Zeitung & Versandraum
Zeitungen wollen funktionierende Geräte und weniger Hype
Dienstag 29. August 2006 - Das Ifra-Projekt eNews 2008, das mit dem Ziel eingerichtet wurde, Verlage bei der Erschließung von Geschäftsmöglichkeiten in der künftigen E-Reading-Welt zu unterstützen, nähert sich dem Ende des ersten Projektjahres. Die Projektgruppe umfasst derzeit 27 Mitglieder (23 Verlage und 4 Technologie-Anbieter) aus 11 europäischen Ländern, Japan und den USA. In der letzten Woche hielten sich die Mitglieder von eNews 2008 in der japanischen Hauptstadt auf, um dort zusammenzukommen und die führenden Unternehmen im Bereich Mobilfunk und E-Reading-Technologie zu besuchen.
Seit dem Start von eNews, und insbesondere in den vergangenen sechs Monaten, war ein enormes Interesse an E-Reader-Technologien und -anwendungen in den internationalen Medien zu verzeichnen von spezialisierten Fachmagazinen bis hin zu großen überregionalen Tageszeitungen. Zwar hat dies der Ifra-Initiative viel Resonanz in der Berichterstattung eingebracht, doch nicht alle Artikel waren so gut recherchiert und so realitätsnah, wie sich dies Projektleiter Dr. Stig Nordqvist gewünscht hätte: Das Thema E-Reader wurde im Frühjahr in der Presse ziemlich hochgespielt. Im vergangenen Jahr gab es viel versprechende Entwicklungen bei E-Paper-Displays, Schwarzweiß mit gutem Kontrast, deutliche Verbesserungen in der Geschwindigkeit z. B. bei E Ink v2.5/2.6 und der Bridgestone QRP-Technologie. Es gab auch Farbfilterlösungen und interessante neue Alternativen beispielsweise von Fujitsu. Dennoch bin ich der Meinung, dass die E-Reader-Geräte bisher enttäuschend sind.
Beim Besuch in Tokio sprach Kenichi Shiraishi von Sony mit den Projektteilnehmern über den eBook-Markt. Dabei räumte er ein, dass der E-Reading-Markt nach wie vor so klein ist, weil es bisher kein gutes Gerät auf dem Markt gibt, das für das Lesen am Bildschirm optimiert ist. Und es gibt auch noch kein gutes Content-Management-System. Dazu der Kommentar von Meredith Artley von der International Herald Tribune: Je mehr Sie [als Technologie-Entwickler] sich auf Nachrichten konzentrieren können, desto mehr Freunde werden Sie sich in der Verlagsbranche machen. Je mehr Möglichkeiten und Format-Flexibilität es gibt, desto interessanter wird es, in diesem Zusammenhang mit Ihnen zu kooperieren.
Die am eNews-Projekt beteiligten Verlage rüsten sich für das neue E-Reader-Medium, sobald dieses Realität wird. Doch bisher ist die Technologie, um entsprechende Dienste für Leser anbieten zu können, nicht vorhanden trotz anderslautender Ankündigungen von Herstellern wie iRex Technologies, einem eNews-Mitglied, das seinen iLiad E-Reader im April vorstellen wollte. Die Geräte existieren zwar, funktionieren aber nicht zufriedenstellend. Stig Nordqvist erklärt dazu: Wir haben ernsthafte Probleme mit der ersten Version des iLiad. Die Geschwindigkeit ist zu gering, um akzeptabel zu sein, und das Gerät ist bisher kein echtes Endverbraucher-Produkt. Gravierender noch als die Geschwindigkeit ist die Benutzeroberfläche, die ich unlogisch finde.
Zwei Tage widmeten sich die Projektteilnehmer in Tokio den Meetings und Präsentationen der führenden E-Reader- Technologieanbieter sowie der beiden führenden japanischen Mobilfunkbetreiber KDDI und NTT DoCoMo. Außerdem nimmt die eNews-Gruppe an einem Seminar mit verschiedenen Workshops teil. Die Referenten dieser Veranstaltung, darunter Repräsentanten des erfolgreichen japanischen Mobile-Sektors, reichen von Content-Providern bis hin zu Unternehmen für die Zahlungsabwicklung im Mobilfunkgeschäft.
Was die allgemeine Einschätzung der Entwicklung betrifft, so erklärt Stig Nordqvist: Wenn die Technologie erst einmal ausgereift ist unabhängig davon, ob die Geräte mehr wie Handys, Tablet PCs oder eine künftige Version des iLiad, d. h. wie ein Lesegerät, aussehen werden wird es unserer Meinung nach einen riesigen Markt für E-Reading-Inhalte geben.
Das Projekt eNews 2008 wird noch zwei Jahre laufen. In dieser Zeit sind weitere Seminare, Studienreisen und Verbraucherstudien geplant.
eNews-Projektmitglieder:
Mitglieder aus dem Verlagsbereich:
Bonnier/Expressen (Schweden), De Telegraaf (Niederlande), dpa (Deutschland), Edipresse Publications (Schweiz), Frankfurter Rundschau (Deutschland), Georg von Holtzbrinck GmbH & Co. (Deutschland), Libération (Frankreich), Mainichi Shimbun (Japan), New York Times Company (USA), Nordjyske Medier (Dänemark), Orkla Media (Norwegen), PrisaCom/El País (Spanien), Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft (Deutschland), Sanoma Corp. (Finnland), Schibsted/Aftonbladet (Norwegen/Schweden), Stampen/Göteborgs-Posten (Schweden), Styria Medien (Österreich), Tamedia AG (Schweiz), Telegraph Group (Großbritannien), Tribune Interactive (USA), Vorarlberger Zeitungsverlag und Druckerei (Österreich), Westdeutsche Allgemeine Zeitung (Deutschland) und Yomiuri Shimbun (Japan).
Mitglieder aus dem Technologiebereich:
Arena Partners (Finnland), iRex Technologies (Niederlande), Escenic (Norwegen) und Plastic Logic Limited (Großbritannien).