Verpackung
Konventionell, HR, LED oder Inert?
Dienstag 28. Januar 2014 - KBA präsentiert beim druckforum 2014 innovative UV-Verfahren im Bogenoffset
Unter dem Titel „UV-Trocknung im Bogenoffset: konventionell, HR, LED, Inert…“ stellte KBA auf dem diesjährigen Druckforum das breite Spektrum bekannter und neuer Technologien für die UV-Produktion im Bogenoffset vor und berichtete praxisorientiert über die Vorteile und Grenzen der neuen UV-Trocknungsverfahren für den Anwender.
Wie in den Vorjahren moderierte KBA-Marketingdirektor Klaus Schmidt den Veranstaltungsabend. Er begann mit einem Überblick über die Marktsituation und die aktuellen Entwicklungen bei KBA. Dirk Winkler, Bereichsleiter Drucktechnik im KBA-Werk Radebeul, erläuterte diverse UV-Technologien. Heike Hellmann, Betriebsleiterin und Prokuristin der Seufert Transparente Verpackungen GmbH in Rodgau bei Frankfurt am Main, sprach als Anwenderin über die UV-Produktion in ihrem Unternehmen.
Wachstumsmarkt Verpackung
Durch strukturelle Veränderungen und neue Medien bleibt Print weiter unter Druck, erläuterte Klaus Schmidt. Das veränderte Medienverhalten kostet Printvolumen und Werbegelder. Der klassische Offsetdruck verliert Marktanteile an den Digitaldruck und muss versuchen, seine Stärken im Wettbewerb der Medien und Verfahren einzubringen. Eine davon ist die hohe Qualität und die mögliche Inline-Veredelung offsetbedruckter Produkte. Anders als medienorientierte Druckprodukte werden Verpackungen in unterschiedlichster Form vom Internet bisher relativ wenig tangiert. Sie bieten neben dem Bogenoffset, dem Flexodruck und anderen analogen und digitalen Verfahren noch Wachstumsperspektiven. Im Bogenoffset ist KBA im Verpackungssegment bei Faltschachteln schon heute gut positioniert. Die kürzliche Übernahme der italienischen Flexotecnica öffnet dem zweitgrößten Druckmaschinenhersteller der Welt den wachsenden Markt für flexible Verpackungen. Durch die Mehrheitsbeteiligung von KBA an der Kammann Maschinenbau GmbH kommt der interessante Nischenmarkt Glas-Direktdekoration und zusätzliches Know-how im industriellen Siebdruck inklusive der Zuführung unterschiedlich geformter Hohlkörper dazu. Im klassischen Bogenoffset haben die KBA Rapidas eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen. Und in der Verfahrenstechnik verfügt KBA Radebeul über großes Know-how und eine jahrzehntelange Erfahrung im UV-Bereich. Über 20 Prozent der heute ausgelieferten KBA Rapidas sind UV-Anlagen.
Energiesparende KBA VariDryBLUE-Trocknertechnologie
Laut Dirk Winkler sind IR/TL-Trockner für wasserbasierte Lacke an Bogenoffsetmaschinen immer noch am häufigsten zu finden. Die KBA VariDry IR/TL-Trocknermodule können als Zwischen- oder Endtrockner eingesetzt werden. Gegenüber herkömmlichen Trocknersystemen erlaubt die von KBA entwickelte VariDryBLUE-Trocknertechnologie eine Energieeinsparung von bis zu 50 Prozent, da die eingesetzte Trockenluft wiederverwendet wird. Dadurch verringern sich Abluftvolumen, Stromverbrauch und Pudereinsatz. In Hybridmaschinen kommen IR/TL/UV-Kombinationstrockner zum Einsatz. Sie ermöglichen die flexible Nutzung von konventionellen oder UV-Farben bzw. -Lacken. Auch hier ist die energieeffiziente VariDryBLUE-Variante verfügbar.
UV-Moduldesign bringt viele Vorteile
Die Anforderungen an den UV-Druck sind heute vielfältig: Hohe Maschinenleistung bei hohem Veredelungsgrad und keine Migration bei Lebensmittelverpackungen lauten einige Kernforderungen. Gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe sind tabu. Die Bogen müssen trocken, d. h. ausreichend polymerisiert sein und der Gesamtprozess standardisiert. Mit den seit der drupa 2012 eingesetzten VariDry UV-Modulen von KBA werden diese Forderungen erfüllt. Sie lassen sich dank ihrer einheitlichen Mediensteckverbindungen variabel als End- und Zwischentrockner einsetzen und zwischen den einzelnen Einschubschächten schnell tauschen. Daneben sind in den Modulen Leuchtmittel für unterschiedliche UV-Technologien (Quecksilber, eisen-, galliumdotiert und ozonfrei) einsetzbar. Durch die Halbierung der Standby-Leistung, die Reduzierung von Streu- und IR-Strahlung sind sie zudem sehr energiesparend. Ein Sensor misst die UV-Leistung direkt am Strahler und zeigt sie am ErgoTronic-Leitstand an. So lässt sich ihre Lebensdauer verlässlich einschätzen und die Qualitäts- und Produktionssicherheit gut überwachen.
Die Wellenlänge von galliumdotierten Quecksilberstrahlern ist exakt auf die Produktion mit Deckweiß abgestimmt. Bei den ozonfreien UV-Strahlern absorbiert eine spezielle Glaslegierung die kurzwellige UV-Strahlung und vermeidet Ozon. Ihr Wirkungsgrad ist allerdings etwas geringer. Aufgrund der Reaktionsprodukte ist daneben eine wirksame Absaugung erforderlich.
HR-UV bringt dem Akzidenzdrucker Vorteile
Bei der hochreaktiven UV-Technologie (= HR-UV bei KBA bzw. LE-UV bei einem anderen großen deutschen Hersteller) kann der Energieaufwand zum Trocknen deutlich reduziert werden. Es entsteht kein Ozon, eine Absaugung ist nicht notwendig. Auch die Geruchsbildung durch den Papierstrich reduziert sich durch den geringeren Wärmeeintrag. Sinnvoll ist HR-UV vor allem im Akzidenzdruck bei kleinen Auflagen und kurzen Lieferzeiten. Die sofortige Farbtrocknung ermöglicht eine schnelle Weiterverarbeitung, hohe Glanzpunkte und ein breiteres Produktspektrum. Bei Vier- oder Fünfwerkemaschinen ersetzt HR-UV ein Lackwerk für Schutzlackierungen und reduziert den Pudereinsatz. Bei Vier- bis Sechsfarbenmaschinen mit Lackturm erweitert HR-UV das Angebot einer Akzidenzdruckerei um Hochglanzlackierungen mit UV-Lack. In hoch produktiven Acht- oder Zehnfarbenmaschinen mit Wendung kann HR-UV die Lackwerke vor und nach der Wendung ersetzen. Dies bedeutet erhebliche Einsparungen bei den Investitions- und Energiekosten. Die beidseitig bedruckten Bogen können dennoch sofort weiterverarbeitet werden.
Die HR-UV-Strahler verfügen über spezialdotierte Quecksilberlampen, die exakt auf die hoch reaktiven Farben abgestimmt sind. Ein Modul trocknet bis zu fünf nass-in-nass gedruckte Farben. Der Lampenwechsel kann dank KBA-eigenem Plug-In-System werkzeugfrei durch den Bediener erfolgen. Die VariDry HR-UV-Module sind ebenfalls flexibel in der Maschine einsetzbar. Der Reinigungsaufwand reduziert sich sowohl in der Bogenmaschine als auch in der Weiterverarbeitung, da angetrocknete UV-Farbe, Lackreste und Puder nicht mehr entfernt werden müssen.
Inzwischen nutzen schon eine ganze Reihe von Rapida-Anwendern HR-UV in der täglichen Produktion. So beispielsweise der belgische Akzidenzdrucker Albe de Coker in der Nähe von Antwerpen. Bei Atar Roto Presse im schweizerischen Satigny gehen im Sommer zwei Rapida 106-Anlagen mit HR-UV und insgesamt 18 Druck- und Veredelungswerken in Produktion.
LED-UV: Verfahren mit Zukunftspotenzial
In UV-LED-Modulen erfolgt die Strahlung nur in einer Wellenlänge. Es gibt keinen IR-Anteil und keine Erwärmung. Abgestimmte Materialien sorgen für eine sichere Trocknung. Die Trockner sind langlebig, wartungsarm und benötigen nur wenig Energie. Zudem lassen sie sich auf die genutzte Formatbreite und -länge einstellen. Aufwärmphasen und Standby-Betrieb gehören der Vergangenheit an. Es ist keine Abluftabsaugung notwendig, es entsteht kein Ozon. Die hohen Investitionskosten und der eingeschränkte Wirkungsgrad bremsen derzeit noch den Praxiseinsatz. KBA hat die UV-LED-Trocknung bereits zur drupa 2012 präsentiert. Im KBA-Druckzentrum wird das innovative Trocknungsverfahren an einer Achtfarben-Rapida 105 mit Wendung immer wieder präsentiert. Häufig wird die Maschine für Vergleichsdrucke mit HR-UV und UV-LED auf einem Bogen genutzt. Interessenten können so die Wirkung beider Verfahren direkt vergleichen.
Inert-UV für edle Verpackungen
Ein weiteres interessantes Verfahren ist der Inert-UV-Prozess. Hier wird der atmosphärische Sauerstoff durch Stickstoff ersetzt. Im Bogenoffset galt die Inertisierung bisher als schwierig, da durch die Greifersysteme und Zylinderkanäle viel Sauerstoff in die Trockenkammer gelangte. KBA hat dieses Problem mit einem Saugzylinder (AirTronic-Drum), abgesenkten Greifern und geschlossenen Zylinderkanälen gelöst. Durch weniger spezifische Fotoinitiatoren erfolgt die Vernetzung besser und vollständiger als bei anderen Trocknungsverfahren. Das Migrationsrisiko ist erheblich reduziert, ebenso Geruch und Energieeintrag. Allerdings müssen Farben, Lacke und Silikone auf die Inert-Kammer und das UV-System abgestimmt sein. Es muss eine konstante Stickstoffversorgung erfolgen und die Anforderungen besonders hinsichtlich Restsauerstoff und Leistung exakt definiert werden. Ein Beispiel für die Nutzung der Inert-Trocknung ist die mit 19 Druck- und Veredelungswerken bisher längste Bogenoffsetmaschine, eine Rapida 106 bei Amcor Tobacco Packaging in Rickenbach/Schweiz.
UV-Spezialist mit neuer KBA Rapida 106
Das von Heike Hellmann beim druckforum vertretene Unternehmen Seufert Transparente Verpackungen gehört seit vielen Jahren zu den Anwendern von UV-Systemen. Seufert produziert Klarsichtverpackungen wie Klarfaltboxen, Klarsichthüllen, Stanzzuschnitte, Stülpdeckel, Tiefziehteile und andere Spezialitäten mit dem Ziel, nicht nur den Inhalt zu schützen, sondern ihn gleichzeitig sichtbar und interessant zu machen. Da Seufert die Kunststoffe in seinem Schwesterwerk „Folienwerk Wolfen“ produzieren lässt, können jederzeit neue und individualisierte Werkstoffe zum Einsatz kommen. Standard sind PET, PP, PVC und PLA, die im Sieb- und Offsetdruck bedruckt und durch Hoch-, Tief- und Heißfolienprägung veredelt werden.
Seit dem Jahreswechsel 2011/2012 setzt das Unternehmen eine Rapida 106 mit Lack- und Trockenturm, sechs Druckwerken, einem weiteren Lackturm und Auslageverlängerung ausschließlich in der UV-Produktion ein. In der Praxis bestätigt sich lt. Heike Hellmann das leichte Handling und die hohe Flexibilität der Rapida durch die Wechselmodule. Dass die UV-Leistung am Leitstand angezeigt wird, ist ein weiteres „Plus“, denn die Strahlerleistung kann exakt auf den Bedruckstoff und das Druckbild abgestimmt werden. Daneben ist die spätere Umrüstung auf UV-LED möglich. Neben der höheren Druckleistung sind mit der Rapida 106 und ihren beiden Lackwerken viele unterschiedliche Effekte erzielbar. Auch die DriveTronic-Lacktürme mit automatischem Rasterwalzen- und Lackformwechsel parallel zu anderen Rüstprozessen sowie die ziehmarkenfreie Anlage (DriveTronic SIS) haben sich nach Aussage der Anwenderin als optimal für die Produktion mit transparenten Folien bewährt.