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Organische und gedruckte Elektronik

Gedrucktes Array mit adressierbarem nichtflüchtigen Speicher und Transistor-Logik als Beispiel für die Systemintegration der organischen Elektronik. (Bild: Thinfilm und PARC)

Freitag 06. September 2013 - Kunststoffe mit einstellbaren Werkstoffeigenschaften, formstabil als Thermo- oder Duroplast oder Elastomer, Folie oder Beschichtung, granular oder geschäumt, sind von einfachen Gebrauchsgegenständen bis zu konstruktiv anspruchsvollen Strukturelementen in Fahrzeugen und Bauten ein unabdingbarer Teil unserer Lebenswelt. Nun erweitert sich diese strukturelle Vielseitigkeit der Kunststoffe um eine weitere Dimension: Sie dienen mit geeigneter molekularer Konfiguration auch als elektrische Leiter und Halbleiter (wenngleich mit noch eingeschränkter Mobilität der Ladungsträger).

Sie fungieren damit als Systemkomponenten der „organischen und gedruckten Elektronik“. Organisch deswegen, weil ihre Transistoren, Sensoren und Leuchtdioden nicht auf Silizium oder Galliumarsenid basieren, sondern auf Kohlenstoff-Derivaten. Gedruckt, weil sie als flächiges Schaltungsmuster mit Strukturfeinheiten von einigen zehn Mikrometern mit gängigen Massendruckverfahren (Flexo, Siebdruck, Inkjet) „von der Rolle“ auf flexible, auch transparente Substrate druckbar ist.

Damit erhält man elektronisch oder photonisch funktionalisierte Oberflächen, dreidimensional auf allen möglichen Objekten, auch auf Textilien. Sie bilden kapazitive Touch-Sensoren, großflächige Leuchtfelder mit OLEDs (organische Leuchtdioden), Messfühler und Detektoren für Umwelt- oder medizinisch relevante Daten wie Temperatur oder Feuchte. Sie arbeiten als organische Solarzellen. Oder als flache, gedruckte Batterien für miniaturisierte Geräte. Das ermöglicht neue, exotische Applikationen in „smarten“ Objekten und deren Vernetzung im „Internet der Dinge“.

Die neue (fünfte) Edition der Roadmap der OE-A (Organic and Printed Electronics Association), einer Arbeitsgruppe im VDMA mit über 220 Mitgliedern weltweit, verdeutlicht den Stand und die Trends der organischen Elektronik über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Zum Massenmarkt gediehen sind kleine OLED-Bildschirme in Handys und Smartphones. Dies hat der organischen Elektronik im letzten Jahr ein Umsatzvolumen von knapp 9 Mrd. USD verschafft. Bis 2025 soll daraus ein Jahresmarkt von 200 Mrd. USD werden. Farbstarke und kontrastreiche OLED-Bildschirme für 55″ Fernseher sind erhältlich (z. B. von Samsung und LG), allerdings noch zu Verkaufspreisen um 10.000 USD.

Auch die E-Reader von Amazon oder Sony mit „elektronischem Papier“ von E-Ink sind wegen des energetisch günstigen, bistabilen Anzeigeprinzips der elektrophoretischen Displays populär. Sie eignen sich im Wesentlichen zur Darstellung statischer Inhalte wie Buchseiten.

Der nächste Entwicklungsschritt bringt leichtere, flexible, vielleicht sogar aufrollbare E-Reader und Tablets ohne die schweren Deckgläser. Am weitesten ist die Firma Plastic Logic, die „Backplanes“ aus organischen Dünnfilmtransistoren (OTFT) herstellt, also der Aktivmatrix zur individuellen Ansteuerung der Pixel.

Was die Entwicklung der organischen Photovoltaik und Anzeigetechnik derzeit bremst, ist ihre hermetische Einkapselung gegen den atmosphärischen Wasserdampf, der ihre Elektroden korrodiert und die Lebensdauer verkürzt. Die Lösung sind auflaminierte Barriere-Folien. Bestens geeignet erscheinen transparente Schichten aus amorphem Siliziumdioxid (Tonerde).

Die Treiber der Applikationsentwicklung finden sich in der Automobil- und Pharmaindustrie, der Consumer-Elektronik und in „smarten“ Verpackungen für Lebensmittel, Medikamente und andere Konsumartikel. Smarte Verpackungen können mit billig ein- oder aufgedruckten Funk-Etiketten (RFID-Tags) die Warenwirtschaft effizienter gestalten und dem Verbraucher über dynamisch aktualisierte Anzeigefelder das Verfallsdatum nennen, auf unterbrochene Kühlketten empfindlicher Güter verweisen oder die Authentizität hochwertiger Artikel durch die Anbindung an rückverfolgbare Lieferketten garantieren.

In Autos der Premium-Klasse kommen als nächster Schritt organische Displays und Touch-Sensoren als Ersatz der mechanischen Anzeigen und Schalter. Dann komplexe Rückfahrscheinwerfer mit OLEDs, unter anderem von Audi, um die heutigen LED-Leuchten energiesparend zu ersetzen.

OLED-Lichtquellen stehen in Konkurrenz zu den etablierten LEDs und Halogenlampen. Sie versprechen ein großflächig gleichmäßig emittiertes, dynamisch farbsteuerbares Licht, und sie können architektonisch attraktiv auf die Oberflächen vertrauter Objekte im häuslichen Bereich aufgebracht werden.

Die organische Photovoltaik (OPV) ist bereits kommerziell verfügbar, zur lokalen Versorgung mobiler Daten- und Consumergeräte. Langfristig stehen auch Anwendungen in der Außenhülle von Fahrzeugen und Gebäuden (BIPV, building integrated photovoltaics) in Aussicht.

Als Systemkomponenten liegen gedruckte Datenspeicher vor, in Gestalt der ferroelektrischen, nicht-flüchtigen Speicherfolien des finnischen Herstellers Thinfilm. Sie lassen sich mit einer beim kalifornischen Auftragsforscher PARC entstandenen Transistor-Logik zu software-adressierbaren Speicherbausteinen kombinieren. Mit einem gedruckten Thermistor als Temperaturfühler und einem Anzeigefeld nebst gedruckter Batterie wird daraus ein komplettes Messsystem.

Gedruckte Batterien stehen bei der Systemintegration ebenfalls im Fokus. Sie lassen sich mit Anzeige- und Leuchtfeldern, Touch-Sensoren und Solarzellen in Verpackungen, Textilien und andere Gebrauchsgegenstände integrieren – auf einer neuen Ebene der Wertigkeit und Funktionalität.

Innovationen zum Thema „organische und gedruckte Elektronik“ werden auch auf der K 2013, der weltweit bedeutendsten Fachmesse für die Kunststoff- und Kautschukindustrie vom 16. bis 23. Oktober in Düsseldorf, zu erleben sein und ihr Zentrum im Pavillon Printed Electronics Products and Solutions haben. Dort werden sowohl Drucktechnologien als auch funktionalisierte Oberflächen wie RFID-Lösungen, flexible Displays und OLEDs eine Plattform bekommen, um Fachbesuchern aus Verarbeiter- und Anwenderindustrien präsentiert zu werden.

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