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KBA-Seniorchef Dr. Hans-Bernhard Bolza-Schünemann verstorben

Dr.-Ing. Hans-Bernhard Bolza-Schünemann † : Visionärer Unternehmer, unermüdlicher Erfinder, weltweit geschätzter Meister des Druckmaschinenbaus und engagierter Kultur-Mäzen.

Donnerstag 29. Juli 2010 - Am 23. Juli 2010 verstarb Dr.-Ing. Hans-Bernhard Bolza-Schünemann, der langjährige Vorstandsvorsitzende der Koenig & Bauer AG, im Alter von 84 Jahren. Mit ihm verlor die KBA-Gruppe ihren in der Belegschaft hoch geschätzten und beliebten Seniorchef.

Dem deutschen Druckmaschinenbau ging ein technischer Vordenker und international geachteter Repräsentant verloren. Der Stadt Würzburg fehlt ein unermüdlicher Förderer von Kunst und Kultur. Der Verstorbene, den die meisten Mitarbeiter respektvoll nur den „Doktor“ oder „Dr. HBS“ nannten, wurde am 20. Mai 1926 in Bremen als Hans-Bernhard Schünemann geboren. Er stammt aus der Kaufmannsfamilie Schünemann, die seit Generationen im Druck- und Verlagswesen der Hansestadt tätig ist. Nach Kriegseinsatz und englischer Gefangenschaft schloss er 1949 sein Studium an der Technischen Hochschule Braunschweig als Diplom-Physiker ab. 1951 folgte die Promotion zum Dr.-Ing. Maschinenbau an der Technischen Hochschule Stuttgart. Im gleichen Jahr trat er bei der Druckmaschinenfabrik Koenig & Bauer AG in Würzburg als Konstrukteur ein. 1956 wurde er Chefkonstrukteur für Bogendruckmaschinen mit Prokura, 1957 stv. Vorstandsmitglied für Konstruktion und Entwicklung und 1964 ordentliches Vorstandsmitglied. Schon zuvor, 1959, hatte Dr. Hans Bolza, der Urenkel des Firmengründers Friedrich Koenig, nach dem frühen Tod seiner eigenen Söhne den begnadeten Techniker und Erfinder adoptiert, was den seither geführten Doppelnamen Bolza-Schünemann begründete.

Von 1971 bis 1995 führte Dr. Bolza-Schünemann KBA 24 Jahre lang sehr erfolgreich als Vorstandsvorsitzender. Als vorausschauender Unternehmer, unermüdlicher Erfinder und begeisterter Konstrukteur positionierte er mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit bei der Verfolgung seiner Ziele die fränkische Schnellpressenfabrik unter den Top-Herstellern der internationalen Druckmaschinenindustrie. Spektakuläre Neuerungen in der Drucktechnik und die Übernahme anderer Hersteller (Albert-Frankenthal AG in der Pfalz, Maschinenfabrik Mödling in Österreich, Planeta Druckmaschinenwerke in Sachsen), die aus der Würzburger Wiege des Druckmaschinenbaus hervorgegangen waren, halfen dabei.

1995 wechselte der Architekt der enorm gewachsenen KBA-Gruppe in den Aufsichtsrat, dem er bis 2006 als stv. Vorsitzender angehörte. Auch im hohen Alter brachte Dr. Bolza-Schünemann seine strategischen Ansichten und sein herausragendes konstruktives Wissen weiter in das Unternehmen ein, u. a. bei der Entwicklung der zukunftsorientierten Digital-Bogenoffsetmaschine 74 Karat. Zum 75. Geburtstag im Jahr 2001 wurde der KBA-Seniorchef für seine 50-jährige Firmenzugehörigkeit geehrt. Bis zuletzt schätzten jüngere Führungskräfte und Mitarbeiter seine Ideen, seinen fachkundigen Rat und seine große Fähigkeit, andere zu begeistern und mitzureißen.

Dr. Bolza-Schünemann hat den technischen Fortschritt in der Printmedienindustrie durch wegweisende Neuentwicklungen gefördert wie kaum ein anderer. Als Vertreter der fünften Familiengeneration an der Spitze des Unternehmens fühlte er sich dem innovativen Vermächtnis der beiden Firmengründer Friedrich Koenig und Andreas Bauer stets verpflichtet. Sie hatten mit der Erfindung der Zylinderdruckmaschine zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Gutenberg-Ära beendet und den Weg für den industriellen Druck geebnet.
Über 250 Patente tragen den Namen des Erfinders Dr. Hans-Bernhard Bolza-Schünemann. An wichtigen technischen Meilensteinen war er entscheidend beteiligt, so in den 1950er-Jahren an der Mehrfarben-Bogentiefdruckmaschine Rembrandt MT III, in den 1960er-Jahren an der schnellen Hochdruckmaschine Rotafolio, in den 1970ern am Jumbo-Courier, der bis heute breitesten Zeitungsrotation der Welt, sowie an den damals mit einer Leistung von 15.000 Bogen/h ihrer Zeit weit voraus eilenden ersten Bogenoffsetmaschinen der Rapida-Reihe. In den 1980er- und 1990er-Jahren förderte er aktiv die Pionierrolle von KBA in der zonenschraubenlosen Kurzfarbwerktechnik für den mehrfarbigen Zeitungs- und Bogendruck. Seine herausragenden Leistungen als Ingenieur wurden 1960 durch den VDI-Ehrenring der deutschen Ingenieursvereinigung und 2003 durch den Leonardo da Vinci-Preis der italienischen Konstrukteursvereinigung AIPI gewürdigt.

Neben dem langjährigen ehrenamtlichen Engagement im Vorstand der Fachgemeinschaft Druck- und Papiertechnik des VDMA, im Vorstand der Forschungsgesellschaft Druckmaschinen und im Fachbeirat Drucktechnik des Deutschen Museums in München war der Verstorbene 1995 Präsident der drupa, der weltweit größten Fachmesse für das grafische Gewerbe. Dieses international geachtete Ehrenamt für die Printmedienindustrie übernahm sein Sohn Albrecht Bolza-Schünemann bei den Folgemessen 2000, 2004 und 2008. Für die Interessen der regionalen Wirtschaft setzte sich Dr. Bolza-Schünemann von 1968 bis 1990 im Präsidium der IHK Würzburg-Schweinfurt ein. Von 1983 bis 1987 war er IHK-Präsident. Dieses Ehrenamt hat derzeit sein Sohn Claus Bolza-Schünemann als stv. Vorstandsvorsitzender der Koenig & Bauer AG inne. Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung hat in der Unternehmerfamilie Tradition.

Neben seiner nie endenden Leidenschaft für das Konstruieren teilte Dr. Bolza-Schünemann mit seiner Frau Renate die besondere Liebe zur klassischen Musik und zum Theater. In den Opern-Sälen der Welt fand er Entspannung und Inspiration für sein unternehmerisches und technisches Schaffen. Als unermüdlicher Förderer und Mäzen des Musik- und Kulturlebens im Raum Würzburg gründete er 1966 zusammen mit anderen die Johann-Sebastian-Bach-Gesellschaft Würzburg e.V., die bis heute die jährlichen Würzburger Bachtage durchführt. Lange Jahre war er deren ehrenamtlicher Vorstand und ab 1990 ebenfalls Vorsitzender der Hochschule für Musik Würzburg.
Aus eigenen Mitteln und mit Hilfe der Koenig & Bauer-Stiftung förderte der Verstorbene über die Jahre viele weitere Kulturaktivitäten. Reichten die Finanzen nicht, warb er nach angelsächsischem Vorbild mit Nachdruck in zahlungskräftigen Gesellschaftskreisen um Sponsoren. So kamen im Herbst 1990 zur deutschen Vereinigung bei dem von ihm initiierten Benefizkonzert „Würzburg hilft Suhl“ über 200.000,00 DM zugunsten der Restaurierung der Hauptkirche St. Marien in Würzburgs thüringischer Partnerstadt zusammen. Als Mitinitiator des Stifterkreises „Rosenkavaliere“ für das Mainfranken Theater in Würzburg engagierte er sich bis zu seinem Tod mit beachtlichem finanziellen Erfolg für die Unterstützung dieser zeitweise von der Schließung bedrohten Kulturstätte. Die Förderung von hoffnungsvollen Nachwuchs-Ingenieuren durch die unternehmenseigene Benno-Bolza-Stiftung war ihm bis ins hohe Alter ebenfalls ein besonderes Anliegen.

Für sein breit angelegtes ehrenamtliches Engagement für die Druckbranche, die deutsche Wirtschaft und die Allgemeinheit wurden dem Verstorbenen u. a. das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, die Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft, der Bayerische Verdienstorden, das große Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich, die Ehrenbürgerwürde der Universität Würzburg, die Große Verdienstmedaille des VDMA, der Goldene Ehrenring der IHK Würzburg-Schweinfurt, die Ehrensenatorwürde der Hochschule für Druck und Medien Stuttgart sowie das Ehrenbürgerrecht und der Ehrenring der zu seiner zweiten Heimat gewordenen Stadt Würzburg verliehen.
Die Trauerfeier fand auf Wunsch des Verstorbenen im engsten Familienkreis statt. Für die Belegschaft und langjährige Weggefährten wird am 13. August um 17 Uhr in der Würzburger St. Johanniskirche ein Gedenkgottesdienst abgehalten.

www.kba.com
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