Verpackung
Neue Materialien, Strategien und Technologien für Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung bei den Digitalen Verpackungstagen des dvi
Donnerstag 10. Dezember 2020 - Das Netzwerk der Verpackungsbranche traf sich vom 2. bis 4. Dezember 2020 im Rahmen der Digitalen Verpackungstage des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi). Über 300 Branchenexperten und Studierende profitierten von Impulsen und konkreten Einblicken zu nachhaltigen Materialinnovationen, Digitalstrategien für den Mittelstand, Recycling von Papierverbunden und preisgekrönten Start-Up-Technologien für Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung. Ein spezielles Matchmaking-Tool bot zudem eine stark genutzte Möglichkeit für den direkten Kontakt der Teilnehmer in persönlichen B2B-Meetings.
„Die Dresdner Verpackungstagung ist seit 30 Jahren eine wichtige Netzwerk- und Informations-Plattform für die Branche. Diesen Charakter konnten wir auch in Corona-Zeiten durch das Format der Digitalen Verpackungstage erfolgreich erhalten“, freut sich dvi-Geschäftsführer und Veranstaltungs-Moderator Winfried Batzke beim Rückblick auf eine „spannende und erfolgreiche Veranstaltung“. Auch wenn das dvi die Branche lieber wie gewohnt in die vorweihnachtliche Elbmetropole geladen hätte, bietet das neue Format laut Batzke auch Vorteile. Dazu gehört, „dass wir dieses Jahr nicht durch die Anzahl der Stühle limitiert waren, und deshalb über 100 Studierenden aus Deutschland und Österreich eine Teilnahme ermöglichen konnten. Das hat sich für alle gelohnt. Während der Nachwuchs von frühen Kontakten und wertvollen Einblicken profitiert, bietet sich für die professionellen Teilnehmer eine geschätzte Möglichkeit, mögliche Mitarbeiter von morgen rechtzeitig kennenzulernen“.
Studierendenpanels am Mittwoch
Zum Auftakt der Digitalen Verpackungstage hatten die Unternehmen Nestlé, Tetra Pak, Jokey, Tchibo und die Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) ihre Nachhaltigkeitsprojekte einem Studierendenpanel präsentiert und zur Diskussion gestellt. „Auch hier ist unser Konzept aufgegangen“, freut sich Batzke. „Die Unternehmen konnten ihre Strategien und Entwicklungen einer jungen Generation vorstellen und von deren Feedback profitieren. Die Studierenden erhielten im Gegenzug spannende Einblicke in die Pläne und Arbeiten führender Unternehmen der Branche.“
Nachhaltigkeit am Donnerstag
In der großen Runde aller Teilnehmer ging es am Donnerstag dann um das Thema Nachhaltigkeit, das aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wurde. Ressourcenschonung, Abfallvermeidung, Kreislaufwirtschaft und Recycling spielten bei den Kurzvorträgen und Start-Up-Präsentationen die Hauptrolle.
So berichtete Michail Ginsburg, Bereichsleiter bzw. Prokurist des zur Schwarz Gruppe gehörenden Entsorgungs- und Umweltdienstleisters PreZero und dessen Tochterunternehmens OutNature über ein neues, nachhaltiges Papier auf Basis der Silphie-Pflanze. Die mehrjährige Pflanze wird bislang vor allem als Energiepflanze für Biogasanlagen genutzt, eignet sich nach Aussage von Ginsburg jedoch auch sehr gut für die Papierherstellung und weißt dabei eine negative CO2-Bilanz auf.
Spannende Einblicke in die Strategie und die praktischen Ansätze für die Entwicklung nachhaltiger Verpackungen gab es im Anschluss von Philipp Keil, Leiter Global Packaging Materials Management der Kneipp-Gruppe. Keil wies gleich zu Beginn seines Vortrags darauf hin, dass es nicht den einen, goldenen Weg gebe. Kreislaufwirtschaft und der Verzicht auf Kunststoff stünden gleichberechtigt im Fokus und müssten sich gerade bei exportorientierten, global agierenden Markenunternehmen ergänzen. Ein zentrales Element für die erfolgreiche Entwicklung nachhaltiger Produkte und Verpackungen ist nach Überzeugung von Keil die enge Kooperation innerhalb der vorgelagerten Kette.
Werner Surholt von den Delkeskamp Verpackungswerken gab den Teilnehmern im Anschluss Einblicke in das Recycling von Papierverbunden. Er zeigte auf, welche Papierverbunde recycelt werden können, wie man zunehmende Mengen und Vielfalt bewältigen kann und welche Rahmenbedingungen verbessert werden sollten.
Fabian Solf, CTO & Co-Gründer des Start-Ups Papair, stellte den Teilnehmern der Digitalen Verpackungstage eine innovative Lustpolsterfolie aus Papier vor, die aus 100 Prozent Recyclingpapier besteht und deshalb vollständig über den Altpapierkreislauf entsorgt und wiederverwertet werden kann.
Christian Schiller, Mitgründer und Geschäftsführer des Start-Ups cirplus präsentierte anschließend seine B2B-Plattform, die zugleich Marktplatz für die Recyclingindustrie und Beschaffungssoftware für Verwender von Kunststoff ist. Nach Auskunft von Schiller können über cirplus Rezyklate in allen Qualitäten sowie in Spot- oder Kontaktmengen beschafft werden.
Eine innovative, digitale Plattform stellte auch Vivian Loftin, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Recyda vor. Das cloudbasierte Bewertungstool prüft Verpackungen auf ihre Recyclingfähigkeit und Konformität für unterschiedliche nationale Märkte weltweit.
Digitalisierungslösungen für die Supply Chain am Freitag
„Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenbringen ist nicht nur ein benanntes Ziel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, sondern bereits seit Jahren ein Anliegen des dvi, das wir auch bei den Digitalen Verpackungstagen in die Praxis umsetzen.“ Mit diesen Worten führte Winfried Batzke die Online-Teilnehmer in den dritten und letzten Tag der Veranstaltung.
Den Anfang machte Adolf Ahrens, Inhaber der Consultingagentur Pack+Print Consulting und Jurymitglied des Deutschen Verpackungspreises 2020. Nach Ansicht von Ahrens ist die Vernetzung von Prozessen und die Einbindung der Verpackung eines der wichtigen Ziele der Digitalisierung. Damit dies gelinge, müsse die Verpackung in allen Prozessen ohne manuelle Unterstützung maschinenlesbar sein, ohne dafür zusätzliche Materialien, Farben oder Recycling-Störstoffe einzusetzen. Außerdem müsse die Lösung bei allen Verpackungen und in allen Drucktechniken umsetzbar sein. Ahrens stellte in der Folge das Digimarc-System, das Projekt Holy Grail 2.0 und das mit dem Verpackungspreis in der Kategorie Digitalisierung prämierte, „Erste maschinenlesbare Verpackungssystem für die Optimierung der gesamten Prozesskette bis zum hochwertigen Recycling“ vor.
Peter Jenkner, Head of EHSR bei ACTEGA, gab im Anschluss spannende Einblicke in die Umsetzung von Digitalisierung in einer mittelständischen Firma. Im ersten Schritt habe man sich um die Kundendatenbank und das CRM gekümmert. Als zweiten Schritt habe man die Produktion auf papierlose Datenübertragung umgestellt und das Datenmanagement weiterentwickelt, damit man die gewonnenen Daten abbilden und mit ihnen arbeiten könne, beispielsweise auch im Bereich Risikoabschätzung bei eingesetzten Rohstoffen. Teil der Digitalisierungs-Initiative bei ACTEGA war nach Auskunft von Jenkner auch der Aufbau einer eigenen Webshop-Plattform, die multifunktional und preistransparent sei und den direkten Zugang aus den kundeneigenen ERP-Systemen erlaube.
Christian Baumann, CEO & Gründer des Start-Ups PackPart, stellte anschließend sein innovatives Matching-Systems für Hersteller von Verpackungsmaschinen und deren Kunden vor. Das System biete eine schnelle, einfache und effiziente Möglichkeit, den richtigen Partner zu finden“, so Baumann. Dafür werde der Kunde zum Start durch einen digitalen Fragebogen gelotst, wo er die notwendigen Spezifikationen eingeben und sein Projekt darstellen könne.
Über Datengewinnung und Energieeinsparungen im Siegelprozess sprach zum Abschluss der Digitalen Verpackungstage Dr. Sascha Bach, Geschäftsführer, Managing Director und CTO von watttron. Die Systeme leisten nach Aussage von Bach beispielsweise dort wertvolle Dienste, wo durch den Einsatz nachhaltiger Monomateriallösungen die Toleranzfenster für das Siegeln immer kleiner werden. Ein weiterer Nutzen der watttron-Technologie sei ihr Einsatz in der Qualitätsüberwachung und -prüfung. Das Watttrix-Net überwache zudem den gesamten Siegelprozess und sammele dabei Daten, die nicht nur für Maschinenbauer von großem Interesse seien, sondern auch für Produzenten, Handel und Materialhersteller.
Starkes Netzwerk der Verpackung
„Die 30. Dresdner Verpackungstagung hat auch in ihrer digitalen Form gut funktioniert“, fasst dvi-Geschäftsführer Winfried Batzke die Veranstaltung zusammen. „Die Digitalen Verpackungstage haben spannende Impulse und Einblicke gebracht und über 300 Akteure und Studierende aus der Branche vernetzt. Für uns als Deutsches Verpackungsinstitut war es das primäre Anliegen. Seit nunmehr 30 Jahren arbeiten wir als Netzwerk der Verpackungswirtschaft in diesem Sinne.“
Zum Fazit der Digitalen Verpackungstage gehört nach Ansicht von Batzke aber noch etwas Anderes: „Verpackungen und die Verpackungsindustrie können bei Nachhaltigkeit und Digitalisierung wertvolle Beiträge leisten, und sie tun das auch. Produkte schützen, Umwelt bewahren, Warenströme garantieren, all das geht nicht ohne den Beitrag der Verpackung und ihrer Macher. Auch das ist eine wichtige Botschaft, die nach außen dringen muss. Als dvi sind wir hier mit Stolz und Freude Botschafter.“