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Veredelung & Siebdruck

Französische Siebdrucker zu Gast bei Thieme

30 französische Siebdruck-Experten informierten sich beim „THIEME Open House” über den aktuellen Stand der Siebdrucktechnologie. Hier erklärt Thieme-Vertriebsmitarbeiter Denis Beylet die Bearbeitung der Drucktische.

Mittwoch 01. April 2009 - Es hat schon Tradition: Jedes Jahr veranstaltet die THIEME GmbH & Co. KG, führender Hersteller von Siebdruckmaschinen, ein „Open House“ für Siebdrucker aus europäischen Nachbarländern. Im Februar 2009 waren 30 französische Siebdruck-Fachleute zu Besuch im badischen Teningen, um Erfahrungen auszutauschen und Druckmaschinen von THIEME im Einsatz zu erleben.

Vertreterinnen und Vertreter großer, mittlerer und kleiner Betriebe aus ganz Frankreich waren auf Anregung des französischen Siebdruckerverbands GPSF (Groupement Professionel de la Sérigraphie Française) nach Teningen gekommen, um einen informativen Tag im Thieme-Technikum zu verbringen. Hier konnten sie mehrere Thieme-Maschinen sowie Zusatz­ausrüstungen in Augenschein nehmen. Diverse Vorträge zu aktuellen Entwicklungen des Siebdruckmarkts und neuen Technologien rundeten das Programm ab.

Umbruch im grafischen Siebdruckmarkt
In den wesentlichen Trends unterscheidet sich der französische Markt nicht von dem anderer Länder: „Es gibt einen starken Auftragsrückgang im grafischen Bereich, während der industrielle Siebdruckmarkt weiter wächst“, beschreibt GPSF-Präsident Denis Constantin die Entwicklung der letzten Jahre. „Bei großen Stückzahlen und Formaten dominiert heute der Offsetdruck, während sich bei niedrigen Stückzahlen der Digitaldruck zunehmend durchsetzt.“

Eine Besonderheit in Frankreich im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern ist laut Constantin die vielfach veraltete technische Ausstattung der zahlreichen Kleinbetriebe, während die – vergleichsweise wenigen – Großdruckereien sehr modern ausgerüstet sind. „Der grafische Siebdruck in Frankreich ist nach wie vor eine handwerklich geprägte Welt“, berichtet Constantin. „Die meisten Unternehmen sind Familienbetriebe mit weniger als fünf Beschäftigten; Druckereien mit mehr als 100 Mitarbeitern gibt es im ganzen Land nicht mal zehn.“ Viele der kleinen Siebdruckbetriebe seien heute in einer schwierigen Lage: Sie hätten über lange Jahre anstehende Investitionen in neue Maschinen, aber auch in den Prepress-Bereich – Stichwort CTS – vernachlässigt und sich damit in eine Sackgasse manövriert. „Mit ihrer veralteten Ausstattung und Arbeitsweise können sie die heutigen Qualitätsansprüche nicht mehr erfüllen.“

„Wenn Sie Drucker sind, und nur Drucker, dann sind Sie tot“, bringt Michel Caza vom internationalen Sieb- und Digitaldruck-Dachverband FESPA die Lage der Kleinbetriebe auf den Punkt. Man müsse den Kunden heute einen Mehrwert in Form einer Komplettleistung anbieten können. Denis Beylet, Vertriebsmitarbeiter in der Thieme-Niederlassung in Straßburg, erklärt dies an einem einfachen Beispiel: „Wenn Sie eine Werbefahne für eine Tankstelle drucken, verdienen Sie nichts. Aber wenn Sie auch den Mast besorgen und das Ganze noch montieren und aufhängen, dann rentiert es sich.“ Nach dieser Strategie könnten einige der – nach Cazas Angabe noch rund 2.000 – kleinen Siebdruckbetriebe Frankreichs, die vor allem von lokalen Aufträgen leben, ihr Überleben sichern.

In seiner Funktion als FESPA-Direktor liegen Michel Caza die Sorgen und Nöte der „Kleinen“ besonders am Herzen. „Man muss nicht nur saubere Sachen produzieren, sondern die Sachen auch sauber produzieren“, umschreibt er die zunehmenden Anforderungen an eine umweltgerechte Produktion und die Einhaltung der – nicht nur von Druckern gefürchteten – europäischen Chemikalienrichtlinie REACH. Auch ein europaweites Verbot der in kleinen Druckereien noch häufig verwendeten lösemittelhaltigen Farben sei absehbar. „Zu Lösemitteln gibt es 48 EU-Verordnungen, und die REACH-Richtlinie hat allein 1.700 Seiten“, beschreibt Caza die für den „kleinen Drucker“ kaum zu bewältigenden Auflagen. Deshalb berät und unterstützt die FESPA Kleinbetriebe, wie sie mit den neuen Regelungen zurechtkommen und für sie erschwingliche technische Lösungen realisieren können.

„Technologie der Differenzierung“
Wie man im grafischen Markt erfolgreich agiert, zeigt Denis Constantin in seinem eigenen Druckunternehmen, das mit 130 Mitarbeitern und drei Niederlassungen zu den wenigen Großdruckereien in Frankreich gehört. Die Constantin S.A. verfügt über Offset- und Digitalmaschinen und darüber hinaus über die einzige Siebdruck-Sechsfarbenlinie in Frankreich, eine THIEME 5060 XL. Mit dieser Ausrüstung kann Constantin seinen Kunden einen Komplettservice für den Point-of-Sale, vom Design der Verpackungen bis zur Konfektionierung inklusive Falzen, Rillen, Stanzen und Montage, bieten. „Der Kunde will sich nicht mit Drucktechniken auseinandersetzen, sondern er will ein bestimmtes Ergebnis“, weiß der Präsident der französischen Siebdrucker.

Die spezifische Stärke des Siebdruckverfahrens sieht er in der Kombination mit anderen Drucktechnologien: „Die Veredelung macht den Mehrwert aus. Es gibt nicht ein einziges Produkt bei uns, das nur mit einer Technologie hergestellt würde.“ Mit seiner Thieme-Sechsfarbenlinie gibt er den Verpackungen bekannter französischer Kosmetikhersteller mittels Spezialfarben und -effekten den letzten Schliff. „Der Siebdruck entwickelt sich vom Produktionsverfahren zu einer Technologie der Differenzierung. Hierfür ist er hervorragend geeignet.“ Einer seiner Kunden lasse zum Beispiel die Farbe Rot auf seinen Verpackungen grundsätzlich im Siebdruck herstellen, da diese im Offsetdruck zu blass herauskomme. Häufig würden auch nur bestimmte Bereiche eines Bildes, bei denen es auf Farbbrillianz besonders ankommt, im Siebdruck hergestellt.

„M-Press ist die ideale Maschine“
In der Verbindung von Siebdruck- und Digitaltechnologie sieht Denis Constantin ein großes Potenzial. Für zukunftsweisend hält er deshalb das Konzept des von Thieme gemeinsam mit Agfa entwickelten Drucksystems M-Press, das beide Verfahren in einer Anlage kombiniert. „Das ist die ideale Maschine.“ Drei Jahre nach der Markteinführung sei die Technologie ausgereift, die Investition lohne sich allerdings nur für Betriebe, die eine solche Maschine auch auslasten könnten. „Die Maschine kostet viel in der Anschaffung, aber nicht, wenn man alle Betriebskosten miteinbezieht.“ Tatsächlich vereinfacht sich der Druckbetrieb mit der M-Press erheblich: Die Druckdaten werden direkt an die Maschine übergeben, die Herstellung von Druckplatten oder -sieben wie im Offsetdruck bzw. klassischen Siebdruck einschließlich des hierfür vorzuhaltenden Platzes erübrigt sich. Die Entsorgung von umweltschädlichen Chemikalien, wie sie für die Siebherstellung und -reinigung benötigt werden, entfällt ebenfalls. All dies macht sich im täglichen Betrieb bezahlt, sodass sich die höhere Anfangsinvestition schnell amortisiert.

Dieselbe Aussage gilt nach Einschätzung von Denis Constantin und vieler seiner Kollegen auch für andere Thieme-Produkte: „Thieme hat die besten Maschinen auf dem Markt, aber es sind nicht die billigsten.“ Das Problem dabei sei, dass viele Siebdrucker ausschließlich auf den Preis schauten, aber nicht auf den Nutzen, zum Beispiel auf eingesparte Rüstzeiten. „Betrachtet man die Gesamtkosten, sieht die Rechnung ganz anders aus“, ergänzt Thieme-Vertriebsmann Denis Beylet.

Erfolgreich überleben in der Nische
Bei Eric Seydoux stehen solche Rentabilitätsüberlegungen eher im Hintergrund: Mit seinem seit 1974 bestehenden Einmann-Siebdruckbetrieb im Zentrum von Paris beweist er, dass man entgegen allen Trends auch als Kleinunternehmer Erfolg haben kann. Eric Seydoux arbeitet im Auftrag von Künstlern, und eigentlich ist er auch selbst einer: Im Jahr 2008 erhielt er den Titel eines „Maître d’art“ („Kunstmeister“), der vom französischen Ministerium für Kultur und Kommunikation für herausragende (kunst-) handwerkliche Leistungen verliehen wird.

Eric Seydoux hat sich auf die Herstellung von Kunstdrucken spezialisiert, die er mit seinen Auftraggebern gemeinsam entwickelt und realisiert. Hierfür verwendet er Siebe mit Sonderraster, um optimale Halbtondarstellungen zu erzielen. Auf seiner Einfarben-Siebdruckmaschine älteren Datums druckt er somit praktisch in acht Farben – ein sehr zeitaufwändiges Verfahren, aber im künstlerischen Bereich kommt es eben vor allem auf das Ergebnis an. Denis Beylet zollt ihm hohen Respekt: „Es gibt nicht mehr viele Leute, die das können.“ Sorgen wegen der fortschreitenden Digitalisierung im grafischen Siebdruck macht sich Eric Seydoux nicht: „Manche meiner Kollegen arbeiten inzwischen mit Digitaltechnik. Aber im Siebdruck kann man viele Spezialeffekte erzielen, die digital nicht möglich wären, beispielsweise Metallisierungen. Solche Besonderheiten sind sehr wichtig für Künstler, weil diese ständig auf der Suche nach etwas Neuem sind, das noch niemand vor ihnen gemacht hat.“

Auch bei den Materialien ist Eric Seydoux sehr vielseitig: Neben Papier und Karton druckt er auch auf Leinwand, Glas, Kunststoff oder Metall. Und er weiß das Siebdruckverfahren auf kreative Weise zu nutzen: Kürzlich realisierte er Drucke für eine Ausstellung, bei denen er Spitzenstoffe als Maske für die Siebbelichtung verwendete. Den Verheißungen der modernen (Siebdruck-) Technik begegnet er trotz seiner handwerklichen Arbeitsweise keineswegs mit Desinteresse, sonst wäre er nicht zum Open House nach Teningen gekommen: „Thieme hat unter Fachleuten ein sehr hohes Ansehen“, betont er. „Und meine Maschine kommt auch langsam in die Jahre.“ Deshalb liebäugelt Eric Seydoux mit der Anschaffung einer halbautomatischem THIEME 500. „Aber das ist im Moment noch eine Frage des Geldes …“

Industrieller Siebdruck: Keine Sorgen vor der Zukunft
Keine Geld- und Zukunftssorgen haben Betriebe, die im industriellen Bereich arbeiten – im Gegenteil: Klassische Siebdruckanwendungen wie der Glasdruck müssen keine Konkurrenz durch andere Druckverfahren befürchten, und neue, innovative Anwendungen wie etwa die Herstellung von flexiblen Solarzellen oder RFID-Chips kommen laufend hinzu. Im industriellen Bereich liegt eindeutig die Zukunft des Siebdrucks, dies gilt für Frankreich ebenso wie für andere Länder.

Eine französische Besonderheit ist hingegen die weitgehende Integration des Siebdruckverfahrens in industrielle Produktionsprozesse: Während etwa in Deutschland zahlreiche Druckbetriebe im industriellen Bereich tätig sind, kennt man dies in Frankreich kaum. „Der Siebdruck ist hier nur ein Produktionsschritt von vielen“, erklärt Denis Beylet. So werde zum Beispiel im Glasbereich in einer Linie geschnitten, geschliffen, gespült und gedruckt. „Siebdrucker in Frankreich erkennen industrielle Anwendungen wie Solar oder RFID nicht unbedingt als ihr Metier“, ergänzt FESPA-Direktor Michel Caza, ein Outsourcing von Siebdruckanwendungen an Druckbetriebe sei daher nur vereinzelt zu beobachten. Anders als in Deutschland würden zum Beispiel Fliesen nicht von einem selbstständigen Drucker bedruckt, sondern direkt vom Fliesenhersteller.

Ein typisches Beispiel für diese integrierte Produktionsweise ist die Firma EuroKera, die beim Open House durch Pierre Laprun und Cécile Butet vertreten war. Das Unternehmen, ein Joint-Venture der „Glaskonzerne“ Saint-Gobain und Corning, besitzt vier Glasdrucklinien von Thieme, auf denen Glasscheiben für Öfen und Ceranfelder bedruckt werden. Mit 350 Mitarbeitern gehört EuroKera zu den „Großen“ in Frankreich und nimmt in seinem Markt eine dominante Position ein. „Es läuft gut“, kommentiert Pierre Laprun kurz und bündig, auf der Suche nach neuen Märkten und Technologien sei man daher zurzeit nicht. Trotzdem sind die beiden gern nach Teningen gekommen: „Man hat selten Gelegenheit, so viele Thieme-Maschinen auf einmal zu sehen“, sagt Cécile Butet. „Außerdem freuen wir uns, die Kollegen vom GPSF zu treffen und uns mit anderen im industriellen Bereich Tätigen auszutauschen.“ Ausdrücklich gelobt wurde die gute Organisation der Veranstaltung.

„Mit Siebdruck kann man alles machen“
Auch Siebdruckerpräsident Denis Constantin hält die vielen Kontakte und Eindrücke, welche die Teilnehmer an Tagen wie diesen sammeln können, für sehr wichtig. Im Austausch mit anderen stelle man immer wieder fest, wie ungeheuer breit das Spektrum des Siebdrucks sei – vom Kunsthandwerk, wie es Eric Seydoux repräsentiert, über den großformatigen grafischen Druck bis hin zur Vielfalt industrieller Spezialanwendungen. „Man hat den Eindruck, mit Siebdruck kann man einfach alles machen. Und dabei sind wir noch lange nicht am Ende, laufend gibt es neue Anwendungen.“ Deshalb nehme jeder etwas von diesem Tag mit nach Hause – eine Begegnung, eine Idee, neue Eindrücke, die zum Nachdenken anregten und vielleicht dazu, etwas Neues auszuprobieren. „Man geht mit größerem Optimismus wieder nach Hause.“

www.thieme.eu
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