Offsetdruck
150 Jahre Werk Frankenthal der KBA
Freitag 19. August 2011 - Am 18. August 2011 feierte das Werk Frankenthal der KBA mit Stammsitz in Würzburg das 150-jährige Bestehen. Auch nach dem Erwerb der restlichen Kapitalanteile durch KBA im Jahre 1990 firmierte der Druckmaschinenbauer noch bis 1995 als Albert-Frankenthal AG. Noch heute sprechen die Menschen rund um Frankenthal und die Tiefdrucker oft von "Albert", wenn sie das Druckmaschinenwerk inmitten der Stadt meinen.
Firmengründer Andreas Albert erwarb im Kloster Oberzell vor den Toren Würzburgs bei der weltweit ältesten Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer von Friedrich Koenig und Andreas Bauer, den Erfindern der dampfgetriebenen Zylinderdruckmaschine, sein frühes Wissen über Druckmaschinen. Nach seiner Würzburger Zeit war Andreas Albert als Montageleiter bei der von einem Neffen Friedrich Koenigs gegründeten Reichenbachschen Maschinenfabrik in Augsburg (heute: manroland) tätig. 1861 wagte er zusammen mit Andreas Hamm mit der Maschinenfabrik Albert & Hamm im damals noch kurpfälzischen Frankenthal den Weg in die unternehmerische Selbstständigkeit. 1896 entstand aus dem Hammschen Unternehmen in Frankenthal heraus eine Schnellpressenfabrik in Heidelberg (heute: Heidelberger Druckmaschinen). Die Wurzeln aller deutschen Druckmaschinenbauer liegen also im Kloster Oberzell bei Würzburg (siehe Stammbaum anbei).
Schon im Gründungsjahr lieferte das Frankenthaler Werk die erste Schnellpresse aus, 1868 bereits die hundertste Maschine. Die 15 Beschäftigten und vier Lehrlinge fertigten diese in Handarbeit. Die Ausbildung des Nachwuchses lag Andreas Albert besonders am Herzen. Auf seine Initiative hin wurde 1867 eine Fortbildungsschule des Frankenthaler Gewerbevereins eingerichtet. Daraus ging um die Jahrhundertwende die Frankenthaler Meisterschule hervor.
Nach Ablauf des mit Andreas Hamm geschlossenen Zehnjahresvertrags ging Andreas Albert 1873 mit dem Kaufmann Wilhelm Molitor eine neue Partnerschaft ein. Die von beiden gegründete Schnellpressenfabrik Albert & Cie. OHG bezog neue Werkstätten. Als Andreas Albert 1882 verstarb, führten die Söhne des Firmengründers, Aloys und Hubert Albert, das Unternehmen weiter. Tiegelpressen, Steindruckpressen, Buchdruck-, Lichtdruck-, Blechdruck- und Illustrations-Schnellpressen wie die bekannte „Albertina“ bestimmten das Produktionsprogramm. Immer mehr Maschinen gingen ins Ausland. 1889 bauten die Frankenthaler die erste Rollenrotation. Zehn Jahre später lieferten sie ihre 5.000. Druckmaschine aus und gehörten bald zu den führenden Druckmaschinenherstellern Europas. 1.200 Mitarbeiter wurden beschäftigt. Eine wichtige Vorläuferin späterer Offsetmaschinen war 1906 die Metalldruckmaschine „Bavaria“. Die 1913 nach Berlin gelieferte erste variable Rollentiefdruckrotation begründete den späteren Aufstieg zum Weltmarktführer im Publikations-Tiefdruck.
1914 stellten die Frankenthaler ihre ersten Bogenoffsetmaschinen und 1922 die erste Rollenoffsetmaschine vor. Buchdruck-Schnellpressen, Bogentiefdruckmaschinen und die stark gefragten Albert-Automaten ergänzten das breite Programm. Mitte der 1920er-Jahre war der „Rote Teufel“ aus Frankenthal die schnellste Zeitungsrotation auf dem Markt. Die anschließende Weltwirtschaftskrise traf das Unternehmen hart.1934 wurde das Werk stillgelegt, aber schon 1935 nahm man die Geschäfte wieder auf.
Der Änderung der Rechtsform in Schnellpressenfabrik Frankenthal Albert & Cie. AG im Jahre 1940 folgte die Kriegszerstörung der Fabrik. Zug um Zug baute die Belegschaft nach Kriegsende die Produktion und Absatzwege wieder auf. Großserien an Buchdruck-Schnellpressen und Bogentiefdruckmaschinen sowie Zeitungsrotationen dominierten das Geschäft in den 1950er- und 1960er-Jahren. Untrennbar mit der Frankenthaler Erfolgsgeschichte im Tiefdruck verbunden sind die damalige „Albertina“ und die „Super-Albertina“.
1961, zum 100-jährigen Albert-Jubiläum, beschäftigte das Unternehmen über 2.000 Mitarbeiter. In der westpfälzischen Kleinstadt Kusel wurde ein Zweigwerk in Betrieb genommen. Immer größere Bedeutung gewann der Rollentiefdruck für das Frankenthaler Werk. Bereits 1965 hatte Albert die ersten 2,60 Meter breiten Tiefdruckrotationen ausgeliefert. Mit immer schnelleren, breiteren und flexibleren Maschinen setzten die Frankenthaler die technischen Akzente in diesem qualitativ hochwertigen Druckverfahren.
1971 änderte das Unternehmen seinen Namen in Albert-Frankenthal AG. Im Berliner Bezirk Spandau entstand Ende 1970 die Tochtergesellschaft Graphischer Maschinenbau GmbH (GMB). In Kooperation mit dem Konkurrenten Miller Johannisberg produzierte man Siebdruckmaschinen und Trockner. 1982 bezogen die 110 Mitarbeiter der GMB größere Fertigungsstätten. Nach Aufgabe der Siebdruckmaschinen schloss der neue Partner Koenig & Bauer aus Würzburg 1983 die Lücke mit automatischen Papierrollenwechslern. Hinzu kamen Komponenten für Frankenthaler und Würzburger Rotationsmaschinen und Tiefdruck-Andruckmaschinen. Mit der international erfolgreichen einfachbreiten Zeitungsoffsetrotation A 200, der doppeltbreiten Anlage A 500, der 8-Seiten-Akzidenzrolle A 101 und späteren Weiterentwicklungen dieser Baureihen setzten die Frankenthaler bedeutende technische Meilensteine.
Im Dezember 1978 schloss Koenig & Bauer mit den Frankenthalern ein Kooperationsabkommen und erwarb vom jahrzehntelangen Alleinaktionär Land Rheinland-Pfalz eine 49,9 Prozent-Beteiligung. Die Beteiligung war eine Konsequenz der Konzentrationstendenz am internationalen Druckmaschinenmarkt und für Koenig & Bauer ein wichtiger Schritt zum heute weltweit zweitgrößten Druckmaschinenkonzern. Zusammen konnte man dem Weltmarkt ein vollständiges Programm anbieten und hatte zudem beachtliche Kapazitäten für Großaufträge. 1988 erhöhte die Koenig & Bauer AG ihre Beteiligung auf 74,99 Prozent und legte im gleichen Jahr die erste Konzernbilanz vor. Der Konzernumsatz erreichte 810,4 Millionen DM bei insgesamt gut 4.000 Mitarbeitern. 1990 erwarben die Franken das restliche Aktienpaket und die Albert-Frankenthal AG wurde eine hundertprozentige Tochter der Koenig & Bauer AG.
Mit der Auslieferung der ersten 3,08 Meter breiten Illustrations-Tiefdruckrotationen an bauer druck in Köln stieß Albert-Frankenthal 1985 in neue Leistungsdimensionen vor. Viele Aufträge folgten. 1986 feierte die Albert-Frankenthal AG ihr 125-jähriges Firmenjubiläum. 1.996 Mitarbeiter waren damals im Pfälzer Werk tätig.1992 wurden die ersten Tiefdruckanlagen mit einer Papierbreite von 3,18 Metern ausgeliefert. Der Trend zu immer größeren Bahnbreiten setzte sich fort.
Zur internationalen Fachmesse drupa 1990 in Düsseldorf traten die beiden traditionsreichen Druckmaschinenbauer erstmals als Unternehmensgruppe Koenig & Bauer-Albert unter dem neu gestalteten KBA-Logo auf. Das A für Albert wurde in den linken Kreis des Koenig & Bauer-Logos integriert und die Zuständigkeiten neu geregelt: Koenig & Bauer übernahm die Alleinverantwortung für doppeltbreite Zeitungsmaschinen und behielt die Zuständigkeit für Banknoten-, Wertpapier-, Telefonbuch-, Bogenoffset-, Bogentiefdruck- und Sondermaschinen. Im Gegenzug übergab Koenig & Bauer die komplette Verantwortung für das Marktsegment Akzidenz-Rollenoffset an die Frankenthaler. Als Weltmarktführer behielten diese natürlich auch den Rollentiefdruck.
In den 1980er- und 1990er-Jahren fertigte Albert zahlreiche Rotationsmaschinen im Auftrag der Würzburger. In den Pfälzer und Berliner Werken wurden Millionenbeträge in die Modernisierung und Erweiterung der Sachanlagen, in neue Gebäude und die Infrastruktur investiert. 1991 trug der Albert-Teilkonzern mit damals zusammen etwa 2.100 Mitarbeitern wesentlich dazu bei, dass der KBA-Konzernumsatz mit 1,13 Milliarden DM erstmals die Milliarden-Grenze überschritt.
1995 übergab der langjährige KBA-Vorstandsvorsitzende und unermüdliche Architekt der KBA-Gruppe, Dr. Hans-Bernhard Bolza-Schünemann, sein Amt altersbedingt an seinen Nachfolger Reinhart Siewert. Im gleichen Jahr fusionierten Koenig & Bauer und Albert-Frankenthal zur erweiterten Muttergesellschaft Koenig & Bauer-Albert AG (das Kürzel KBA blieb). Schon vier Jahre zuvor hatte die Koenig & Bauer AG nach der deutschen Wiedervereinigung die Mehrheit an den Planeta-Druck-maschinenwerken in Radebeul bei Dresden erworben. Als KBA-Planeta AG erhielt die sächsische Tochtergesellschaft die Komplettverantwortung für das große Marktsegment Bogenoffsetmaschinen. Dort ist KBA heute weltweit die Nummer 2 hinter Heidelberger Druckmaschinen. 1998 wurde die KBA-Planeta AG mit der Mutter Koenig & Bauer AG verschmolzen. Die so nochmals deutlich gewachsene Muttergesellschaft änderte ihren Namen in Koenig & Bauer Aktiengesellschaft. Der Kurzname KBA blieb, aber das „A“ verschwand aus dem Kreis im KBA-Logo, denn es stand fortan für Aktiengesellschaft und nicht mehr für Albert. Der KBA-Konzern erreichte mit 6.376 Mitarbeitern einen Umsatz von 1.607 Mio. DM.
KBA Frankenthal baute seine Führung im Publikations-Rollentiefdruck weiter aus. 1996 erhielt Broschek Druck in Hamburg die weltweit erste 3,60 m breite Publikations-Tiefdruckrotation TR 10B. 2004 wurde an das Druckhaus maul-belser in Nürnberg die erste TR 12B-Tiefdruckrotation für 4,32 m Papierbahnbreite geliefert. In Spitzenjahren installierte KBA Frankenthal bis zu zehn Tiefdruck-Giganten innerhalb von zwölf Monaten. Der größte Tiefdruck-Einzelauftrag kam 2005. Für das neue Druckzentrum im englischen Liverpool bestellte die Prinovis Ltd. & Co. KG drei Maschinen mit 4,32 m Arbeitsbreite. Im gleichen Jahr verkaufte Frankenthal die erste Dekor-Tiefdruckrotation.
Auch im Rollenoffsetdruck und Falzapparatebau setzte KBA Frankenthal technologische Meilensteine. 1997 wurde in der Pfalz die neue Compacta 215 als weltweit erste 16-Seiten-Akzidenzrotation mit wellenloser Antriebstechnik vorgestellt und anschließend fast 200 Mal in alle Welt verkauft. Erst kürzlich wurde sie von der neuen KBA C16 abgelöst. Die zur drupa 2000 neu präsentierte 64-Seiten-Rolle Compacta 818 und die bis zu 70.000 Zylinderumdrehungen/Stunde schnelle Compacta 217 zur drupa 2004 sind jüngere Beispiele für die Innovationskraft der Pfälzer. Für Akzidenz- und Zeitungsrotationen entwickelt und produziert KBA Frankenthal bis heute die Falzwerke.
Im drupa-Jahr 2000 boomte der Druckmaschinenbau. Erstmals überschritt der Umsatz der KBA-Gruppe mit 1.087,4 Mio. Euro die Milliarden-Euro-Grenze. 6.584 Mitarbeiter waren damals im Konzern tätig, davon 1.562 in Frankenthal, Kusel und Berlin. Doch das Platzen der Internet-Blase und der Terroranschlag auf das World Trade Center führten 2001 die Weltwirtschaft und den Druckmaschinenbau direkt vom Boom in die Rezession. Nach zehn Jahren mit einer sehr positiven Umsatz- und Ergebnisentwicklung verzeichnete der KBA-Konzern 2003 erstmals wieder einen Verlust. Ende 2003 wurde das Zweigwerk Kusel und Ende 2004 das Werk in Berlin geschlossen. In den Werken Würzburg und Frankenthal musste die Mitarbeiterzahl von 2003 bis 2005 ebenfalls reduziert werden. Ab 2004 wuchs die KBA-Gruppe durch den expandierenden Bogenbereich, das besser laufende Geschäft mit Rollenrotationen und die Akquisition kleinerer Gesellschaften wieder. Mit jeweils gut 1,7 Mrd. Euro Umsatz, mehr als 8.000 Beschäftigten und ordentlichen Erträgen erreichte der Konzern 2006 und 2007 die bisherigen Spitzenwerte.
Der anhaltende Trend zu kleineren Auflagen und der durch das Internet ausgelöste Medienwandel zu Lasten voluminöser Zeitschriften und Kataloge führten zu Überkapazitäten, Preisverfall und zu einer stark schrumpfenden Nachfrage bei Tiefdruckrotationen. Immer breitere, schnellere und zunehmend automatisierte Rollenoffset-Anlagen machten den Tiefdruck-Giganten aus der Pfalz zusätzlich Konkurrenz. Anstelle von früher deutlich mehr als zehn bei KBA und dem italienischen Mitbewerber Cerutti jährlich bestellten Anlagen waren es plötzlich nur noch eine oder zwei. Der Markt wurde zu klein für zwei Anbieter. Dies führte 2007 zum Verkauf der Tiefdrucksparte.
Dann bescherte die Finanz- und Wirtschaftskrise ab September 2008 den Druckmaschinenbauern einen noch größeren Nachfrage-, Umsatz- und Ergebniseinbruch. Dies blieb nicht ohne Auswirkung auf die Beschäftigung. Bis zum Abschluss der 2009 eingeleiteten Branchenkonsolidierung werden allein bei den drei großen deutschen Druckmaschinenbauern insgesamt fast 10.000 Arbeitsplätze weggefallen sein, gut 2.000 davon bei KBA. Der seit Jahren anhaltende Wandel von den Print- zu den Online-Medien trifft das Segment Rollendruckmaschinen deutlich härter als die Bogenoffset- und Sondermaschinen. Letztere profitieren vom steigenden Druckvolumen in vielen Schwellenländern und vom wachsenden Bedarf bei Verpackungen und medienunabhängigen Druckprodukten.
Im Zuge dieser Entwicklung ist der Anteil der Rollendruckmaschinen am KBA-Umsatz in den letzten Jahren deutlich gesunken. Bogen- und Sondermaschinen leisteten im Geschäftsjahr 2010 einen überproportionalen Beitrag zum Konzernumsatz von knapp 1,2 Mrd. Euro. Nach allen Prognosen wird der Rollenmarkt auch in Zukunft eine deutlich kleinere Dimension haben. Dazu tragen immer produktivere Anlagen bei. Dies hat Auswirkungen auf die Standorte Würzburg, Frankenthal und Trennfeld. 2002 waren dort insgesamt noch 3.700 Mitarbeiter (ohne Azubis) tätig, Ende Juni 2011 waren es noch 2.583. Das Werk Frankenthal war nach dem Verkauf der Tiefdrucksparte seit 2007 von der notwendigen Personalanpassung besonders betroffen. Dort reduzierte sich die Belegschaft seit 2002 von 1.361 auf 656.
Die Konsolidierung der KBA-Standorte für den kleiner gewordenen Rollenmarkt ist noch nicht abgeschlossen. Im Juni 2011 wurde nach einem längeren Arbeitskampf am Standort Frankenthal eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet, die zum einen eine sozialverträglich gestaltete weitere Personalanpassung bringt, zum anderen aber auch neue Perspektiven eröffnet. Die Aufgliederung des Frankenthaler Werkes in eine für Dritte offene Fertigungs-GmbH und eine direkt an die Würzburger Muttergesellschaft angebundene Technik-GmbH bedeutet eine stärkere Eigenverantwortung und Selbstständigkeit. Durch die Garantie eines beachtlichen Arbeitsvolumens seitens der Muttergesellschaft wird der Übergang bis zum Jahr 2016 abgefedert.
Erfolgreiche und schwierige Zeiten durchziehen die 150-jährige Geschichte des Druckmaschinenwerkes in Frankenthal, die 194-jährige Geschichte des Stammwerkes in Würzburg und die 113-jährige Geschichte des KBA-Bogenmaschinenstandortes in Radebeul bei Dresden wie ein roter Faden. Die Frankenthaler sprechen stolz von „Albert“, genauso wie die Würzburger häufig „Koebau“ und die Radebeuler meist „Planeta“ sagen, wenn sie ihren Druckmaschinenbetrieb vor Ort meinen. Manche Familien sind dort schon in der 3. oder 4. Generation beschäftigt. Die historischen Wurzeln sind die gleichen: Die Zusammenführung unter dem gemeinsamen KBA-Dach hat in den letzten 30 Jahren den zweitgrößten Druckmaschinenhersteller der Welt entstehen lassen. Die Pfälzer haben dazu viel beigetragen.