Aus den Unternehmen
Druckindustrie lädt Banken zum Dialog
Dienstag 12. März 2002 - Auch in Zeiten konjunktureller Unsicherheit zeigt die Druckindustrie Offenheit im Umgang mit Banken.
Die mittelständisch geprägte Branche suchte im Hinblick auf das neue Rating („Basel II“) den Dialog mit den Analysten der Banken. In ihrer 2. Bankenkonferenz, die am Donnerstag, 28. Februar 2002, in Wiesbaden stattfand, zeigte der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) die wirtschaftlichen Perspektiven der Branche auf und gab einen Einblick in den Strukturwandel der Druck- und Medienindustrie. Alexander Schorsch, Präsident des bvdm: „Die Druckindustrie verfügt über eine enorme Innovationsfähigkeit und entspricht heute nicht mehr dem typischen Bild der „Old Economy“. Druckereien haben sich zu modernen Druck- und Mediendienstleistern weiterentwickelt und ihren Leistungsumfang erheblich erweitert. Neue Medien gehören dazu.“
Um den Analysten einen noch intensiveren Kontakt mit der Branche zu ermöglichen, hatte der Verband zwei typische – in ihrer Ausrichtung aber sehr unterschiedliche – Unternehmen eingeladen. Ziel war, das breite Leistungsspektrum der Branche darzustellen und zu zeigen, dass es sich lohnt, kapitalintensive Investitionen zu fördern, wenn sie von zukunftsweisenden Ideen begleitet sind.
Das erste Firmenbeispiel zeigte, wie sich eine ehemalige Formulardruckerei zum Crossmedia-Anbieter weiterentwickelt hat. Die Einsicht, dass man aufgrund der rasanten digitalen Entwicklungen mit dem Schwerpunkt „Formulardruck“ leicht in eine Sackgasse geraten würde, gab den entscheidenden Impuls, das Unternehmen auf eine breitere Basis zu stellen. Was lag näher, als die Kernkompetenz des „Formulardrucks“ zu Mediendienstleistungen rund um das Corporate Design auszubauen. Hierzu zählen die Gestaltung und der Aufbau von Internet- und Intranet-Geschäftsverbindungen genauso wie die datenbankgestützte Produktion von Print- oder Web-Katalogen. Und einmal auf der digitalen Schiene angekommen, entwickeln sich weitere Geschäftsmodelle, wie z.B. der Digitaldruck mit seinen Möglichkeiten, personalisierte und individualisierte Werbung zu erstellen, Lettershopleistungen, Adresspflege und Versand von Mailings. Klaus Drögemüller, Geschäftsführer der so entstandenen Toennes Gruppe: „Irgendwann suchten wir nach einer Marktnische und realisierten, dass wir durch unsere Leistungsbreite bereits eine Nische besetzt hatten.“ Und in naher Zukunft? Da fehlt es nicht an Ideen, Synergieeffekte zu nutzen und Kunden rund um den Druck weitere Dienstleistungen anzubieten. Warum sollen die Daten für den individualisierten Druck nicht auch im eigenen Call-Center erhoben werden? Und warum nicht „kreatives Potenzial “ in das Unternehmen einbinden, damit man auch Agenturleistungen anbieten kann?
Aber neben der crossmedialen Erweiterung des Produktportfolios gibt es auch den Weg der Spezialisierung auf bestimmte Segmente, um ein Unternehmen erfolgreich am Markt zu positionieren. Diesen Weg zeigte Dr. Thomas Schön, Geschäftsführender Gesellschafter der Walcker Offsetdruck GmbH, auf. Walcker gehört seit Jahrzehnten zu den führenden Rollenoffsetdruckereien Deutschlands. Typische Produkte dieses Betriebes sind hochauflagige inline gefertigte Werbemittel (insbesondere mit wechselnden Firmeneindrucken), wie Beilagen für Zeitungen und Zeitschriften, Beihefter/Beikleber, Prospekte und Katalogumschläge. Um in diesem sehr wettbewerbsintensiven und hart umkämpften Druckmarkt auf Dauer bestehen zu können, sind neben umfangreichen Investitionen in immer leistungsfähigere Druckmaschinen vor allem Investitionen zur Optimierung der Informationsflüsse und Abläufe unabdingbar. Schön ist optimistisch, nicht nur was das eigene Unternehmen betrifft. „Für das Printmedium wird es auf absehbare Zeit keinen Ersatz geben. So haben zum Beispiel gerade die Internetaktivitäten einen regelrechten Boom bei gedruckter Werbung ausgelöst. Mit Print wirbt es sich nach wie vor am besten, allerdings nur mit den Besten.“
In der anschließenden lebhaften Diskussion interessierte Hans Walter Niemeier von der Landesbank Rheinland-Pfalz, ob das Rationalisierungspotenzial in der personalintensiven Druckbranche nun ausgeschöpft sei. Vor allem im Bereich der Druckvorstufe konnten durch die sich rasch entwickelnde Digitalisierung und Prozessautomatisierung beachtliche Fortschritte erzielt werden, antwortete Schön. Hier seien weitere Rationalisierungen nur noch durch gezielte Systemintegration wahrscheinlich. Bei den Druckmaschinen bestehe jedoch weiterhin ein erhebliches Rationalisierungspotenzial. Allerdings müsse man hier unterscheiden: Während einfache Tätigkeiten zunehmend von Robotern übernommen werden, ist „hochqualifiziertes Bedienpersonal dagegen gefragt wie nie zuvor“, so Schön. Auch Klaus Drögemüller kennt die Sorge um qualifiziertes Personal. Er benötigt vor allem den Generalisten, der die breite Angebotspalette kompetent verkaufen kann.
Die Veranstaltung fand bei den Analysten großen Anklang und schnell war man sich einig, dass man sich im nächsten Jahr wieder treffen will. Dr. Uwe Perlitz, Branchenanalyst der Deutschen Bank Research bedankte sich mit den Worten: „Die unternehmerischen Beispiele haben mir den Ein-blick in die Druck- und Medienbranche sehr erleichtert. Die Veranstaltung war eine Bereicherung für mich.“