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Verpackung

Faltschachtelhersteller begutachten alternative Fertigungstechnologien

FFI Delegation auf Israel-Studienreise

Samstag 09. Dezember 2017 - Eine 13-köpfige Delegation aus FFI Mitgliedsunternehmen hat im Rahmen einer sechstägigen Israel Studienreise im Oktober 2017 vier Partnerunternehmen aus dem Bereich Digitaldruck und digitale Weiterverarbeitung besucht, um einen aktuellen Eindruck über den Entwicklungsstand und die Marktreife bei diesen alternativen Fertigungstechnologien für die Faltschachtelherstellung zu gewinnen.

Die Besuche der FFI Mitglieder in den Forschungs- und Entwicklungszentren sowie den Produktionsstätten der Unternehmen HP Indigo, LANDA Digital Printing, Highcon und Scodix wurden ergänzt durch Live-Demonstrationen der neuen digitalen Fertigungstechnologien bei zwei israelischen Faltschachtelherstellern.

Digitale Herausforderungen
Die Israel Studienreise geht zurück auf eine Initiative von Vorstand und Beirat des FFI, da die Digitalisierung des Drucks, der Weiterverarbeitung und der Veredelung seit einigen Jahren schon in den Gremien des FFI zu einem viel diskutierten Thema gehören. Die nationalen und internationalen Segment-Märkte der Faltschachtel-Industrie verändern und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Kleinauflagen, Individualisierung und Serialisierung sowie immer kürzere Auftragszeiten markieren einige der Herausforderungen für die hiesige Industrie jetzt und in der Zukunft. Eine Lösung auf diese Herausforderung wird allenthalben im Digitaldruck gesehen. Gleichwohl gilt es aber, digital gedruckte Faltschachtel auch adäquat „digital“ weiter zu verarbeiten und zu veredeln. Diese Umstände waren für Vorstand und Beirat des FFI Grund genug, mit einer Studienreise nach Israel eine weitere Plattform für den Informations- und Erfahrungsaustausch insbesondere auch mit den Anbietern solcher Technologien zu schaffen.

Digitale Fertigungstechnologien
Zum Auftakt der Studienreise besuchte die FFI Delegation die Highcon Systems Ltd. in Yavne, die schon einige deutsche Kartonverarbeiter zu ihren Kunden zählt. In den Präsentationen und Live-Demos der Highcon EUCLID III und Highcon BEAM im Highcon Technology Center ermöglichten die Unternehmens-repräsentanten, angeführt von Aviv Ratzman, CEO & Co-Founder, und Miki Zimmer, COO & Co-Founder, den FFI Mitgliedern tiefe Einblicke in die technischen Aspekte des Laser-Schneidens und Rillens und erläuterten eingehend ihre, bei der Entwicklung der optimalen Rillinien gewonnenen Erkenntnisse. In einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung seien trotz einer durchschnittlich geringeren Maschinenleistung im Vergleich zur konventionellen Stanz- und Rilltechnik die schnelle Verfügbarkeit der Rillwerkzeuge und die moderaten Werkzeugkosten für kleine Aufträge, die man mit der Highcon-Verarbeitungstechnologie im Fokus habe, als vorteilhaft zu bewerten. Blindprägungen seien allerdings mit dieser Rilltechnologie nicht herstellbar. Für eine solche Funktionalität bestanden keine Kundenanforderungen, weshalb Highcon die Entwicklung dieser Technologie nicht forciert habe.

Wie die FFI Delegierten in der Diskussion herausstellten, sei selbstverständlich die Performance von Faltschachteln, die mittels jeglicher Technologie hergestellt werden, auf den Abpack-Linien (Schnellläufer) der Konsumgüterindustrie von entscheidender Bedeutung. Diese Abpackgängigkeit müsse für die unterschiedlichsten Faltschachtelkarton-Qualitäten gewährleistet werden.
In diesem Zusammenhang erläuterte Highcon sein „Substrate Qualifying Programme“ zur Zertifizierung verschiedenster Faltschachtelkartons und seine Verarbeitungsspezifikation „Digital Parametric Rules Building“, die zur Schulung der Kunden durch Highcon zur Verfügung stünden. Schließlich wurde in der Diskussion die hohe Bedeutung von qualitativen Druck- und Stanzdaten sowie eines computeraffinen Bedienerprofils für ein optimales Verarbeitungsergebnis deutlich.

Beim israelischen Faltschachtelhersteller Copy Center in Haifa präsentierten Nigel Tracey, Scodix Head of Packaging, und Assaf Eden, Scodix E106 Project Manager, das digitale Druckveredelungssystem im B1-Format Scodix E106. Die Maschine, die für eine Geschwindigkeit mit bis zu 4.000 Bogen/Stunde ausgelegt ist, wurde speziell für den Faltschachtelmarkt entwickelt und bietet verschiedene Druckveredelungs-Features (Sense, Foil, Spot, etc.) für kleine bis mittlere Auflagen. Technisch interessant ist unter anderem die Lösung, nach der die Passergenauigkeit nicht über eine Verschiebung des Druckbogens in der Bogenführung sondern durch die variable Positionierung der Druckköpfe gewährleistet wird. Die FFI Delegierten zeigten sich beeindruckt von der technischen Lösung, Veredlungseffekte auch über Lackapplikationen realisieren zu können, drückten aber auch ihre Erwartung aus, die Anforderungen an die Scheuerfestigkeit der erhabenen Lackapplikationen in weiteren Verarbeitungsschritten der Faltschachtelherstellung und auf den Abpacklinien der Kunden zu erfüllen.

Zahlreiche Präsentationen und Diskussionen u.a. mit Lilach Aviad, HP Indigo Global Strategic Accounts Folding Carton, und Ariel Sternfine, Product Marketing Manager HP Indigo 30000, zu Trends, Brands und Applikationen sowie eine intensive Beschäftigung mit der Digitaldruckmaschine HP Indigo 30000 für den Faltschachtelbereich standen dann am zweiten Tag des Arbeitsprogramms beim Besuch von HP Indigo in Kiryat Gat auf dem Programm. Das Konzept dieser Digitaldruck Lösung ist getrieben von der These, dass sich der Auflagendruck im Faltschachtelbereich, so wie er sich heute darstellt, zukünftig in Teilen deutlich zu kleineren Auflagen mit hochqualitativen Applikationen, Mass Customerization und Versionierung weiterentwickeln wird. Auch die Anforderungen an Individualisierung und Serialisierung von Verpackungen spielen hier mit hinein. Die Diskussionen wurden ergänzt um eine ausgiebige Besichtigung der verschiedenen Unternehmensteile am Standort. Dazu zählten selbstverständlich das Demo-Center mit einer Live-Vorführung der HP Indigo 30000, die für Auflagen zwischen 300 und 4.000 Druckbögen ausgelegt ist, sowie der Bereich Forschung und Entwicklung, der Produktionsbereich des Druckmaschinenherstellers sowie die Fertigung und Logistik der Druckfarben. Für letztere betreibt der Hersteller zusätzlich einen Back-Up-Standort in Asien. Abgerundet wurde das Tagesprogramm durch Präsentationen anderer Lösungspartner, darunter beispielsweise der deutschen KAMA, ebenfalls Assoziiertes FFI Mitglied, die Weiterverarbeitungsmaschinen im Bereich Stanzen und Kleben für Kleinauflagen anbietet.

Äußerst vielfältig und kompakt stellte sich auch das Programm am letzten Arbeitstag der Studienreise beim Besuch der Landa Digital Printing und der Landa Group in Rehovot dar. Den Auftakt machte eine anschauliche Erläuterung des technischen Digitaldruck Konzepts (Nanography) im Forschungs- und Entwicklungslabor der Landa Digital Printing, gefolgt von Maschinenvorführungen der Modelle S10 und W10 im Demo-Center. Von gleich hoher Transparenz zeigte sich Landa Digital Printing bei den anschließenden Betriebsrundgängen, bei denen Stationen wie das Farblabor, die Qualitätssicherung sowie der Produktionsbereich der Digitaldruckmaschinen auf dem Programm standen. Nicht weit vom Unternehmenssitz entfernt konnte die FFI Delegation zudem beim israelischen Faltschachtelhersteller Graphica Betzalel eine Landa Maschine unter Produktionsbedingungen in Augenschein nehmen.
In verschiedenen Diskussionen mit Top-Repräsentanten der Landa Digital Printing und der Landa Group, u.a. Benny Landa und Yishai Amir, wurde die Philosophie des Unternehmens deutlich, wonach ihre Digitaldruck Lösungen das Unternehmen primär als betriebswirtschaftliche Alternative zum Offset im mittleren Auflagenbereich, denn als zusätzliche Applikation für Individualisierungen oder Serialisierungen im Verpackungsdruck sehen.

Die Teilnehmer der FFI Studienreise waren sich allesamt einig, dass die Offenheit und Transparenz der vier Partnerunternehmen durch den Blick „hinter die Kulissen“ bis hinein in die Maschinen gepaart mit profunden Informationen den FFI Mitgliedern ein tieferes Verständnis von den Lösungskonzepten ermöglicht hat. Hatte man bislang nur Eindrücke z.B. über die PR-Arbeit und Messeauftritte der Hersteller erlangen können, so hat die intensive Beschäftigung und der direkte Dialog mit den Verantwortlichen und Entwicklern vor Ort den FFI Teilnehmern ein umfassendes Verständnis der Technologien und Marktreife verschafft.

Rahmenprogramm
Die gastgebenden Unternehmen sind allesamt tief verwurzelt in der israelischen Kultur. Zum besseren Verständnis der Unternehmensphilosophien und zur Intensivierung des fachlichen und persönlichen Erfahrungsaustausches dienten den FFI Teilnehmern auch ein Eintages-Ausflug nach Jerusalem sowie eine städtebaulich inspirierte Führung durch die vom Bauhaus-Stil geprägte „White City“ von Tel Aviv.

www.ffi.de
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