Aus den Unternehmen
Kritische bis feindliche Haltungen zur Werbefreiheit
Freitag 03. September 2021 - Bedrohung für die Druck- und Medienindustrie durch Positionen der Parteien im Bundestagswahlkampf
Der bvdm veröffentlicht auf seiner Homepage die Antworten der Parteien zu den Wahlprüfsteinen der Druck- und Medienindustrie. Einige Parteien haben lange gebraucht, um ihre Vorstellungen zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen sowie bürokratischen Belastungen für den Mittelstand, zu rechtssicheren und dennoch praktikablen Regeln für die Datenübermittlung in die USA und zu einer Verbesserung der schulischen Qualifizierung für die Berufsausbildung zu äußern. Um manche Antwort wurde sich auch herumgedrückt. Im Mittelpunkt standen für den bvdm als Arbeitgeberverband natürlich die Haltung zu den Arbeits- und Tarifbedingungen sowie – aus aktuellem Anlass – zur Werbefreiheit.
Grüne, Linke und auch die SPD stehen der zum marktwirtschaftlichen System gehörenden Werbefreiheit kritisch bis ablehnend gegenüber. Das ist das Fazit der Befragung dieser Parteien durch den Bundesverband Druck und Medien e.V. (bvdm). Während aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen bereits bekannt war, dass es in der Partei viele Sympathien für die Bestrebungen der Initiative Letzte Werbung zur Einführung eines Opt-in-Verfahrens anstelle des bisherigen und bewährten Opt-out beim Einwurf von Werbepost im Briefkasten gibt, fiel die Antwort der Bundesgeschäftsstelle auf die Frage des bvdm schon fast moderat aus: Man wolle prüfen und mit den betroffenen Verbänden diskutieren, welche Option die bessere sei. Die Linke ging auf die Frage gar nicht erst ein und zeigte nur ein gestörtes Verhältnis zu Werbung insgesamt. Überraschend die klare Ankündigung der SPD, für die Umstellung auf ein Opt-in-System einzutreten. Begründet wurde diese Position mit erschreckender Unkenntnis: Ein großer Teil der Briefkastenwerbung werde ungelesen entsorgt, die Aufkleber „Keine Werbung“ würden nicht beachtet und diese Form von Werbung sei ökologisch problematisch. „Es ist leider ein Zeichen unserer Zeit, dass falsche Behauptungen und Lügen, die wissenschaftlich oder durch Umfragen nicht belegt werden können, trotzdem von anderen, hier sogar von ernstzunehmenden Kandidaten für den Deutschen Bundestag, übernommen werden. Die zu 60 Prozent von Werbung abhängige deutsche Druckindustrie weiß nun, was sie in dieser für sie existenziellen Frage von einer rot-grün-roten Bundesregierung zu erwarten hätte“, äußert der Hauptgeschäftsführer des bvdm, Dr. Paul Albert Deimel, seine Besorgnis. FDP und CDU/CSU sehen keine Notwendigkeit, vom bewährten Opt-out-System abzugehen. Doch auch bei ihnen müsse man Zweifel haben, ob sie diese Haltung in einem Koalitionspaket nicht opfern würden, zeigt sich der bvdm skeptisch.
Wenig wirtschaftsfreundlich sind auch so manche Aussagen zum Arbeitsrecht und zur Tarifautonomie. Zwar wollen CDU und CSU ebenso wie die FDP von einer täglichen auf eine flexiblere wöchentliche Höchstarbeitszeit umstellen, aber auch die Union ist offensichtlich von einem tiefen Misstrauen gegenüber Unternehmern und Arbeitgebern geprägt, wenn sie in den Mittelpunkt ihrer Antwort zur Arbeitszeit den Schutz vor „Missbrauch und Entgrenzung“ stellt und auch die starke Beschneidung der sachgrundlosen Befristung beibehalten will. Die Grünen betonen zwar, nicht in bestehende Lohnvereinbarungen eingreifen zu wollen, werben jedoch auch für den Ausbau der Mitgestaltung der Beschäftigten bei Arbeitszeit und -ort. Doch auch hier zeigen sich die Sozialdemokraten noch wirtschaftsfeindlicher, wenn sie offenlegen, die Mitbestimmung müsse ausgebaut werden, es solle ein Recht auf Homeoffice geben und die Vergabe öffentlicher Aufträge solle an die Tarifbindung eines Unternehmens gekoppelt werden.
„SPD, Linke und Grüne fordern ausweislich ihrer Wahlplakate eine Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 bis 12,50 Euro. Das mag eine sozialpolitisch honorige Idee sein, lässt aber die Auswirkungen auf damit in die Höhe getriebene Facharbeiterlöhne außer Acht. Das ist Gift für eine Industrie im Strukturwandel“, kritisiert Deimel.
Aber auch zu anderen Fragen fallen die Antworten der Parteien nicht in jedem Fall befriedigend aus – zu finden auf www.bvdm-online.de/bvdm/politische-interessenvertretung.