Aus den Unternehmen
Dennis Siepmann, Head of Sustainability, ACTEGA, über seinen Weg zur Nachhaltigkeit
Mittwoch 21. Juni 2023 - Interview mit Dennis Siepmann, dem Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit bei ACTEGA, in dem er sich zu den drängendsten Nachhaltigkeitsproblemen äußert, mit denen die Druck- und Verpackungsindustrie heute konfrontiert ist.
Können Sie uns bitte ein wenig über sich und Ihre Arbeit bei ACTEGA erzählen? Was hat Sie dazu inspiriert, eine berufliche Laufbahn einzuschlagen, in der Nachhaltigkeit eine so große Rolle spielt ?
Ich arbeite seit über 12 Jahren bei ACTEGA und hatte in dieser Zeit die Gelegenheit, in unterschiedlichen Rollen in den Bereichen Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung zu arbeiten. Während meiner Zeit bei ACTEGA entwickelte ich ein umfassendes Verständnis für die globale Rolle des Unternehmens und erlangte Einblicke in seine unterschiedlichen Funktionen, die Menschen, die für seinen Erfolg sorgen, und die Komplexität der einzelnen Standorte und Geschäftsbereiche.
Im August vergangenen Jahres wurde ich Head of Sustainability bei Actega ? eine Rolle, die mir sehr am Herzen liegt. In dieser Funktion liegt mein Fokus auf der Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsinitiativen und der engen Zusammenarbeit mit unseren Kunden, Lieferanten und dem F&E-Team, um unsere Nachhaltigkeitsbemühungen zu verbessern. Um dabei schneller Fortschritte zu erzielen, haben wir bereits einige ehrgeizige Maßnahmen ergriffen und proaktive Schritte unternommen. Wir haben zum Beispiel unser aktuelles Produktportfolio unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit analysiert und Initiativen zur Verringerung der CO2-Bilanz unserer Materialien eingeführt.
Ich bin stolz darauf, mit einem so großartigen Team zusammenzuarbeiten, das dasselbe Ziel hat wie ich: nicht nur in unserem Unternehmen, sondern in der Gesellschaft insgesamt etwas Positives zu bewirken. ACTEGA hat sich dazu verpflichtet, einen spürbaren Beitrag zur Schaffung einer nachhaltigeren Welt zu leisten. Diese Rolle ist gerade in dieser Zeit sehr spannend und ich freue mich darauf, zu sehen, was die Zukunft bereithält!
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie, sowohl aus persönlicher als auch aus geschäftlicher Sicht?
Nachhaltigkeit bedeutet für mich, die Auswirkungen unseres Handelns auf die Umwelt stets im Auge zu behalten und verantwortungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, um Verschwendung und Unwirtschaftlichkeit zu reduzieren. Als Vater von drei Kindern ist es für mich persönlich sehr wichtig, ein positives Erbe für die Zukunft unserer Nachkommen zu hinterlassen. Diese Überzeugung prägt auch mein Berufsleben bei ACTEGA, einem Unternehmen, das eine wesentliche Rolle in der Verpackungsindustrie spielt. Aufgrund der Umweltauswirkungen von Kunststoffen und Verpackungen im Allgemeinen steht der Sektor zwar zunehmend auf dem Prüfstand, doch man muss auch berücksichtigen, dass diese Materialien wesentlich zur Verlängerung der Haltbarkeit und Lagerfähigkeit von Produkten beitragen. Wir müssen dafür sorgen, dass Verpackungsmaterialien so effizient wie möglich eingesetzt werden. Unsere Beschichtungen, Druckfarben, Lacken und Compounds tragen zu diesem Ziel bei.
Hier ist ein Beispiel dafür: Als Teil der SVELON-Produktfamilie bieten wir Low-Gauge-Compounds an, deren besondere Eigenschaften es unseren Kunden ermöglichen, Kronenkorken mit einer Dicke von bis zu 0,18 mm herzustellen, d.h. die Metalldicke zu reduzieren, ohne die Leistung der Dichtung zu beeinträchtigen. Das Ergebnis: erhebliche Materialeinsparungen, eine geringere CO2-Bilanz und ? da die Menge des benötigten Verpackungsmaterials reduziert wird ? weniger Verpackungsmüll.
Ganz allgemein kann man sagen: Wir haben das Ziel, das richtige Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Umwelt und der Gewährleistung eines rentablen Geschäftsbetriebs zu finden.
Können Sie uns sagen, welche Chancen sich für Unternehmen in Bezug auf die Nachhaltigkeit ergeben?
Selbstverständlich. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, sollten Herausforderungen immer auch als Chancen wahrgenommen werden. Dieser Ansatz macht Unternehmen nicht nur innovativer und zukunftsorientierter, sondern wirkt sich langfristig auch positiv auf ihre Resilienz aus. Einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung unserer Branche ist die Wiederverwertbarkeit. Ganz gleich, ob es um Probleme bei der Sortierung und beim Recycling mehrschichtiger Folien, den Trend zu Monomaterialien oder die Zunahme von Verpackungen auf Papierbasis geht ? sind wir entschlossen, die aktuellen Anforderungen zu erfüllen. Recycling ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Nachhaltigkeitsprogramms. Deshalb haben wir innovative Lösungen und Prozesse zur Herstellung von Endprodukten entwickelt, die mit minimalen Auswirkungen auf den Recyclingprozess recycelt werden können.
Welche Faktoren sind für die Verpackungsindustrie in Sachen Nachhaltigkeit besonders dringlich?
Da Umweltbelange immer mehr in den Vordergrund treten, suchen Unternehmen aus allen Branchen nach Möglichkeiten, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern. Das gilt auch für unsere Branche. Die Verpackungsindustrie hat sich sogar zu einem eindrucksvollen Beispiel für die Mobilisierung von Lösungen für den Klimawandel entwickelt. Vor allem was Produkte wie Lebensmittel und Getränke anbelangt, werden Kunststoffe auch in absehbarer Zukunft noch eine wesentliche Rolle in der Verpackungsindustrie spielen. Es ist wichtig, innovative Lösungen zur Reduzierung des Plastikmülls zu entwickeln und genau daran arbeitet die gesamte Branche.
Ein Beispiel: Mehrschichtige Substrate werden häufig als Barriere für Verpackungen verwendet. Diese Materialien haben jedoch einen erheblichen Nachteil: Sie lassen sich schwer recyceln. Deshalb geraten diese Substrate zunehmend in Verruf und unterliegen ständig neuen und umfangreicheren Vorschriften. Gleichzeitig stellen die gesetzlichen Anforderungen für das Recycling oder die Entsorgung derartiger Produktionsmaterialien eine große Herausforderung für viele Verarbeitungsunternehmen dar. Als nachhaltige Alternative haben wir die ACTGreen Barrier Coatings entwickelt, die sowohl wasserbasierte Barrierelacke als auch wässrige TPE-Dispersionen als Beschichtungs- oder Bindemittelsystem für unterschiedliche Applikationen und Endanwendungen umfassen. Diese Produkte sind nachweislich nachhaltig und erfüllen auch die zukünftigen gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Verpackungsabfälle und Recyclingfähigkeit.
Man darf nicht vergessen, dass die Verpackungsindustrie in einem komplexen Umfeld agiert ? sie ist die Branche, die weltweit den meisten Regulierungsmaßnahmen unterliegt. Dabei geht es um Aspekte wie Verpackungsspezifikationen, Recyclingfähigkeit, biologische Abbaubarkeit, erwartete primäre Nutzung, Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, Rohstoffbeschaffung sowie Entsorgung. Diese Komplexität wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass auf regionaler und nationaler Ebene oft sehr unterschiedliche Schwerpunkte und Ansätze verfolgt werden. All dies macht Nachhaltigkeit zu einer schwierigen, jedoch unverzichtbaren Aufgabe für unsere Branche.
Können Sie uns etwas über die Nachhaltigkeitsinitiativen von ACTEGA erzählen?
Wie Sie wissen, ist ACTEGA ein Geschäftsbereich des international tätigen Spezialchemiekonzerns ALTANA, der sich auf die Herstellung von Speziallacken, Druckfarben, Klebstoffen und Dichtungsmassen für die Druck- und Verpackungsindustrie spezialisiert hat. Wir entwickeln ständig auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lösungen und Produkte für die nachgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette, die die Welt ein wenig blauer machen können.
Wir sind Befürworter der Kreislaufwirtschaft und tragen in der Branche dazu bei, das derzeitige lineare Produktionssystem in ein regeneratives und restauratives Modell umzuwandeln. Auch hier sind die wasserbasierten ACTGreen Barrier Coatings ein gutes Beispiel, ebenso wie ACTGreen Sustainable Compounds. Diese PVC- und weichmacherfreien Dichtungsmassen sind aus fortschrittlichen, lebensmittelkonformen Materialien bestehende Mischungen, die sicherstellen, dass keine schädlichen Stoffe aus der Verpackung in die zu schützenden Lebensmittel gelangen.
Der Entwicklungsprozess von ACTEGA ist eine Kombination aus radikaler Innovation und der Optimierung bestehender Ansätze oder Produkte, um ein ausgewogenes Produktportfolio zu schaffen. ACTEGA revolutioniert Ansätze auch durch bahnbrechende Technologien wie ECOLEAF und Signite, erweitert Grenzen und bietet reale Lösungen für die Umweltprobleme von heute, um ein Gleichgewicht zwischen Umweltschutz und wirtschaftlichem Nutzen zu schaffen.
ACTEGA bietet nicht nur umweltfreundliche Lösungen und Produkte an, sondern hat auch sinnvolle Schritte unternommen, um seine Scope-1- und Scope-2-Emissionen zu reduzieren. Die dabei erzielten Fortschritte haben sich in den Ergebnissen niedergeschlagen: Die CO2-Emissionen der gesamten ACTEGA-Gruppe konnten in den letzten 5 Jahren um über 70 % reduziert werden. Außerdem wurde der Wasserverbrauch um über 45 % gesenkt. Seit 2019 bezieht ACTEGA gemeinsam mit anderen ALTANA Unternehmen 100 % seiner Energie aus erneuerbaren Quellen. Es werden weitere Anstrengungen unternommen, um an einzelnen Standorten Energie aus Solarquellen zu gewinnen, zum Beispiel in Vigo, Spanien, und bald auch an unserem Standort in Bremen, Deutschland.
Auch lokale Projekte werden von ACTEGA berücksichtigt und unterstützt: Im Rahmen unserer Kampagne „Let’s ACT!“ arbeiten unsere Mitarbeiter daran, ihre Umweltbelastung in ihrer lokalen Gemeinschaft zu minimieren. Ein gutes Beispiel dafür ist der Standort von ACTEGA in Lehrte, Deutschland. Zwei Teammitglieder sorgen dort für das Wohl von sechs Bienenvölkern, um die biologische Vielfalt am Standort zu verbessern ? ein inspirierendes Beispiel für unser Engagement für den Naturschutz.
Was ist Ihre Vision für die Nachhaltigkeitsinitiativen von ACTEGA? Was steht als Nächstes auf der Nachhaltigkeitsagenda von ACTEGA?
Ich glaube, dass ein ganzheitlicher Nachhaltigkeitsansatz benötigt wird, um eine bessere Welt für uns alle zu schaffen. Wenn wir nachhaltigere Praktiken einführen, tun wir nicht nur das Richtige, sondern bleiben auch in einem sich wandelnden Marktumfeld wettbewerbsfähig.
Wir haben bereits Schritte unternommen, um unseren CO2-Fußabdruck auf betrieblicher Ebene zu reduzieren, doch ebenso wichtig ist es, auf Produktebene nachhaltiger zu werden. Wir wollen mehr Transparenz und datengestützte Einblicke in die Nachhaltigkeitsvorteile unserer Produkte bieten, indem wir die CO2-Bilanz der von uns angebotenen Lösungen genauer untersuchen. Dies ist Teil eines laufenden Projekts zur Verbesserung der Datenverfügbarkeit und erfordert nicht nur Maßnahmen unsererseits, sondern auch von unseren Lieferanten und Partnern.
Wir untersuchen derzeit auch Materialien, die Nachhaltigkeitsvorteile bieten können, z.B. biobasierte Materialien für einige unserer Produkte, um erdölbasierte Materialien zu ersetzen und unseren gesamte CO2-Bilanz zu reduzieren.
Was sollten die Akteure der Branche beachten, um echte Nachhaltigkeit im Verpackungssektor zu erzielen?
Um echte Nachhaltigkeit in der Verpackungsindustrie zu erreichen, müssen alle Akteure aus dem öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Sektor einbezogen werden und es muss ein systemischer Wandel stattfinden. Deshalb ist das ACTEGA-Team Mitglied der 4evergreen-Allianz geworden und arbeitet mit seinen Stakeholdern in der gesamten Wertschöpfungskette an der Optimierung der Kreislauffähigkeit und der Klimabilanz von faserbasierten Verpackungen. Wir erkennen den Wert eines zusammenhängenden Netzwerks an, das sich über die gesamte Lieferkette erstreckt ? vom Rohstofflieferanten bis zum Markeninhaber. Durch den kontinuierlichen Dialog mit Stakeholdern können wir auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen, neue Trends antizipieren und uns für eine nachhaltige Verpackungsindustrie einsetzen.
Der Besuch von Branchenmessen ist immer von großem Nutzen ? er bietet uns Einblicke in aktuelle Probleme und spannende Lösungen. Ich war gerade auf der Interpack und der Metpack und habe dort festgestellt, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ in der Verpackungsindustrie unterschiedlich interpretiert wird. Um Fortschritte zu erzielen, muss es ein umfassendes Verständnis des Begriffs und seiner Implikationen geben. Es war klar, dass nahezu jeder Akteur in der Branche derzeit mit den Themen Regulierung und Berichterstattung beschäftigt ist. Das deutsche LkSG ist dabei immer noch ein heißes Thema. Die Umsetzung der europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards, der so genannten European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist für Unternehmen jeder Größe verbindlich. Es war ermutigend zu sehen, dass immer mehr Verpackungs- und Rohstofflieferanten ihre Hausaufgaben hinsichtlich der Berechnung der CO2-Bilanz ihrer Produkte machen und somit in der Lage sind, konkrete CO2-Daten für unterschiedliche Verpackungsarten zu liefern. Dadurch werden Hersteller in die Lage versetzt, datengestützte und faktenbasierte Nachhaltigkeitsentscheidungen zu treffen – was vor einigen Jahren noch nicht möglich war. Ein weiteres wichtiges Thema war die Kreislaufwirtschaft und wie Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten müssen, um den Kreis zu schließen. Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft kann nicht