Die Branche am Montag!

Zeitung & Versandraum

KBA Cortina bei De Persgroep besteht die Feuertaufe

Sonntag 20. August 2006 - Kürzlich überraschte die belgische Zeitung De Morgen ihre Leser mit dem neuen, leichter zu handhabenden Berliner Format. Die Zeitung präsentiert sich mit viel Farbe in einem saubereren Druck und erscheint selbst in der Haptik fester. Dahinter verbirgt sich die Produktionsaufnahme der wasserlosen Coldset-Rotation KBA Cortina im neuerbauten EcoPrintCenter (ECP) in Lokeren. Der niederländische Fachjournalist Jan Vroegop hat die neue Druckerei von De Persgroep besucht und mit den Verantwortlichen gesprochen.

Generaldirektor Rudy Bertels und Technischer Direktor Wim Maes empfingen uns bei Aurex. Diese Filiale von De Persgroep vereint die Aktivitäten der Zeitung Het Laatste Nieuws und der Druckerei EcoPrintCenter in dem bei Lokeren, westlich von Brüssel errichteten neuen Gebäudekomplex. Mit ihnen machen wir einen Rundgang durch den hochmodernen Druckstandort für die Zeitungsproduktion.

Auf der KBA Cortina hat soeben eine Vierfarb-Produktion mit drei Papierbahnen begonnen. Die Produkte kommen geheftet aus dem Falzwerk. Das Erste, was wir bemerken, ist, dass das Endprodukt einer Zeitschrift ähnelt, die sich leicht und bequem blättern lässt und deren Druckbild sehr sauber erscheint. Und dennoch, bei der Cortina handelt sich eindeutig um eine Zeitungsrotation, die mit Toray-Druckplatten ohne Feuchtwerke im FM-Raster druckt! Das fertige Produkt macht einen festen Eindruck zwischen den Fingern, da im Gegensatz zum klassischen Coldset- oder Heatset-Druck kein Tropfen Wasser mit dem Papier in Kontakt kommt. Wenn im Herbst 2006 noch ein Trockner über der Cortina-Sektion installiert wird, dürfte deshalb auch die Welligkeit des getrockneten Papiers eine geringere Rolle spielen als beim gewöhnlichen Heatset-Druck.

Warum die Cortina?

Rudy Bertels und Wim Maes erklären uns, weswegen De Persgroep eine wasserlose KBA Cortina gewählt hat: „Als wir die erste Phase der Bestellung bei KBA hinter uns hatten, waren wir bereits der dritte Cortina-Kunde in den Benelux-Staaten, aber die einzige produzierende Maschine war jene bei Reiff in Offenburg (siehe Kasten)“, erklärt Bertels. „In der Tat entsprachen die hohe Druckqualität der Cortina, ihre geringe Makulatur und die Schnelligkeit der Plattenwechsel genau dem, was wir uns wünschten, um einen Vorsprung in der belgischen Zeitungsindustrie zu bekommen. Für Het Laatste Nieuws mit 18 Ausgaben erschien uns damals die Cortina als das ideale Konzept. Zu jener Zeit mussten wir das Für und Wider abwägen und entweder die Chancen und Risiken akzeptieren, die mit jeder Basisinnovation nun mal verbunden sind oder mit den üblichen konventionellen Druckmaschinen weiter machen, die unser Wettbewerb ebenfalls besitzt. Wir haben uns für die erste Variante entschieden, wobei wir versucht haben, uns bestmöglichst abzusichern. Und wir sind mit den bis heute erzielten Ergebnissen recht zufrieden.“

Wim Maes: „Nach der Inbetriebnahme der ersten Maschinensektion (drei von insgesamt 12 Achtertürmen) haben wir die Gelegenheit, unsere Mitarbeiter gründlich auszubilden, dass bis Mitte 2007 die Gesamtanlage einsatzbereit ist. Auf der ersten Cortina-Sektion drucken wir bereits unsere Zeitung De Morgen an sechs Tagen in der Woche. Tagsüber werden Beilagen, Anzeigenblätter und die Stadtzeitschrift Zone gedruckt, wobei die Auslastung zunehmend gesteigert wird. Die Inbetriebnahme in Etappen gibt uns die Chance, die Qualität beim wasserlosen Druck im FM-Raster auf ein Höchstmaß zu optimieren.“ Warum aber einen Heatset-Trockner für eine der 4/4-bedruckten Papierbahnen der Cortina installieren? Es sieht danach aus, dass man die Maschine auch dann nutzen will, wenn keine Zeitungsproduktion stattfindet. De Persgroep schließt nichts aus. Die Qualität, die schon im Coldset auf der Cortina für die kostenlosen Stadtmagazine Zone erreicht wurde, belegt, dass der erste Schritt zur Optimierung der Wettbewerbsfähigkeit bereits erfolgreich war.

EcoPrintCenter in Lokeren

Das neue, bei Lokeren errichtete Druckzentrum steht für eine der größten Investitionen im belgischen Zeitungsdruck in den letzten Jahren. Wir sprechen über einen Betrag von hundert Millionen Euro, den das Unternehmen De Persgroep, Herausgeber der Zeitungen Het Laatste Nieuws (360.000 Exemplare in 18 Ausgaben) und De Morgen (70.000 Exemplare) in Belgien sowie Het Parool (86.000 Exemplare) in den Niederlanden in die Hand genommen hat. Momentan druckt die Cortina in Lokeren täglich die Zeitung De Morgen und die zweimal im Monat erscheinenden Veranstaltungs-Zeitschriften Zone.

Mit dem Bau des nagelneuen EcoPrintCenter von De Persgroep war 2004 bei Lokeren, an der E17 zwischen Gent und Antwerpen, begonnen worden. Dieser Ort wurde wegen seiner logistischen Lage und der Bedeutung für das Verbreitungsgebiet in Westflandern gewählt. Am 22. März hat die erste Cortina-Sektion mit drei Drucktürmen und zwei Falzapparaten die Produktion aufgenommen. Inzwischen nutzen also in Benelux drei Druckereien Cortina-Rotationen: RODI und Dijkman in den Niederlanden und De Persgroep in Belgien.

Punktzunahme gemäß der ISO-Normen!

Mit der Cortina hat De Persgroep das Berliner Format mit 470 mm Abschnittlänge und 1.260 mm Bahnbreite eingeführt. Ein Jahr früher hatte bereits „Le Soir“ (Rossel-Gruppe) das kompakte Berliner Format gewählt. Am Falzapparat kommen Seiten von 315 x 470 mm, die im Format 235 x 315 mm gefalzt wurden, heraus. Die Zeitung De Morgen wurde bereits vom alten „belgischen“ Format von 365 x 515 mm auf „Berliner“ Format umgestellt: Die Papiereinsparung je Seite beläuft sich auf 21,2 %!

Der wasserlose Offsetdruck ist die zweite Besonderheit. Man wusste bereits, dass auf der Cortina die Punktzunahme geringer als bei einer Coldset-Maschine mit Feuchtwerken ist. In Ländern wie den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz, Spanien oder Italien, ist die anzustrebende Druckqualität der Coldset-Rotationen in der Norm ISO 12647-3 definiert, einer Norm, die auf einer Punktzunahme von 26 % basiert. Gemäß dieser Norm ist es im übrigen notwendig, Druckvorlagen in PDF zu liefern, was die Kompensation der Punktzunahme beinhaltet. Die Cortina druckt mit einer Punktzunahme, die 15 %-Punkte niedriger ist, als in den ISO-Normen vorgesehen; also zwischen 11 und 12 %. Dies bedeutet aber, dass es für die Cortina nicht notwendig ist, kompensierte Druckvorlagen zu liefern, sondern eher das Gegenteil. Der Medibel+-Standard genügt. Vereinfacht gesagt druckt die Cortina in etwa mit einer Punktzunahme wie eine Bogenoffsetmaschine auf matt-gestrichenen, holzfreiem Papier.

Dank der geringen Punktzunahme überzeugen die Druckprodukte aus der Cortina im EPC durch ihre Klarheit und Detailwiedergabe. Der zweite Qualitätsfaktor ist die Nutzung eines frequenzmodulierten (FM) Rasters. Die Cortina erhält die perfekte Abgrenzung der Farben aufrecht. Der Verzicht auf Feuchtenwasser während des Druckprozesses verbessert die Stabilität des Papiers deutlich. Auf der zonenschraubenlosen Cortina erfolgt die Farbeinstellung über die gesamte Zylinderbreite mit Hilfe der äußerst präzisen Temperierung der Plattenzylinder und der Rasterwalzen.

Vollautomatischer Plattenwechsel

Eine dritte Besonderheit der Cortina liegt in einem vollautomatischen Plattenwechselsystem. Horizontale Kassetten sind an jedem der vier übereinander liegenden Druckwerke auf jeder Seite des Achterturms installiert, wobei ihre Öffnungen über dem Spannkanal des Plattenzylinders liegen. Beim Auftragswechsel werden die alten Druckplatten automatisch in ein leeres Fach der Kassette geschoben und die neuen Druckplatten aus dem zweiten Fach auf den Zylinder aufgespannt. In Lokeren wird auf der Cortina mit Panoramaplatten gedruckt. Da die Cortina getriebelos mit Einzelantrieben für jeden Zylinder ausgestattet ist, können einzelne oder alle Platten auf allen Zylindern gleichzeitig gewechselt werden. Innerhalb von 6 bis 7 Minuten nach dem Plattenwechsel ist die Cortina wieder druckbereit (die Gummitücher können während des Plattenwechsels gewaschen werden).

Wenn die Cortina im EPC in diesem Herbst mit einem Trockner für einer von vier Papierbahnen ausgestattet wird, können im betreffenden Achterturm bessere Papierqualitäten für 32-seitige akzidenzähnliche Produkte im leicht vergrößerten DinA4-Format verwendet werden. Auch gemischte Produktionen in Kombination mit Coldset-Bahnen sind dann möglich. Die Druckdichte auf der Heatset-Bahn wird dann 0.4D bis 0.5D höher sein als die Standarddichte im Coldset (0.9D bis 0.11D). Abschmieren wird vermieden, da die Papierbahn sofort trocken ist. Bei einem nicht zu intensiven Farbauftrag kann man eine Coldset-Bahn und eine Heatset-Bahn zusammen falzen und ein Produkt erhalten, das sich aus Coldset- und Heatset-Seiten zusammensetzt. Mit den zwei vorhandenen Falzapparaten kann aber auch ein Coldset-Produkt auf einem Falzapparat und das Heatset-Produkt auf dem anderen verarbeitet werden, was es ermöglicht, beide Hefte ohne Probleme zu klammern.

Hohe Produktvielfalt

Die beiden Falzapparate der ersten Cortina-Sektion mit drei Coldset-Drucktürmen und einem demnächst mit einem Heatset-Trockner erweiterten vierten Druckturm sind jeweils mit zwei Falztrichtern ausgestattet und können zusammen oder getrennt betrieben werden. Bei voller Papierbahnbreite können in Sammelproduktion u. a. Produkte mit 48 Vierfarb-Seiten, in Doppelproduktion 2 x 24, 1 x 32 und 1 x 16 Seiten oder bei zwei Büchern mit 24 identischen Seiten auch jeweils in 2 x 12 Seiten gefalzt und ausgelegt werden. Zudem sind die Falzapparate mit Heftapparaten ausgestattet, so dass auch geheftete Produkte möglich sind. Ebenso verfügt einer der Falzapparate über einen dritten Falz oder Magazinfalz. Das Endformat der Zeitschriften beträgt dann 15,8 x 23,5 cm. Einer der Vorteile des Berliner Formates besteht darin, dass auf drei Drucktürmen bis zu 96-seitige vierfarbige Tabloid-Produkte im leicht vergrößerten Format A4 produziert werden können.

Bemerkenswert ist auch die durchgehend automatisierte Papierlogistik KBA Patras A von der LKW-Laderampe über die Zwischenlagerung der Papierrollen, Versorgung und Entsorgung der KBA Pastomat RC-Rollenwechsler bis hin zum Container für die Restrollen. Etwas Vergleichbares findet man bisher auch in der hochautomatisierten europäischen Zeitungsindustrie nur selten.

Der Versandraum

Im angrenzenden Versandraum befindet sich eine Ferag-Versandanlage. Im Endausbau wird jeder der vier Falzapparate der Cortina über Transportketten mit Multisert-Einstecktrommeln (MSD) verbunden sein. Jeder Falzapparat kann Druckprodukte an jede der vier Versandlinien schicken. Multidisc-Abwickelstationen und/oder eine Zusammentraglinie Rollstream versorgen die Kette mit kommerziellen und/oder redaktionellen Beilagen. Ein Rollstream-System steckt Beilagen aus den JetFeedern ein, die ihrerseits manuell bestückt werden. Danach ist jede Versandlinie mit zwei Multistack-Stapelanlagen und zwei Smartstrap-Tandem-Umreifungsmaschinen ausgestattet.

Auf zwei der vier Versandlinien werden außerdem SNT-Schneidtrommelsysteme integriert, die es erlauben, Zeitungen und Akzidenzen bis zu einer Dicke von 12 mm inline zu schneiden. Im Versandraum befindet sich noch eine Sammelheftanlage (UDR), die mit einer der Schneidtrommel verbunden werden kann. Die Sammelheftanlage Unidrum wird manuell über Jetfeeder, über Patronen und/oder Multidiscs versorgt. Die Endprodukte werden danach durch Kreuzleger entnommen und bei Bedarf in Folie verpackt. Momentan werden tagsüber die Zeitschriften Nina und Zone auf der Unidrum zusammengetragen und geschnitten, dann auf Multidiscs für die Zwischenlagerung aufgewickelt. Während der Nachtproduktion werden die benötigten Zeitschriften abgewickelt und eingesteckt.

Geschichte der KBA Cortina
1999 – Oktober: Präsentation des Konzepts der wasserlosen Coldset-Rotation KBA Cortina zur IfraExpo in Amsterdam
2000 – Mai: Auf der drupa wird eine einfachbreite Doppelumfang-Cortina in kurzen Druckvorführungen gezeigt.
2001 – Ende des Jahres wird eine gegenüber der drupa-Maschine verbesserte Version in Würzburg vorgestellt.
2002 – Eine erste Pilot-Cortina im Berliner Format sollte bei Dierichs in Kassel drucken; durch die Übernahme dieses Zeitungshauses kann die Installation nicht realisiert werden.
2003 – April: Der Prototyp einer doppeltbreiten Doppelumfang-Cortina wird bei Reiff Zeitungsdruck in Offenburg im Rahmen einer Open House Veranstaltung vorgestellt. Dank guter Ergebnisse erfolgt im Sommer 2003 die Verkaufsfreigabe der Cortina. Der Prototyp produziert heute bei Heinrich Rüttgerodt im niedersächsischen Einbeck.
2003 – Oktober: RODI Rotatiedruk in Langedijk, Niederlande, bestellt eine Cortina im Format 2 x 57,8 x 168 cm mit drei Bahnen 4/4 und zwei Falzapparaten. Inbetriebnahme im Frühjahr 2005.
2004 – Januar: Freiburger Druck (Badische Zeitung) bestellt eine Cortina im Format 2 x 47 x 126 cm für sechs Bahnen 4/4 und zwei Falzapparate. Inbetriebnahme im Februar 2006.
2004 – Februar: De Persgroep in Asse bestellt die erste Cortina-Sektion: drei Bahnen 4/4 mit zwei Falzapparaten. Ursprüngliches Format 2 x 52 x 146 cm, das später an das Format 2 x 47 x 128 cm angepasst wird. Inbetriebnahme im März 2006. Im Oktober 2004 bestellte De Persgroep eine zweite Sektion mit dreimal drei Bahnen 4/4 sowie zwei weiteren Falzapparaten und einem Heißlufttrockner. Inbetriebnahme Mitte 2007.
2004 – Während der IfraExpo im Oktober in Amsterdam, bestellt auch Dijkman aus Diemen in den Niederlanden eine doppeltbreite Doppelumfangmaschine Cortina im Format 2 x 57,8 x 168 cm für zwei Papierbahnen 4/4. Die Rotation nahm Anfang 2006 die Produktion auf und wurde ebenfalls für eine eventuelle Ausstattung mit einem Heißlufttrockner konstruiert.
2004 – Oktober: Nussbaum Medien in Weil am Rhein bestellt eine Cortina im Format 2 x 47 x 128 cm für eine Papierbahn 4/4 und einen Falzapparat. Inbetriebnahme Anfang 2006.
2005 – Februar: Edipress in Lausanne bestellt eine Cortina im Format 2 x 47 x 128 cm für vier Bahnen 4/4 und einen Falzapparat. Inbetriebnahme Mitte 2006.
2005 – Auf der IfraExpo im Oktober präsentiert KBA die integrierte Lagertechnik NipTronic für alle Cortina-Anlagen. Als erste wird die Cortina bei De Persgroep damit ausgestattet und alle folgenden Cortinas.
2006 – April: Die Rheinpfalz in Ludwigshafen bestellt eine Cortina 2 x 52 x 146 cm für sechs Papierbahnen 4/4 und drei Falzapparate. Inbetriebnahme Mitte 2007.

www.kba.com
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