmeter an hochwertigen Etiketten aus dem Verpackungssektor gedruckt.“ Die Aufträge liegen oft in der Größenordnung von 1000 bis 100.000 Etiketten, und der größte Teil wird mittels Laser gestanzt. „Für diesen Einsatzbereich der kleinen und mittleren Auflagen“, so Rodolfo Hagmaier, „ist die Kombination aus Digitaldruck und Laserstanze einfach besonders gut geeignet.“

Gut vorbereitet und gerüstet für die Zukunft
Weil sich das Hineinwachsen in die Firma für Max und Rodolfo Hagmaier fast wie ein organischer Prozess angefühlt hat, blicken sie zuversichtlich in die Zukunft. Seit ihrem Einstieg in das Unternehmen konnten sich Max und Rodolfo stets aktiv einbringen. Max Hagmaier fasst es so zusammen: „Man konnte einfach selber machen. Wenn man wollte, konnte man sich auch Ratschläge holen. So ist das kontinuierlich gewachsen. Ruckzuck sind zehn Jahre vorbei und jetzt sitzen wir zu dritt in diesem Interview zum Thema Firmenübergabe.“
Beide empfinden es zudem als Vorteil, das Familienunternehmen zu zweit weiterführen zu können. Sie haben immer wieder erlebt, dass unterschiedliche Sichtweisen bei Entscheidungen sehr hilfreich sein können. Schließlich zeigen andere Perspektiven oft alternative Lösungsmöglichkeiten auf, die während der intensiven Beschäftigung mit einer Problemstellung übersehen werden. Den Schlüssel, dass eine Partnerschaft oder die Leitung einer Firma mit verschiedenen Personen gelingt, sieht Thomas Hagmaier in der richtigen Kommunikation. „Die Kunst ist, auch dann gut zu kommunizieren, wenn man bei Themen einmal nicht gleicher Meinung ist.“ Weil das dem Führungstrio in den zurückliegenden Jahren gelungen ist, konnten Max und Rodolfo von ihrem Vater Thomas Hagmaier Ende Dezember 2024 ein Familienunternehmen übernehmen, das finanziell gesund dasteht und Spielraum für Investitionen hat, ohne auf Fremdkapital zurückgreifen zu müssen. Auf diesen gemeinsamen Erfolg blicken alle drei mit großem Stolz.

Prägende Persönlichkeit zieht sich aus der Etikettenbranche zurück
Nach 45 Jahren hat Thomas Hagmaier Ende Dezember 2024 die Leitung des Familienunternehmens Hagmaier Etiketten und alle Gesellschafteranteile an seine beiden Söhne Max und Rodolfo übergeben. Wer ihn kennt, weiß zum einen, dass er sich diesen Schritt reiflich überlegt hat. Leicht gefallen ist er ihm allerdings sicher nicht. Zu sehr ist er seit jungen Jahren in die Rolle des leidenschaftlichen Unternehmers hineingewachsen. Nun muss er lernen, ohne unternehmerische Aufgaben zu leben und seine neue Situation als gewonnene Freiheit zu verstehen.
An dieser Stelle sei ein kurzer Rückblick auf wichtige Stationen von Thomas Hagmaiers unternehmerischem Werdegang erlaubt. Die Eigenschaft als technikbegeisterter Tüftler hat ihm wahrscheinlich sein Vater Adolf Hagmaier in die Wiege gelegt. Bei der Gründung seines Unternehmen im Jahr 1946 startete er mit der Herstellung von Etiketten aus Karton. Gefertigt wurden sie auf selbst entwickelten Maschinen. Hauptabnehmer war die Textilindustrie, die auf der Schwäbischen Alb zur damaligen Zeit noch stark vertreten war. Als die Textilhersteller im Zuge der Globalisierung ihre Produktion fast vollständig in Billiglohnländer verlagerte, stand die Druckerei Hagmaier vor der Aufgabe einer Neuausrichtung. Die Fähigkeit, sich den jeweiligen Herausforderungen zu stellen und immer wieder neue Wege einzuschlagen, entspricht dem Naturell von Thomas Hagmaier. Diese Offenheit und Neugier gegenüber neuen Ideen, ist mittlerweile auch in die DNA des Unternehmens übergegangen.
Egal, ob es um die Herstellung von Kartonetiketten auf schmalbahnigen Maschinen von Melzer, erste zaghafte Anfänge mit Haftetiketten auf einer Kies & Gerlach oder Etiketten mit OCR-Schrift und fortlaufender Nummerierung ging, das Tüfteln an den Maschinen zur Anpassung der Technik an den Kundenbedarf war fast zwangsläufig Teil des Geschäfts. Parallel dazu hat das Unternehmen auch die technische Entwicklung des Marktes z.B. auf dem Gebiet des Stanzens vollzogen. Sämtliche Schritte vom Flach- zum Rotationsstanzen und hin zur semirotativen Stanze wurden durchlaufen. Bisheriger Höhepunkt dieses Fortschrittsprozesses ist für Thomas Hagmaier aktuell das Stanzen mittels Laser. Auch bei den Druckverfahren hat das Unternehmen analog dazu die Transformation vom Buch- über den Flexodruck bis hin zu den Digitaldrucksystemen – heute speziell im Inkjetdruck – erlebt. Oft zählte Hagmaier Etiketten auch zu den Vorreitern bei neuen Technologien. Dabei war häufig eher technische Neugier als wirtschaftliche Berechnung die Triebfeder; so auch bei der Investition in die erste Maschine, mit der in Münsingen bereits 1998 digital gedruckt und gestanzt wurde.
Gleiches gilt für die zahlreichen Aktivitäten in der Verbandsarbeit bei VskE und FINAT, die Thomas Hagmaier auch international einen hohen Bekanntheitsgrad in der Etikettenindustrie eingebracht haben. Sie sind ebenfalls nicht aus einem Kalkül heraus entstanden. Vielmehr räumt er ein, dass er eigentlich gar kein ‚Verbandsmensch‘ sei. Im Laufe der Zeit stellte er jedoch fest, wie wertvoll Kontakte in einem Verband sein können. Am Ende fand er sogar Spaß daran, im Umfeld der Etikettenbranche aktiv an den Aufgaben in den Verbänden mitwirken zu können. Dass er im Zuge dieser Tätigkeiten sogar eine Amtsperiode lang als FINAT-Präsident fungieren würde, hatte er nach eigenen Aussagen nie beabsichtigt.
Aufgaben pragmatisch anzugehen, hat Thomas Hagmaier in vielen Situationen sehr geholfen. Auch bei der Führung seines Unternehmens setzte er auf praxiserprobte Prinzipien: „Einen Betrieb mit rund 35 Mitarbeitenden kann man nicht führen wie einen Konzern. Es kommt auf das Individuum an. Die Leistung der Produktion darf nicht über dem Interesse am Menschen stehen. Mit einem menschlichen Führungsstil lässt sich mehr erreichen – beispielsweise bei der Frage nach Überstunden oder Samstagsarbeit – als durch eine stringente Organisation mit allzu detaillierten Regelungen.“
Bei der Firmenübergabe bevorzugt Thomas Hagmaier dennoch den konsequenten Schnitt. Weil er die Verantwortung endgültig in die Hände seiner Söhne gelegt hat, ist ihnen dadurch bewusst, dass sie die Führungsaufgaben ab diesem Zeitpunkt eigenständig anpacken müssen. Das werden sie in Zukunft auf ihre eigene Weise tun – in vielen Dingen sicher anders als er. Für Thomas Hagmaier ist das auch gut so.

www.chromos.de
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