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Interessante Innovationen rund um die Faltschachtelproduktion

Jürgen Veil erläuterte die Prozessabläufe bei der Produktion einer Lebensmittelverpackung mit Multiprint

Samstag 09. April 2011 - Am 5. April luden Koenig & Bauer, Smurfit Kappa Carton und Epple Druckfarben gemeinsam zur Veranstaltung "Performance is the key" nach Radebeul ein. Knapp 300 Druckfachleute und deren Auftraggeber aus 16 Ländern informierten sich über verfahrens- und verarbeitungstechnische Neuheiten bei der Faltschachtelproduktion für Food- und Non-Food-Produkte.

Dabei wurde das gesamte Netzwerk aus Faltschachtelkarton, Druckfarben, Druck, Veredelung und Logistik detailliert betrachtet. Nach der Begrüßung durch die Vorstände Wolfgang Suerbaum (Smurfit Kappa Carton), Joachim Erlach (Epple Druckfarben) und Ralf Sammeck (KBA) stellte Steffen A. Rapp, Sales Director von Smurfit Kappa Carton, die Recyclingkarton-Qualitäten Multiprint und Twin Coat als High-Performance-Produkte für die Faltschachtelproduktion vor. Bisher wird der Begriff „High Performance Karton“ häufig noch mit Frischfaserkarton verbunden. Die beiden vorgestellten Recyclingkarton-Qualitäten stoßen aber hinsichtlich ihrer Performance im Druck sowie ihrer Oberflächenbeschaffenheit in die GC-Region vor. Sie bieten u. a. einen sehr hohen Weißgrad, eine gute Opazität, ein optimales Wegschlagverhalten, haben eine glatte Oberfläche sowie einen hohen Glanz. An der Druckmaschine zeichnen sie sich durch eine nur minimale Verunreinigung der Drucktücher durch Strich- oder Schnittkantenstaub sowie sehr gute Lagenfestigkeit aus. In der Konsequenz sind die Reinigungsintervalle sehr lang. Dadurch kann die Leistungsfähigkeit der Druckmaschine optimal ausgenutzt werden.

Beim Recycling-Karton handelt es sich um ein ressourcenschonendes, besonders nachhaltiges Produkt, da er einerseits aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und andererseits der Faserstoff mehrfach genutzt wird. Selbst in der Herstellung ist er ein „Energiesparer“, da im Vergleich zur Produktion von Frischfaser-Karton wesentlich weniger Energie erforderlich ist. Der Recycling-Karton ist für alle Produktbereiche einsetzbar, auch für Lebensmittel-Verpackungen. Damit ist er eine sehr wirtschaftliche Alternative zu Frischfaser-Bedruckstoffen.
Dipl.-Chem. Antje Kersten aus dem Fachgebiet Papierfabrikation und mechanische Verfahrenstechnik der TU Darmstadt sprach über die Bestimmung, Bewertung und Möglichkeiten zur Reduzierung von Mineralölen in Lebensmittelverpackungen. Denn Untersuchungen haben ergeben, dass in Karton verpackte Lebensmittel Spuren von Mineralölen enthalten können, über deren konkrete Gefährdung für den Verbraucher noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Diese Mineralöl-Spuren können u. a. auch aus mineralölhaltigen Farben stammen, mit denen die Kartonverpackungen bedruckt wurden oder aus Recyclingkarton mit einem hohen Anteil an Zeitungsaltpapier. Anhand der Zusammensetzung von Offsetdruckfarben erläuterte Antje Kersten die Herkunft der Mineralöle in den unterschiedlichen Offset-Druckprozessen in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der jeweiligen Druckfarben.

Probleme in der Mineralölanalytik bestehen heute u. a. in fehlenden Grenzwerten für Mineralölgehalte in Papier und Karton sowie im Fehlen standardisierter Messmethoden für MOSH- (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und MOAH- (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons) Verbindungen. Daneben ist die Migration von Mineralölbestandteilen aus Verpackungen in Lebensmittel von zahlreichen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Dazu zählen beispielsweise das Verpackungsdesign, die Art des verpackten Lebensmittels, die Innenbeschichtung des Kartons, die Nutzung von Transport- und Umverpackungen sowie Lagerdauer und Lagerbedingungen.

Zur Reduzierung des Mineralöl-Übergangs aus Lebensmittelverpackungen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Eine Lösung ist die Substituierung des Recycling-Kartons durch Frischfaser-Material. Aber auch die Verwendung speziell ausgewählter Altpapiersorten (z. B. mit geringem Zeitungsanteil) für die Herstellung von Recycling-Kartons sowie der Einsatz mineralölfreier chemischer Additive während der Papierherstellung tragen dazu bei. Die Verwendung von Barrierebeschichtungen oder Innenbeuteln ist ebenso ein zuverlässiger Schutz. Daneben lässt sich der Mineralöleintrag vermeiden, wenn auf die Modifizierung der Druckfarben z. B. durch mineralölhaltige Additive verzichtet wird. Viele dieser Maßnahmen sind allerdings noch nicht im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft anwendbar.

Ing. Matteo Piller, Produktmanager Verpackungsdruckfarben von Epple Druckfarben, stellte die migrationsunbedenklichen Druckfarbenserien BoFood MU bzw. SensPrint MU vor. Er begann mit den unterschiedlichen Anforderungen der Interessengruppen an die Verpackung: Der Verbraucher erwartet Sicherheit und Umweltverträglichkeit. Der Markenartikler will keine Konflikte mit Verbrauchern, Verbänden und Gesetzgebern sowie ebenfalls hohe Sicherheit. Der Faltschachtelhersteller erwartet u. a. die nachhaltige Erfüllung der Anforderungen, die Produktion nach PSO-Standard sowie einen hohen und stabilen Produktionsausstoß.
Bis zu den heutigen migrationsunbedenklichen Farbserien gab es mehrere Entwicklungsschritte. Den Startpunkt setzten gerucharme Farben (GA-Serie): Sie verfügen über sehr gute organoleptische Eigenschaften, ein minimiertes Swellingpotenzial, sind mineralölfrei und drucktechnisch optimiert. Mit diesen Eigenschaften werden sie für sensorisch anspruchsvolle Verpackungen im Non-Food-Bereich, für Sekundärverpackungen im Lebensmittelbereich, als Primärverpackungen mit funktioneller Barriere sowie als Primärverpackung nach Freigabe durch ein unabhängiges Institut empfohlen. Die Weiterentwicklung sind Low-Migration Druckfarben wie die CareFood MAW-Serie. Diese erfüllen bereits alle rechtlichen Anforderungen in Europa und eignen sich damit für Verpackungen von Lebensmitteln im Direktkontakt. Als derzeitiges non plus ultra der Druckfarben für Lebensmittelverpackungen wurden – bisher ausschließlich von Epple – migrationsunbedenkliche Farben entwickelt. Die BoFood MU und die für die KBA Rapida optimierte SensPrint MU-Farbserien enthalten Lebensmittel oder Lebensmittelzusatzstoffe als einzige potentiell migrierende Bestandteile. Im unwahrscheinlichen Fall eines Stoffüberganges, handelt es sich nur um einen geruch- und geschmacksneutralen sowie unbedenklichen Übergang eines Lebensmittels. Das gleiche Bindemittel gewährleistet ein schnelles Wegschlagen der Farbe und eine sehr gute Verdruckbarkeit. Die BoFood MU- und die SensPrint MU-Farbserien erfüllen damit nicht nur alle derzeit bestehenden, sondern auch die für die Zukunft absehbaren rechtlichen Anforderungen, sowie die Anforderungen des Lebensmittelmarktes.

Durch die Verarbeitung exakt spezifizierter und optimierter Rohstoffe, einer lückenlosen Eingangskontrolle sowie spezieller Verarbeitungsvorschriften sichert Epple einen sicheren Herstellungsprozess der Farbserien. Jede Produktionscharge wird vor der Abfüllung auf Migrationsunbedenklichkeit geprüft. Daneben sorgt der Farbenhersteller für eine professionelle Prozesseinführung von der drucktechnischen Betreuung über Rezepturanpassungen, das Einrichten einer Farbdatenbank bis hin zur Unterstützung bei Auditierung und Zertifizierung der Druckbetriebe.

Performance und Wirtschaftlichkeit im Verpackungsdruck waren das Thema des Vortrages von Jürgen Veil, Leiter Marketing und Produktmanagement Bogenoffsetmaschinen bei KBA. Er präsentierte dabei zwei Schwerpunkte – Konzepte zur Rüstzeitsenkung für den Verpackungsdruck an der Rapida 106 im weit verbreiteten Mittelformat sowie Neuheiten im großformatigen Bogenoffset. Bei den DriveTronic-Komponenten im Mittelformat bietet schon die ziehmarkenfreie Anlage (Sensoric Infeed System) viele Vorteile für den Verpackungsdruck: Sie arbeitet einstellungs- sowie markierungsfrei und reduziert so die Rüstzeiten. Sie lässt eine Streuung bis +/- 7 mm und dadurch viel mehr als jedes andere Ziehsystem zu. Das reduziert die Stopperanfälligkeit deutlich. Und es gibt keine Vorderkantenfehler mehr, da die Bogen nicht seitlich gezogen werden und damit nicht mehr verreißen. Der simultane Druckplattenwechsel DriveTronic SPC beschleunigt den Rüstprozess durch den Plattenwechsel in „Null“ Minuten, denn weitere Rüstprozesse laufen parallel. DriveTronic Plate Ident sorgt dabei für maximale Prozesssicherheit: durch die Plattenerkennung beim Wechselprozess, durch die Vorregister-Einstellung, durch eine Plausibilitätskontrolle zwischen Druckauftrag und Platte.

Mit CleanTronic Synchro bietet KBA das parallele Waschen von Druck- und Gummizylindern sowie Walzen an – an SPC-Maschinen sogar parallel zum Plattenwechsel. Das führt zu einer weiteren Rüstzeitverkürzung um knapp 30 Prozent. Das synchrone Waschen von Gummi- und Druckzylinder bzw. der Gummizylinder mit zwei Waschbalken ist auch im Großformat möglich. Selbst wenn nur die Gummitücher gewaschen werden, wird wertvolle Druckzeit gewonnen.
Im Großformat dauert der komplette Plattenwechselprozess inklusive der Nullstellung der Register ca. 2,5 Minuten. Der automatisierte Lackplattenwechsel an den Rapidas ist wesentlich schneller als bei vergleichbaren Maschinen. Kleine Details haben oft eine große Wirkung auf die effektive Druckzeit. So beschleunigen Farbkastenfolien die Reinigungszeit bei Farbwechseln immens. Einen wertvollen Beitrag für die Umwelt leistet das besonders energieeffiziente Trocknersystem VariDryBLUE. Durch die Rückführung ungesättigter Heißluft reduzieren sich Heizleistung und Abluftvolumen. Neben geringeren Kosten steht am Ende eine deutlich bessere CO2-Bilanz. Mit Nonstop-Automatiken an Anleger und Auslage sowie Logistik-Systemen für den automatischen Bedruckstoff-Transport werden die Rapidas zu hoch effizienten und wirtschaftlichen Verpackungsdruckmaschinen.

Zur Fachtagung gab KBA auch den Einstieg in das Verbrauchsmaterialgeschäft offiziell bekannt. Unter der Marke KBA PressConsum sind ab sofort Druckchemikalien, Gummitücher, Farben und viele weitere Produkte für Bogenoffsetmaschinen verfügbar, die geprüft, im Rahmen von Benchmark-Tests ausgewählt und zusammen mit den Herstellern weiter optimiert wurden. Einige KBA-Anwender haben die Produkte bereits erfolgreich getestet. Auch im KBA-Kundenzentrum, bei der Maschinenabnahme, auf Messen und beim Druckertraining kommen sie zum Einsatz. Dadurch können eventuelle Qualitätsschwankungen rechtzeitig erkannt und beseitigt werden. Ein Highlight für Verpackungsdrucker ist die migrationsunbedenkliche Farbserie SensPrint MU, die von Epple exklusiv für KBA produziert wird.
Alle Rapidas im Mittel- und Großformat für europäische Kunden verfügen über ein PressConsum-Starterkit. Per Bestellformular kann problemlos Nachschub geordert werden. Im Hinblick auf die für eine schnelle und reibungslose Versorgung notwendige Logistik startet KBA mit dem Consumables-Vertrieb in Deutschland, Österreich und Belgien. Weitere Länder sollen Schritt für Schritt hinzukommen.

Nach der Theorie folgte die Praxis. Die Fachbesucher konnten im Kundenzentrum das perfekte Zusammenspiel der Produkte der drei beteiligten Firmen live verfolgen. Auf einer höher gesetzten und mit automatisierter Stapellogistik ausgestatteten Rapida 106 wurde zunächst ein Veranstaltungsplakat auf dem GT-Karton Twin Coat 350 g/m2 produziert. Anschließend wurde die Maschine schnell auf eine Süßwaren-Faltschachtelverpackung mit den vier Skalenfarben, Gold und Dispersionslack umgestellt. Eine knappe Stunde lang liefen 18.000 Bogen von sieben Paletten mit hoher Geschwindigkeit und automatischen Stapelwechseln durch die Maschine.
Dieser Ablauf wiederholte sich im Großformat. Die Rapida 142 druckte zuerst ein Plakat und dann in der Farbbelegung Euroskala mit Sonderfarbe grün und Dispersionslack eine Tiefkühlverpackung auf einem 400 g/m2- GD2-Karton Multiprint. Auch hier kamen neben Nonstop-Systemen Logistikkomponenten für den Bedruckstofftransport zum Einsatz. Insgesamt standen für eine Produktionsstunde zwölf Stapel mit 15.000 Bogen zur Verfügung. Auf beiden Maschinen lief die migrationsunbedenkliche Verpackungsdruckfarbserie SensPrint MU.

www.kba.com
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