Offsetdruck
Die Cortina erleichtert dem Rotationsdrucker die Arbeit
Donnerstag 08. Februar 2007 - Interview mit Hermann Asal, Schichtleiter bei Freiburger Druck
Hermann Asal ist Schichtleiter an der neuen Kompaktrotation KBA Cortina bei Freiburger Druck. Nach 16 Jahren Erfahrung mit dem konventionellen Nassoffset hat er den Umstieg auf den wasserlosen Offsetdruck ohne Zonenschrauben Anfang Februar 2006 aus der Perspektive des Rotationsdruckers aktiv miterlebt. Im Interview beschreibt er, was sich dadurch für ihn und seine Druckerkollegen verändert hat.
Klaus Schmidt: Herr Asal, sie arbeiten nun schon seit elf Monaten an der wasserlosen KBA Cortina, haben aber auch viele Jahre Erfahrung mit konventionellen Nassoffsetmaschinen. Was ist eigentlich an der Cortina anders?
Hermann Asal: Es ist eine ganz andere Technologie. Was auffällt, die Maschine ist kleiner, übersichtlicher und man hat weniger Wege zum Laufen. Kürzere Wege sind ein riesengroßer Vorteil. Die Qualitätsstandards sind bedeutend höher geworden und die geforderte Qualität bekommen wir mit unserer Cortina besser mit weniger Stress hin. Durch die fehlenden Feuchtwerke haben wir weniger Farbschwankungen. Dies ermöglicht eine bessere und konstantere Druckqualität.
Klaus Schmidt: Vermissen Sie als erfahrener Offsetdrucker an der Cortina die Farbzonen und Feuchtwerke oder fühlen Sie sich weniger gefordert, weil sie diese Jahrzehnte alten Druckerwerkzeuge nicht mehr haben?
Hermann Asal: Vermissen? Absolut NEIN! Das Feuchtwerk ist für mich sowieso das größte Risiko für eine gute Qualität, denn der Grad zwischen zu wenig bzw. zu viel Wasser ist äußerst klein, bei zu wenig Wasser tont es, bei zuviel emulgiert die Farbe und von daher vermisst das keiner von uns. Und die Farbzonenschrauben schon gar nicht. Es war immer so eine Sache, einmal eine kleine Anzeige mit wenig Farbabnahme, auf der dahinterliegenden Seite oder in der nächsten Teilausgabe eine große Anzeige mit viel Farbe, also ständig Farbzonenschrauben stellen, zumachen, aufmachen. Da benötigten wir immer eine größere Vorbereitungszeit und zwangsläufig auch mehr Makulatur. Und nach den Erfahrungen an der Cortina in den letzten elf Monaten kann ich ganz klar sagen: Die gleichmäßige Farbgebung der einzelnen Seiten bekommt man durch die vom Sujet unabhängige Einfärbung der Druckform mit Rasterwalze und Kammerrakel ohne Farbzonenschrauben schneller und besser hin. An der Cortina ist es völlig egal, ob der nächste Auftrag eine ganzseitige Farbanzeige ist und im übernächsten nur ein mehrfarbiges Logo in der Größe 1 cm auf 1 cm das spielt gar keine Rolle.
Klaus Schmidt: Was machen Sie in der Zeit, wenn Sie keine Farbe stellen?
Hermann Asal: Ich drucke weiterhin Zeitungen wie an der konventionellen Maschine auch, das heißt, ich muss weiterhin die Exemplare kontrollieren, ich kontrolliere den Passer, die Stränge, das Register. Nur beschränkt sich meine Arbeit, wenn alles steht, mehr oder weniger aufs Kontrollieren. Dafür habe ich aber jetzt viel mehr Zeit. Wir mussten früher viel mehr stellen, waren alle viel mehr unter Stress. Dennoch sehe ich mich immer noch als Drucker und denke, wenn ich jetzt mehr Zeit zum Kontrollieren habe, kann ich meine Arbeit noch besser machen als früher.
Klaus Schmidt: Sie denken schon, dass es auch an einer zonenschrauben- und wasserlosen Maschine nicht schaden kann, wenn man das Druckerauge hat?
Hermann Asal: Ja auf jeden Fall. Da gingen Gerüchte rum wie an eine Cortina könne man eigentlich jeden stellen einen Bäcker oder einen Metzger. Aber meine Kollegen und ich sind der Meinung, man sollte auch an der Cortina das Druckerhandwerk gelernt haben, um das erzielte Ergebnis beurteilen zu können und eine gute Qualität gezielt zu erreichen.
Klaus Schmidt: Angesichts der 21 Lokalausgaben der Badischen Zeitung müssen bei Freiburger Druck jede Nacht zwischen 1.600 und 1.800 Druckplatten gewechselt werden. Bei der Cortina geschieht der eigentliche Wechsel zwar vollautomatisch, aber die Platten müssen erst in die Maschine und bei nur sechs Druckern und keinen Helfern an drei 32-Seiten-Maschinen könnte man vermuten, dass da Stress aufkommt. Wie läuft das denn ab?
Hermann Asal: Nein, das ist nicht stressig, Sie müssen sich vorstellen, als ich noch an der konventionellen Maschine gearbeitet habe, musste man die Platten von Hand auf- und abplatten und dabei noch zwei Stockwerke überwinden. Jetzt sieht es so aus: Egal wie viele Ausgaben gedruckt werden die Lokalteile haben einen Gesamt-Plattenwechsel , wir können immer von vorneherein schon drei Ausgaben bestücken. Für die erste Ausgabe werden die Platten automatisch aufgelegt, die Platten für die zweite Ausgabe können wir schon in die Plattenautomaten schieben und die Platten für die dritte Ausgabe hängen wir positionsgerecht an die Plattenautomaten der einzelnen Druckstellen. Wenn die erste Auflage fertig ist, leitet der eine Drucker am Leitstand den automatischen Plattenwechsel ein, der zweite Drucker an der Maschine nimmt die alten Platten aus dem Schacht und kann anschließend in Ruhe die Platten für den dritten Auftrag in die Plattenwechselschächte schieben, wenn die Maschine bereits wieder angelaufen ist. Man hat einfach mehr Zeit, weil man die Plattenwechselschächte bei laufender Produktion bestücken oder entsorgen kann.
Klaus Schmidt: Kann man mit der Cortina Qualität drucken? Stellen Sie während der Produktion etwas an der Temperierung oder wie läuft das ab?
Hermann Asal: Die Gleichmäßigkeit des Drucks war für uns Drucker das Faszinierendste. Wir waren früher gewohnt, die einzelnen Farbzonen zu stellen, zunächst für die erste und dann für die dritte Seite das fiel plötzlich weg. Heute stellen wir die erste Seite und die dritte passt automatisch. Wir stellen relativ wenig, denn wir haben eine gut eingestellte Temperaturkurve bzw. Hochlaufkurve. Wir fahren an, die Farbe ist auf der Platte und schon das zwanzigste Exemplar sieht gut aus und ist in der Regel verkaufbar. Ab und zu machen wir einige kleine Registerkorrekturen, oft ist aber auch dies nicht notwendig. Wir messen die Druckdichte mit dem Densitometer und abhängig von der eingesetzten Farbe oder einem nicht jeden Tag eingesetzten Papier fahren wir mit der Rasterwalze ein paar Nuancen wärmer oder kühler, um die optimale Dichte zu erreichen. Die Temperierung der Plattenzylinder verändern wir fast nie, es sei denn, wir testen eine neue Farbe. Und der im Vierfarbendruck gefürchtete Fanout ist natürlich für uns überhaupt kein Thema, denn wir produzieren ohne Feuchtwasser.
Klaus Schmidt: Die Cortina-Achtertürme sind für den Gummituch- oder Waschtuchwechsel in der Mitte auseinander fahrbar, die Druckwerke über Lifte bequem erreichbar und die vielen Treppen und Galerieebenen damit Vergangenheit. Auch die Farbwalzen müssen nicht hin und wieder mühsam von Hand eingestellt werden, sondern werden automatisch vom Leitstand justiert. Ist das Druckerleben für Sie und Ihre Kollegen dadurch angenehmer geworden?
Hermann Asal: Es ist für uns alle ganz toll, dass die langen Wege und das Treppensteigen bei der Cortina weitestgehend wegfallen. Natürlich müssen wir zum Einziehen der Papierbahn noch hoch auf die einzige Galerieebene am Überbau laufen, aber das ist ja nicht ständig notwendig. An unserer alten, konventionellen Maschine war das Walzenstellen noch grausam. Man musste in enge, warme Löcher reinkriechen und war dann von oben bis unten verschmutzt. Die Walzen rausnehmen, reinigen, wieder einbauen und einstellen fällt hier weg. Für uns ist dies eine Riesen-Erleichterung, denn die Walzen waren nicht gerade leicht. Und natürlich müssen wir auch keine Feuchtwerke mehr reinigen.
Egal, was man an den Druckeinheiten machen muss, durch die Lifte kann man unabhängig von der jeweiligen Körpergröße immer die jeweilige Position optimal anfahren und bei angenehmer Körperhaltung arbeiten eben so, dass man keine Rückenprobleme bekommt. Wir verlassen heute nach Schichtende unseren Arbeitsplatz deutlich sauberer und weniger verschwitzt als früher. Dies ist gut für die älteren Kollegen und auch fürs Betriebsklima.
Klaus Schmidt: Wie sieht es mit dem Farbnebel, dem leidigen Thema Putzen oder sonstigen Wartungsarbeiten an der Cortina aus?
Hermann Asal: Farbnebel haben wir gar keinen mehr und das ungeliebte Putzen spielt allenfalls noch eine Nebenrolle, z.B. beim Wechsel der Rakelmesser oder beim gelegentlichen Absaugen des Papierstaubs im Falzapparat. Sie sehen dies schon daran, dass wir keine Helfer mehr haben. Früher hatten wir drei bis vier Helfer an der Maschine, die tagtäglich putzen mussten. Die gelegentlichen Schönheitsreinigungen machen wir Drucker heute mit. An den Farbwerken fallen mal Farbspritzer an und hier in Freiburg ist es üblich, dass wir die Maschine sauber halten. Es ist also nicht so, dass wir gar nichts mehr machen müssen, aber auf jeden Fall viel weniger.
Klaus Schmidt: Angesichts steigender Papierpreise ist die Makulatur heute ein wichtiges Thema im Zeitungsdruck. In Freiburg gab es schon einen richtigen Wettbewerb zwischen Ihnen und Ihren Kollegen um die geringste Anlaufmakulatur. Heute schließt die Maku-Weiche automatisch nach 65 Exemplaren. Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie mit dem Durchschauen der vierfarbigen Zeitung dann noch gar nicht fertig sind?
Hermann Asal: Nein, ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Wenn ich dies als Drucker nicht verantworten könnte, würde ich es auch nicht tun. Makulatur lässt keiner von uns in den Versandraum. Ich schaue mir die ersten drei bis vier Seiten oder die erste Hälfte des Produktes an. Die Maku-Weiche schließt. Obwohl ich noch nicht die ganze Zeitung durchgeschaut habe, weiß ich aber, wenn die erste Hälfte farblich stimmt, dann passt die zweite Hälfte ebenso. Das ist das Schöne am wasserlosen Offset ohne Zonenschrauben.
Klaus Schmidt: Wenn man nachts in den Bedienraum großer Rotationsanlagen kommt, sieht man, dass die Drucker ständig an den Leitständen die Farbzonen- und Feuchtwerte verändern, ob es nun nötig ist oder auch nicht. Wie verbringen Sie denn am Cortina-Leitstand Ihre Zeit?
Hermann Asal: Wie gesagt, konzentrieren wir uns auf die Überprüfung der Druckqualität und die Vorbereitung des nächsten Auftrages. Und wenn in der Nachtschicht Platten nachgemacht werden müssen, können wir diese vom Leitstand selbst anfordern und direkt aus den CtP-Stationen im Bedienraum hinter den Leitständen entnehmen. Nach Mitternacht machen wir das immer selbst, denn dann ist von den CtP-Kollegen niemand mehr da.
Klaus Schmidt: Wie sieht es mit den wasserlosen Druckplatten aus? Sind die denn wirklich noch so kratzerempfindlich oder halten sie tatsächlich nur 50.000 oder 60.000 Zylinderumdrehungen wie dies zuweilen behauptet wird?
Hermann Asal: Die Kratzempfindlichkeit der Platten ist nicht größer und nicht geringer als bei konventionellen CtP-Platten. Natürlich, wenn ich die Platte fallen lasse oder kräftig irgendwo anstoße, kann die Beschichtung beschädigt werden. Bei der Produktionsaufnahme der neuen Anlage haben wir am Anfang ab und zu die eine oder andere Platte nach 50.000 Zylinderumdrehungen wechseln müssen. Da hat die Pressung noch nicht ganz gestimmt oder wir hatten die falschen Gummitücher auf den Zylindern. Solche Dinge müssen bei der Inbetriebnahme einer neuen Maschine und erst recht beim Umstieg auf ein neues Verfahren eben erst optimiert werden. Heute drucken wir des öfteren unsere Sonntagszeitung bei einer Auflage von 143.000 Exemplaren auf zwei Türmen mit einem Plattensatz. Und dann sehen die Platten immer noch aus wie neu, so dass man sicher nochmals 30.000 Exemplare drucken könnte. Ich denke, wenn alles optimiert ist, kann man Plattenstandzeiten von 170.000 Zylinderumdrehungen, vielleicht sogar noch etwas mehr, erreichen.
Klaus Schmidt: Wir wissen, dass auch die eingesetzte Farbe einen wesentlichen Einfluss auf die Plattenstandzeiten haben kann. Wo sehen Sie denn nach elf Monaten Erfahrung das größte Verbesserungspotenzial im wasserlosen Offset?
Hermann Asal: Bei den Verbrauchsmaterialien. Wenn es noch mehr wasserlose Anlagen gibt, werden die Hersteller von Gummitüchern, Farbe oder Platten noch mehr mitziehen und ihre Produkte noch schneller optimieren. Zur Verbesserung der Maschinentechnik fällt mir spontan kein Punkt ein, obwohl es in der Technik immer Potenzial für Verbesserungen gibt. Aber unsere Cortina ist schon eine tolle Maschine, nicht zuletzt für uns Drucker.
Klaus Schmidt: Herr Asal, nehmen wir mal an, Ihr Verleger Wolfgang Poppen würde Ihnen eine nagelneue Nassoffsetmaschine inklusive aller heute möglichen Voreinstell- und Regelsysteme hinstellen. Wo würden Sie und Ihre Kollegen denn lieber arbeiten?
Hermann Asal: Ich glaube, ich kann auch im Namen meiner Kollegen sagen, dass keiner mehr zum Nassoffset zurück wollte, denn die Vorteile der wasserlosen Cortina für uns als Drucker überwiegen ganz einfach.
Klaus Schmidt: Herr Asal, vielen Dank für den interessanten Einblick in Ihren etwas anderen Drucker-Alltag.