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Die PUR-Lücke geschlossen

Lorenz Cajochen (links), Leiter Technik/Produktion Kundendruck bei der Südostschweiz Presse und Print AG in Chur: «Für unser Investitionsbudget war der Pantera mit PUR-Erweiterung genau die richtige Lösung.» Rechts Alfred Deflorin (Abteilungsleiter Buchbinderei), in der Mitte Richard Hofer (Verkaufsleiter Müller Martini Schweiz).

Montag 26. Mai 2014 - Auf Hotmelt ausgerichtete Klebebindelinien werden nicht selten auf PUR nachgerüstet - so auch der Pantera bei der Südostschweiz Presse und Print AG im schweizerischen Chur.

Weil auf dem Starbinder von Müller Martini nur Hotmelt-Produktion möglich war, musste die Südostschweiz Presse und Print AG bis vor knapp einem Jahr sämtliche PUR-gebundenen Softcover-Produkte auswärts fertigen lassen. Was sich laut Lorenz Cajochen, Leiter Technik/Produktion Kundendruck im Churer Unternehmen, in zweierlei Gründen auswirkte: «Zum einen hat insbesondere seitens unserer Kunden von hochqualitativen Imagebroschüren und Geschäftsberichten die Nachfrage nach PUR wegen des besseren Aufschlagverhaltens der Printprodukte zugenommen. Und zum andern konnten wir nicht die ganze Wertschöpfungskette im eigenen Haus behalten.» Um diese Lücke zu schliessen, installierte die Südostschweiz Presse und Print AG deshalb an Stelle des Starbinders einen Secondhand-Pantera. «Er eignet sich ideal für unsere Auftragsstruktur, passt vom Layout her genau in unsere beschränkten Platzverhältnisse, und nicht zuletzt stimmte es auch vom Preis her», begründet Lorenz Cajochen den Investitionsentscheid für den Klebebinder von Müller Martini.

Upgrade auch beim Dreischneider
Allerdings: Weil der Pantera mit Baujahr 2008 ursprünglich nur für Hotmelt-Produktion ausgerichtet war, wurde er nach dem Umzug nach Chur – Stichwort MMUptodate – auf PUR umgerüstet. «Natürlich muss man genau kalkulieren», so Lorenz Cajochen, «ob man eine neue Anlage kaufen oder eine gebrauchte mit zusätzlichen Funktionen updaten will. Für unser Investitionsbudget war der Pantera mit PUR-Erweiterung jedenfalls genau die richtige Lösung.» Und so bindet die Südostschweiz Presse und Print AG heute all ihre Produkte ausschliesslich im PUR-Verfahren und muss deshalb nicht laufend das Leimbecken reinigen.

Dass die Qualität der in Chur produzierten Softcover-Bücher und -Broschüren mit Inbetriebnahme des mit einer 14-Stationen-Zusammentragmaschine (mit Bogenartenkontrolle Asir 3) gekoppelten Pantera gestiegen ist, liegt auch am neuen Dreischneider. Diesen übernahm die Südostschweiz Presse und Print AG nämlich nicht vom Vorgängerbetrieb, sondern entschied sich für einen Secondhand-Zenith. Er sorgt nun für einen sauberen Drei-Seiten-Schnitt, wonach die Produkte im CB 16 gestapelt werden.

Zusätzlich haben die Müller Martini-Techniker auch diverse Anpassungen vorgenommen – beispielsweise die Rillwalzen beim Umschlaganleger – und einige Verschleissteile ersetzt.

Für Fotobücher ist PUR ein Muss
Dass bestehende Klebebindeanlagen für die Fertigung mit Polyurethan-Klebstoff erweitert werden, liegt nicht nur am Druck von Verlagen und deren Endkunden, sondern in gewissen Ländern – insbesondere in wärmeren Gefilden – auch an gesetzlichen Vorschriften. So verlangt beispielsweise die brasilianische Regierung, dass Schulbücher zwecks längerer Haltbarkeit PUR-gebunden werden. Die von PUR garantierte hohe Thermostabilität (bezüglich Wärme ebenso wie Kälte) ist nicht zuletzt auch für in Autos platzierte Broschüren wie Handbücher oder Reiseführer gefragt.

Für Softcover-Produkte mit gestrichenen Papieren oder für Papiere mit wenigen Holzfasern ist PUR gar ein Muss. «So geht bei Fotopapier gar nichts ohne PUR», sagt Rudolf Graf, Product Manager bei Müller Martini Buchbinde-Systeme. «Und die Auftraggeber von Prestige-Produkten, wie man sie beispielsweise aus der Automobil- oder Uhrenindustrie kennt, verlangen gute Pull-Werte. Diese sind mit dem für PUR charakteristischen dünneren Leimauftrag wesentlich besser zu erreichen. Kurzlebigere Produkte wie Wochen- oder Monatszeitschriften werden hingegen meistens mit Hotmelt gebunden.»

Düsensysteme als Katalysator
Seit der Einführung in den 90er-Jahren ist die Popularität von PUR nicht zuletzt auch deshalb gewachsen, weil sich die Klebstoffe laufenden verbessert haben. Als PUR-Katalysator gewirkt haben auch die Düsensysteme, die auch Müller Martini für seine Klebebinder anbietet. «Sie haben mehrere Vorteile», sagt Rudolf Graf. «Sie eignen sich bestens für einen dünnen Leimauftrag. Die Viskosität bleibt immer gleich. Die Reinigung ist viel speditiver, weil es nach dem Abschalten kein Leimbecken mit Restleimfilm und damit auch keinen Abfall gibt. Das geschlossene Kreislauf-System sorgt für eine hohe Produktionsgeschwindigkeit und verhindert ein Entweichen von Dämpfen. Weil sich die Rüstzeiten verkürzen, damit die Produktivität steigt und weniger Leim verbraucht wird, sparen die Buchbinder auch Kosten.»

Nachrüsten relativ einfach
Das Nachrüsten mit PUR ist laut Rudolf Graf «relativ einfach: Müller Martini liefert das neue PUR-Equipment, und das PUR-Becken respektive die Düse wird in den Unterbau des Klebebinders eingeschoben. Dazu kommen der Premelter und die Vorheizstation. Für diese Neuinstallationen benötigen wir in der Regel zwei Tage, dazu kommt eine allfällige Schulung.»

Die Dimensionen der Klebebindelinie bleiben erhalten – bis auf die Kühlstrecke. Rechnet man für Hotmelt rund 60 Sekunden, so werden für PUR 90 Sekunden benötigt. Um die Kühlstrecke gegebenenfalls zu verlängern, müssen entweder die Bänder verlängert oder die Produktionsgeschwindigkeit verringert werden.

Wie schnell sich der PUR-Ausbau einer bestehenden Linie im Sinne eines Return on Investment im Vergleich zu einer Neuinvestition rechnet, kann laut Rudolf Graf nicht pauschal beurteilt werden. «Dies muss je nach Klebebinder-Typ oder Auftragsvolumen individuell kalkuliert werden.»

www.mullermartini.com
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