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Weiterverarbeitung

Elektronik und Maschine bilden eine Einheit

Bei der Entwicklung der RSI 430 wurde auf eine intuitive Bedienbarkeit geachtet

Donnerstag 25. Juni 2009 - Rund sechs Monate von der Firmengründung bis zur Praxisdemonstration des ersten Produktionssystems ist eine äußerst kurze Zeitspanne für einen Systemanbieter, wenn es sich um so komplexe Technik wie eine Anlage zur Inspektion und Konfektionierung von Rollenetiketten handelt. Die Firma Rotocontrol hat diese ehrgeizige Vorgabe tatsächlich erfüllt. Neben leistungsstarken Partnern war dabei sicher auch die langjährige Erfahrung von Marco Aengenvoort von Vorteil, die der Rotocontrol-Geschäftsführer in den vergangenen Jahren durch seine Tätigkeit für das kanadische Unternehmen Rotoflex (kürzlich durch Mark Andy übernommen) sammeln konnte.

Im Juli 2008 reifte bei Marco Aengenvoort der Entschluss, eine eigene Unternehmung auf die Beine zu stellen. Auslöser waren verschiedene Anfragen von Etikettendruckereien, die alle nach Lösungen im Bereich Schneiden, Wickeln, Stanzen und Inspizieren von Rollenetiketten suchten. Als Konsequenz schied er aus dem Unternehmen Rotoflex aus, für das er zuvor über mehrere Jahre tätig war. Nach seiner Einschätzung ist der Bedarf an Inspektions- und Konfektioniersystemen im gehobenen Leistungsbereich besonders offenkundig, so dass sich Marco Aengenvoort mit seinem aktuellen Produktprogramm im ersten Schritt speziell auf diesen Sektor konzentriert. Wichtige Zielsetzungen des jungen Unternehmens sind zudem die Nutzung innovativer Technologien zur Optimierung des Fertigungsprozesses sowie die Zuverlässigkeit der solide verarbeiteten Maschinen.
Partner für Elektronik, Inspektion und Maschinenbau
Um Verarbeitungssysteme im gehobenen Qualitätssegment anbieten zu können, sind neben der Marktkenntnis und dem technischen Know-how auch ganz praktische Voraussetzungen wie Kapazitäten in den Bereichen Spezialmaschinenbau und elektronische Steuerung erforderlich. Auf beiden Gebieten fand Rotocontrol geeignete Partner in Ahrensburg.
So arbeitet das Unternehmen bei der Steuerung seiner Verarbeitungssysteme mit der EAE Ewert Ahrensburg Electronic GmbH zusammen. Der Anbieter für Steuerungslösungen verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der grafischen Branche. Die Unternehmensgruppe beschäftigt gegenwärtig rund 470 Mitarbeiter und verzeichnete zuletzt einen Jahresumsatz von 60 Millionen Euro. Zu den Kernkompetenzen gehören u.a. die Prozessautomatisierung, EDV-gestützte Workflow-Lösungen und Beratung von Verlagen und Druckereien sowie digitale Steuerungstechnik. Die erste elektronische Ausrüstung für Druckmaschinen lieferte EAE bereits 1965. Ein weiterer Meilenstein der Entwicklung ist die Einführung der Leitstandtechnik für Offsetrotationen im Zeitungsdruck im Jahr 1985. Die Ausstattung von Druckmaschinen mit Steuerungs- und Automatisierungstechnik ist seit Jahrzehnten ein wichtiger Geschäftsbereich der EAE-Gruppe, so dass inzwischen über 500 Druck- und Verlagshäuser zu den Kunden zählen.
Den praktischen Part in Form der mechanischen Fertigung der einzelnen Maschinenteile sowie die Montage übernimmt ein zweiter Partner: die RL Maschinenbau GmbH, die ebenfalls in Ahrensburg ansässig ist. Der familiengeführte Maschinenbaubetrieb, der seit 1949 besteht, hat sehr viel Erfahrung mit Sondermaschinen und besitzt insbesondere bei der Herstellung von Bauteilen mit sehr hohen Ansprüchen an die Präzision einen guten Ruf. Da die Rotocontrol bei seinen Produkten konsequent auf Modulbauweise setzt, kann die RL Maschinenbau GmbH viele Teile auf Vorrat fertigen, was kurfristige Lieferfristen ermöglicht bei einem konstant hohen Qualitätsniveau.
Dritter Partner von Rotocontrol ist die Nikka Research Deutschland GmbH in Leinfelden-Echterdingen/D bei Stuttgart/D, die Bildverarbeitung und Inspektionssysteme beisteuert. Ein wesentliches Tätigkeitsfeld des Unternehmens, das Teil der 1958 gegründeten japanischen Nikka Limited ist, sind Inspektionssysteme für den Schmalbahnbereich. Sie werden in vielen Fällen beispielsweise für die 100-Prozent-Kontrolle bei Pharma-Etiketten eingesetzt. Bei den Rotocontrol-Anlagen sind die Nikka-Systeme vollständig in das Gesamtsystem integriert. Das schließt Anbindungsfehler aus und ermöglicht eine sehr hohe Leistungsstufe bei der Qualitätssicherung.
Marketing und Vertrieb für CME-Systeme
Seit Anfang April 2009 hat Rotocontrol seinen Aufgabenbereich auf Marketing und Vertrieb von Systemen der Firma CME Cleeberger Maschinenentwicklung GmbH erweitert. Das Unternehmen aus Langgöns-Cleeberg hat sich auf die Entwicklung und Gestaltung von Zubehörteilen für Hochgeschwindigkeitsmaschinen für die Druckindustrie spezialisiert und konzipiert beispielsweise Maschinen wie die halbautomatischen Dual-Rewind-Turrets (DRM) für die Etikettenindustrie. „Diese Technik stellt eine sinnvolle Ergänzung zu unseren RSI- und RSC-Inspektionsmaschinen dar“, erklärt Marco Aengenvoort die Entscheidung. André Arabin, Geschäftsführer von CME, erwartet sich von dieser Partnerschaft Vorteile im Vertrieb der CME-Technologie, da Rotocontrol über internationale Erfahrung in Vertrieb, Marketing und Service verfügt.
Integration modularer Komponenten auf der Entwicklungsebene
Als zentralen Punkt der Unternehmensphilosophie von Rotocontrol sieht Marco Aengenvoort die Vorgabe, bereits bei der Entwicklung der Maschinen auf eine ausgewogene Symbiose der integrierten Funktionselemente wie Bildverarbeitung, Antriebe, Bahnführung, Bedienung usw. zu achten. „Maschinen, die einfach zu bedienen sind und ein hohes Maß an Automatisierung bieten, verhelfen Anwendern zu mehr Produktivität und geringen Ausfallzeiten.“ Bei der Entwicklung der Bedienoberfläche wurde darauf geachtet, dass auch Mitarbeiter, die als Hilfskräfte beschäftigt sind, das Verarbeitungssystem intuitiv bedienen können. Dabei wurden vorzugsweise aussagekräftige Symbole verwendet, was auch für den Verkauf der Systeme im internationalen Markt von Vorteil ist. Auf dem Touch-Screen-Monitor ist außerdem auf einen Blick nachvollziehbar, welche Arbeitsschritte jeweils als nächstes vorzunehmen sind. Über die Menü-Führung ist der Bediener in der Lage, auf dem Touch-Screen an allen relevanten Punkten in die Verarbeitungsprozesse einzugreifen. Ein Vorteil für das Bedienpersonal ist außerdem die offene Bauweise. Somit sind alle wichtigen Maschinenteile sehr gut zugänglich, und Arbeitsvorgänge wie das Messersetzen oder Austauschen von Komponenten lassen sich ohne ergonomisch ungünstige Haltungen ausführen.
Zur Steigerung der Produktivität trägt auch bei, dass die Kamera in die Steuerung der Maschine eingebunden werden kann. Die Kamera bestimmt je nach Komplexität der Inspektion die Maschinengeschwindigkeit. Sie passt diese an die Rechenkapazität des Kamerasystems an und setzt so die maximal mögliche sichere Geschwindigkeit fest. Das gewährleistet eine 100-Prozent-Kontrolle bei maximaler Produktivität der Inspektionsmaschine. Das Nikka-Kamerasystem kann mit Modulen für Strichcode-, Braille- und OCR-Erkennung erweitert werden.
Insgesamt drei Baureihen in Modulbauweise
Da sich Rotocontrol vor allem auf das gehobene Leistungssegment konzentriert, hat das Unternehmen im ersten Schritt eine Anlage der RSI-Baureihe (Rotocontrol Slitting Inspection) realisiert. Das Modell, ein System RSI 430, verarbeitet Materialbahnen bis zu einer Breite von 410 mm und hat bereits zahlreiche Vorführungen im Demozentrum in Ahrensburg absolviert. Die maximale Bahngeschwindigkeit liegt bei 320 m/min. Mit Hilfe eines Speichermoduls ist es möglich, das System innerhalb sehr kurzer Zeit von Maximalgeschwindigkeit bis zum Stillstand abzubremsen.
Die konsequent durchgehaltene Modularität erlaubt Anwendern zu Beginn in eine Maschine mit Grundausstattung zu investieren. Zu einem späteren Zeitpunkt lässt sich die Ausrüstung sukzessive um zusätzliche Module erweitern. Für die Konfiguration individueller Systeme stehen aktuell folgende Module zur Verfügung:
– Abwickelmodul,
– Aufwickelmodul,
– Inspektionsmodul,
– Stanzmodul,
– Schneidmodul,
– Speichermodul,
– Laminiermodul,
– Druckmodul.
Neben der RSI-Hochleistungsvariante hat Rotocontrol mit der RSC-Serie (Rotocontrol Slitting Counting) ein günstiges Einstiegsmodell für das Schneiden und Zählen von Etikettenrollen im Programm. Diese Modellversion ist zusätzlich mit ein oder zwei Stanzwerken lieferbar, so dass sich die RSC-Serie auch als Einsteigersystem für Stanzaufgaben eignet.
Die dritte Maschinenserie von Rotocontrol ist das Modell RPI (Rotocontrol Pharma Inspection), das für den speziellen Bereich der Pharma-Etiketten entwickelt wurde. Es bietet eine für dieses Marktsegment erforderliche 100-Prozent-Kontrolle. Dafür steht das Inspektionssystem Alis von Nikka Research zur Verfügung.
Die einzelnen Modelle sind jeweils in den Bahnbreiten 330 mm und 430 mm sowie einer Ausführung mit 520 mm lieferbar. An einem Modell für eine Bahnbreite über 600 mm arbeitet Rotocontrol gegenwärtig. Es soll voraussichtlich ab dem vierten Quartal 2009 zur Serienreife gelangen.
Alle Antriebe mit Servo-Technologie
Bei allen Rotocontrol-Systemen sind die angetriebenen Elemente generell mit Servoantrieben versehen. Die S-Drive-Technologie sorgt für die elektronische Synchronisation sämtlicher Antriebe. Das führt zu einer einfachen Bedienung und ermöglicht auch mit Folienmaterialien – die in Sachen Bahnspannung oft empfindlich reagieren – selbst bei sehr hohen Geschwindigkeiten eine einwandfreie Kontrolle. Weitere Vorteile sind das weichere Wickeln und der geringere Wartungsaufwand.
Schnelle Inspektionssysteme und kurze Rüstzeiten
Bei Anfragen aus der Etikettenbranche richtet sich das Interesse der Kunden hauptsächlich auf die Technologie der Inspektionssysteme. Dabei suchen die Betriebe vor allem ein System, das Etiketten sehr schnell und mit hoher Sicherheit kontrolliert. Eine ebenfalls häufig gestellte Forderung ist die Reduzierung der Wechselzeiten zwischen den Aufträgen. „Eine hohe Produktionsgeschwindigkeit allein ist nutzlos, wenn die dadurch gewonnene Zeit durch komplizierte und aufwendige Rüstvorgänge wieder verloren geht“, weiß Marco Aengenvoort. Eine wichtige Rolle bei den Rüstzeiten spielt der Vorgang der Messerpositionierung. Deshalb testet Rotocontrol gegenwärtig verschiedene Messersysteme, mit denen das Umrüsten noch weiter vereinfacht werden soll. Eine Möglichkeit der Rüstzeitverkürzung ist ein Kartuschensystem, beim dem sich die Messerblöcke als Ganzes entnehmen und wieder einsetzen lassen. Dadurch ist zum einen der Wechsel zwischen Schermesser- und Rasiermessereinheit sehr schnell realisierbar, und auch das Vorrüsten eines Messerblocks für den nächsten Auftrag auf einer digitalen Montageeinheit außerhalb der Maschine.
Innovative Technologie der Messersteuerung
Eine interessante Ausstattung ist die Messersteuerung iCut von Nikka Research, mit der eine automatische Kontrolle des Schnitts möglich ist. Dazu tastet eine Kamera die Etikettenkante oder ein wiederkehrendes Objekt auf dem Etikett ab und gibt die Information als Signal an einen Rechner weiter. Dieser Rechner regelt mit diesem Signal die unter den Messern angeordneten Verstellmotoren, die den Messerbereich mit einer Genauigkeit von einem Zehntelmillimeter nach links oder rechts verfahren können. Dadurch ist ein stets korrektes Schnittergebnis gewährleistet. Mit aktivierter Messersteuerung erzielen die Rotocontrol-Systeme eine Produktionsleistung von 300 m/min.
Ebenfalls in der Entwicklung ist ein Turret Rewinder für Rotocontrol-Systeme, der im dritten Quartal 2009 auf den Markt kommen soll. Das automatische Ankleben der Einzelbahnen und die Ausgabe der fertigen Rollen durch den Wickler werden einen weiteren Fortschritt bei der Rüstzeitminimierung bringen.
Einbindung in den Workflow der Unternehmen
Der nächste Schritt ist die Einbindung der kompletten Konfektioniereinheit einschließlich Kamerasystem in den Workflow einer Etikettendruckerei. Wenn die für den Herbst 2009 geplante Vernetzung erfolgt ist, kann über das Firmennetzwerk zu jedem Zeitpunkt abgerufen werden, an welcher Maschine gerade welcher Job von welchem Mitarbeiter bearbeitet wird, bis hin zu erkannten Fehlern und zur voraussichtlichen Dauer bis zur Fertigstellung des Auftrags. In Zukunft kann dann auch via Intranet eine vom Kunden gut gegebenen PDF-Datei in die Maschine eingelesen werden, wodurch sichergestellt ist, dass die kontrollierte Qualität mit den Vorgaben des Kunden übereinstimmt.

www.rotocontrol.de
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