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Verlage wollen mit Print und digitalen Medien Mehrwert schöpfen

Wie sieht die Buchgestaltung in der Zukunft aus? (von links) Klaus Kurz (Adobe), Judith Schalansky, Mario Lombardo und Ernst Gärtner (Eberl GmbH) thematisieren die Anforderungen der Typografie in Print und digitalen Medien.

Freitag 24. Oktober 2008 - Neue Formen von Verlagsprodukten, digitale Workflows, Individualisierung und Veredelung waren die großen Themen des Forums Verlagsherstellung auf der Frankfurter Buchmesse, die am Freitag zu Ende ging. Rund 1000 Zuhörer informierten sich beim Forum von Mittwoch bis Freitag über neue Strategien, Prozesse, Produktion und Gestaltung von Medien- und Verlagsprodukten.

In zwölf Panels diskutierten 57 Fachleute aus der Verlags- und Zulieferbranche über Entwicklungen und Trends in der Verlagsherstellung. Das Forum Verlagsherstellung war auch in seinem vierten Jahr wieder zentrale Anlaufstelle für Hersteller, Verlagsleiter, Gestalter und alle am Herstellungsprozess Beteiligten. Dabei verzeichneten sowohl die Frankfurter Buchmesse als Veranstalter als auch die Organisatoren des Fachforums, die Print & Media Forum AG und die Helmut von Berg Publishing & Consulting Services, ein erneut gestiegenes Besucherinteresse. „Wir sind auch in diesem Jahr mit dem Forum Verlagsherstellung sehr zufrieden“, so Bernd Adam, Vorstand der Print & Media Forum AG, Wiesbaden, „dort werden die aktuellen Themen der Branche diskutiert und Leitideen für die Zukunft entwickelt.“

Neue Medienprodukte
Fazit der Diskussionsrunden: Es gibt keinen Königsweg, der für alle Verlage gleichermaßen gilt. Wissenschafts-, Ratgeber- und Publikumsverlage verfolgen unterschiedliche Strategien, um in Zukunft mit Verlagsinhalten Geld zu verdienen. Eines scheint jedoch sicher: Die Digitalisierung im Verlagswesen schafft neue Medienprodukte. Vom Produkt-Anbieter zum Content-Provider beschreibt beispielsweise Olaf Reiswig, Herstellungsleiter bei Mairdumont, die Strategie des Verlages für Reiseliteratur. „Print ist nur ein Produkt unseres Verlages. Aus dem Content leiten wir verschiedene Produktformen ab, um die Wertschöpfung zu erhöhen.“

Dabei entstehen neue Formen der Zusammenarbeit der Verlage mit anderen Dienstleistern, wie beispielsweise im Verlag Langenscheidt. Hier kooperiert der Verlag mit Anbietern von Navigationssystemen und liefert die Serviceinformationen für die elektronischen Geräte wie Sehenswürdigkeiten, Restaurant- und Einkaufstipps.

Schlanker Produktions-Workflow
Ein zweiter Trend des Forums: Die Verlage versuchen, durch Prozess-Standardisierung und schlankere Workflow-Lösungen Kosten zu reduzieren. Alle Produktionsbeteiligten – Autoren, Gestalter, Druckindustrie – müssen in diesen Workflow einbezogen werden, so das Plädoyer von Reiner Blankenhorn, Langenscheidt KG und Strategieberater Bernd Zipper, ZIPCON Consulting.

Das Standarddatenformat der Zukunft lautet XML. Aus diesem medienneutralen Format lassen sich Print und die elektronischen Endprodukte der Verlage generieren.

Individualisierte, kleine Auflagen
Drittes Schwerpunktthema des Messeforums: die Individualisierung. Die Digitalisierung schafft neue, gezieltere Möglichkeiten der Leseransprache und des Individual-Marketings. Damit verändern sich auch die Produkte. Gregor Elias Dorsch, Geschäftsführer Syntops, ist auf Software zur Individualisierung von Printprodukten spezialisiert. Er ist überzeugt: „Individualisierte Produkte sind die Zukunft.“ Für Syntops ist die „Auflage 1“ heute bereits wirtschaftlich erfolgreich. Auch für die werbetreibende Wirtschaft sei dies interessant, da die Streuverluste der Werbung minimiert werden.

Selbst wenn die Frage, ob die „Auflage 1“ in naher Zukunft für die Verlage und Medienanbieter rentabel ist, von den Experten unterschiedlich beantwortet wurde, scheint klar: Der Trend zu kleineren Printauflagen hält an.

Ob sich mit den neue Medien bereits jetzt Geld verdienen lässt, sehen die Verlagshersteller gespalten. Während in einigen Wissenschaftsverlagen „E-Content“ jetzt schon ein lukrativer Markt ist, wollen Verlage im Ratgeber-Sektor von den guten Erfahrungen der Wissenschaftsverlage wie beispielsweise Springer Science + Business Media, Wiesbaden, profitieren.

Edle Gestaltung und Verarbeitung
Mit dem Vormarsch der E-Books gewinnen gleichzeitig auch gut gestaltete und veredelte Bücher an Bedeutung. Gestalter wie Mario Lombardo und Verleger wie Bertram Schmidt-Friedrichs, Mainz, sehen einen starken Trend zu edlen Bücher mit hochwertigem Finishing, wie Kaschierungen, Prägungen und Lackeffekten in der Umschlaggestaltung.

Das Plädoyer von Prof. Christian Ide (HTWK): „Wir müssen Bücher wieder zum Kultobjekt machen.“ Durch ihre Gestaltung könnten sie sich von der elektronischen Konkurrenz abgrenzen. Luxus steht auch bei den Verpackungen hoch im Kurs, bestätigt Klaus Obert, Winter & Company, Lörrach.

Die Maxime „Kosten reduzieren und Produktion vereinheitlichen“ bleibt im Fokus vieler Verlage. So müssen für Herstellungsleiter Thomas Narr vom Ratgeber-Verlag Gräfe und Unzer Gestaltungslösungen zwar auffällig, aber massenproduktionstauglich sein. Das Forum Verlagsherstellung zeigte ebenfalls: Verlage reduzieren bewusst ihre Buchformate, die eingesetzten Schriften und Papiere im Sinne es effizienteren Workflows und versuchen durch veredelte Umschläge Aufmerksamkeit für das Produkt zu erzielen.

Mit den veränderten Produkten und Arbeitsweisen in der Verlagsherstellung verändern sich auch die Qualifikationsanforderungen der Branche. Fazit des Forums: Die Unternehmen und Mitarbeiter müssen die klassischen Wege verlassen, um neue Märkte der Zukunft zu sichern.


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