Workflow
High Volume im Druck und auch davor
Dienstag 18. November 2008 - Konzentration auf das Beilagengeschäft, Neuausrichtung der Drucktechnik, größtmögliche Verschlankung der betrieblichen Abläufe das sind die Eckpfeiler einer Strategie, durch die sich bei der Jungfer Druckerei und Verlag GmbH binnen zwei Jahren fast alles verändert hat. So auch in der digitalen Druckvorbereitung, wo die Zeichen auf maximale Produktionsstabilität und Automatisierung stehen. Was die Rollenoffsetdruckerei mit einer Workflow- und CTP-Komplettlösung von Kodak verwirklicht hat.
Sorgfältig abwägen, selbstbewusst entscheiden, konsequent umsetzen. Damit haben Wolfgang Schreiner und seine Mitgesellschafter (s. Kasten) große Erfahrung. Und Erfolg. Bei uns hat sich im Grunde genommen alles verändert, sagt der für die Technik verantwortliche Geschäftsführer der Jungfer Druckerei und Verlag GmbH. Die Fokussierung auf das Geschäft mit Werbebeilagen bedeutete die Abkehr vom Zeitungsdruck und den Rückzug aus dem Zeitschriftenmarkt. Mit der Beilagenproduktion hat sich das in Herzberg am Harz ansässige Unternehmen für das laut Wolfgang Schreiner am härtesten umkämpfte Segment des Druckmarktes entschieden. Diese Massenproduktion erforderte eine Reorganisation des gesamten Betriebes, die zur Einstellung des Bogenoffsetdrucks, des Coldset-Rollenoffsetdrucks sowie der Druckweiterverarbeitung führte. Über ausgeklügelte Schichtsysteme konnten die betroffenen Mitarbeiter aufgefangen und in die 24/7-Produktion integriert werden.
Um im Kerngeschäft Beilage volle Kraft voraus agieren zu können, wurde die Heatset-Rollenoffset-Kapazität mit einem umfangreichen Investitionsprogramm arrondiert und auf High-Volume-Kurs getrimmt. Neueste Vertreter dieser Produktionsphilosophie sind eine 80-Seiten- und eine 64-Seiten-Rotation, die das Unternehmen im Herbst 2008 in Dienst stellte. Für die größere der beiden neuen Rollenoffsetanlagen, die bis zu 2.060 mm breite Papierbahnen bedruckt, wurde eine zusätzliche Werkshalle errichtet. Diese Maschinen stammen wie eine weitere 80-Seiten- sowie eine 48-Seiten- und zwei 32-Seiten-Rotationen aus der Lithoman-Serie von manroland. Gemeinsame Merkmale der Maschinen mit je vier Doppeldruckwerken sind Makulatur senkende Einrichtungen, stromlinienförmige Abläufe und Automatisierung wo immer möglich Kriterien, die auch in der Druckvorstufe höchsten Stellenwert haben. Dort läuft die Plattenproduktion neuerdings über zwei CTP-Linien von Kodak, die vollständig automatisiert sind. Einem Anfang 2007 installierten KODAK MAGNUS VLF QUANTUM Plattenbelichter wurde im Sommer 2008 ein weiteres Modell desselben Typs zur Seite gestellt. Gleichzeitig erfolgte die Erneuerung und Kapazitätserweiterung der Server-Hardware des KODAK PRINERGY Workflow Systems. Die Thermoplattenbelichter in der Formatversion für maximal 1.296 x 2.083 mm große Platten können als F-Speed-Modelle jeweils über 20 Platten pro Stunde bebildern.
Stabilität und Sicherheit zwei Gründe für CTP von Kodak
Nach langjährigen positiven Erfahrungen mit CTP-Lösungen von Kodak bleibt die Jungfer Druckerei und Verlag GmbH weiter der Thermo-CTP-Technologie treu. Ausschlaggebende Faktoren sind für Wolfgang Schreiner die hohe Betriebszuverlässigkeit der Plattenbelichter plus die schon fast sprichwörtliche Präzision und Reproduzierbarkeit der KODAK SQUARESPOT Bebilderungstechnologie, die die Grundlage für eine prozessstabile Druckformherstellung schafft. In Herzberg weiß man zudem die vorteilhaften Auswirkungen des dynamischen Autofokus und der automatischen Temperaturkompensation der Kodak CTP-Systeme auf die Qualität der Printprodukte zu schätzen. Hinzu kommt, dass durch die baugleichen Systeme eine einfache Backup-Lösung besteht.
Warum all dies für den Beilagendrucker so wichtig ist, begründet Wolfgang Schreiner mit den Rahmenbedingungen des Geschäfts: Die Preisfrage ist das eine, die absolut pünktliche Lieferung mit hochqualitativen Produkten bei immer kürzeren Vorlaufzeiten das andere. Heute geht es mehr um Zuverlässigkeit. Der Kunde muss in dieser Hinsicht absolut zufrieden gestellt werden. Zu den damit einhergehenden Anforderungen führt der Geschäftsführer weiter aus: Normalerweise erhalten wir die Daten eines Auftrags 24 Stunden vor Druckbeginn, im Extremfall erst zwölf Stunden vorher. Das verlangt uns Schnelligkeit und Flexibilität ab. Dann kann es immer noch vorkommen, dass der Kunde kurzfristig den Umfang von 20 auf 24 Seiten erhöht oder die Auflage um zwei Millionen aufstockt. Solche Herausforderungen müssen wir bewältigen und dafür brauchen wir die Sicherheit, dass unsere Maschinen immer laufen. Was das anbelangt, haben uns die CTP-Systeme von Kodak noch nie enttäuscht. Aufgrund solcher Erwägungen hat das Unternehmen für die Plattenbelichter und Workflow-Systeme mit Kodak Serviceverträge abgeschlossen, über die u. a. regelmäßige Wartungsmaßnahmen und im Bedarfsfall eine reaktionsschnelle Service-Unterstützung abgedeckt sind.
Druckplatten maßgeschneidert für die Beilage
Jeder der zwei großformatigen KODAK MAGNUS VLF QUANTUM Plattenbelichter wird von einer Mehrkassetteneinheit (MCU) vollautomatisch mit Druckplatten beliefert. Mit je vier Vorratskassetten genügen die MCUs in puncto Formatvielfalt den Anforderungen des Unternehmens. Nach der Modernisierung ihrer Rollenoffsettechnik kommt die Jungfer Druckerei und Verlag GmbH mit nur drei Formaten aus. Da sämtliche Druckplatten eingebrannt werden, sind neben Verarbeitungsanlagen in beide CTP-Linien Auftragstationen für die Einbrennlösung sowie Durchlauf-Einbrennöfen integriert.
Den Spitzenbedarf beziffert Holger Friebe, Leiter der Druckvorstufe, mit etwa 30 Platten pro Stunde, während im Normalfall 15 bis 20 Stück pro Stunde anfallen. Die relativ moderaten Anforderungen an den Ausstoß der CTP-Abteilung hängen mit der Auftragsstruktur zusammen. Zwischen 300.000 und 20 Millionen Exemplaren bewegen sich die Druckauflagen. Der Durchschnitt liegt bei immerhin 4,5 Millionen, sodass es keine häufigen Plattenwechsel gibt. Angesichts der hohen Auflagen ist es sehr plausibel, dass die Druckplatten eingebrannt werden, zumal sie in den Rotationen mit rauen Bedingungen konfrontiert sind maßgeblich verursacht durch das Papier. In erster Linie ist es auf Kostengründe zurückzuführen, dass die Kunden ihre Beilagen zu annähernd 80 % auf Zeitungs- oder B-Stoff-Papieren drucken lassen. Dennoch ist eine hohe, gleich bleibende Bildqualität gefragt.
Vor diesem Hintergrund schwört Wolfgang Schreiner Stein und Bein auf die langjährig verwendete KODAK DITP GOLD Thermoplatte, der er eine optimale Auflösung, Stabilität und Auflagenleistung bescheinigt. Nach den Erfahrungen der Herzberger Drucker lassen sich mit dieser negativ arbeitenden Preheat-Platte bei den schwierigen Bedruckstoffen bis zu 1,2 Millionen Überrollungen erreichen. Dazu kommt die ideale Eignung der KODAK DITP GOLD Thermoplatte für die Bebilderung und den Druck mit der KODAK STACCATO Rasterung. Die Jungfer Druckerei und Verlag GmbH verwendet das FM-Rasterverfahren in der Feinheitsstufe mit 20-µm-Punkten. Verschiedene Großkunden pochen selbst bei Zeitungspapier auf die FM-Rasterung, damit beispielsweise die Details von Möbeln oder technischen Motiven so plastisch wie möglich herauskommen. Ansonsten wird je nach Papierqualität mit AM-Rasterweiten zwischen 45/cm (Zeitungspapier) und 60/cm (LWC) gearbeitet.
Prepress-Automatisierung lindert den Termindruck und hilft, Fehler zu vermeiden
Analog zur betrieblichen Organisation in Verwaltung und Druck bestehen in der Vorstufenabteilung schlanke, flexible Strukturen. Tagsüber sind hier meist zwei Mitarbeiter tätig, während der Nachtschicht nur einer. Da der CTP- und Plattenverarbeitungsprozess weitgehend bedienerlos vonstatten geht, kümmern sich die Vorstufenmitarbeiter hauptsächlich um die Prüfung und Organisation der Dateien vom Eingang bis zur Plattenbebilderung. Unterstützung finden sie dabei durch die Kontrollroutinen und Automatisierungsfunktionen des KODAK PRINERGY Workflow Systems. Dessen Preflight-Routine unterzieht eingehende Dateien einer umfassenden Überprüfung. Ergibt der PDF-Datei-Preflight, dass die Spezifikationen nicht erfüllt werden, erhält der Bediener entsprechende Fehlermeldungen. Die automatische Beseitigung von Problemen bei PDF-Dateien, die nicht ordnungsgemäß erzeugt wurden, verringert Verzögerungen und nachträglichen Bearbeitungsaufwand.
Da sowohl die Arbeitsprozesse in der Druckvorstufe als auch die Beilagenprodukte stark standardisiert sind, bedient man sich in Herzberg gerne der Möglichkeiten der Regelbasierten Automatisierung (RBA) des PRINERGY Systems. Mit der RBA lassen sich unternehmensspezifische Prepress-Abläufe automatisieren. Über eine komfortable grafische Benutzeroberfläche können Systembediener ganze Ketten von Verarbeitungsaufgaben miteinander verknüpfen und deren automatische Ausführung von Regeln oder Bedingungen abhängig machen. Dies befähigt das KODAK PRINERGY Workflow System zu einer intelligenten ereignisgesteuerten Prozessautomatisierung. Beispielsweise sorgt die RBA für die korrekte Zuordnung der Dateien zum jeweiligen Ausschießer, die Platzierung von Nutzen oder die automatische Ausgabe von Proofs. Selbstverständlich stellt der Prepress-Workflow auch den Leitstandsystemen der Rollenoffsetmaschinen die Daten für die automatische Farbzonenvoreinstellung zur Verfügung.
Angesichts der kurzen Vorlaufzeiten bis zum Druck ist in der Vorstufe jedes Instrument willkommen, das einen Zeitgewinn bringt. Deshalb wurde der digitale Prepress-Workflow um das KODAK INSITE Prepress Portal System ergänzt. Über dieses Webportal können Kunden oder deren Agenturen fertige Layoutdateien jederzeit sicher und zielgenau in den Druckvorstufen-Workflow hochladen. Die übermittelten Dateien werden automatisch einer Preflight-Kontrolle unterzogen und vom Workflow-System dem richtigen Job zugeordnet. Das spart enorm viel Zeit und vermeidet Rückfragen sowie Bearbeitungsfehler.
In umgekehrter Richtung ermöglicht das KODAK Smart Review System als integrale Komponente des KODAK INSITE Prepress Portal Systems den Kunden unabhängig von geografischen Distanzen eine schnelle und komfortable Überprüfung der Seiten. Die bereitgestellten Seiten lassen sich am Monitor jedes Computers mit Internet-Anschluss begutachten, mithilfe verschiedener Softwaretools messen und/oder kommentieren und für die weitere Produktion bei der Druckerei freigeben. Damit erübrigt sich ein langwieriges Hin und Her von Hardcopy-Proofs bzw. eine mühselige E-Mail-Kommunikation mit angehängten PDFs. Holger Friebe verhehlt indes nicht, dass gerade in puncto Online-Proof und -Druckfreigabe bei manchen Kunden noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Doch die immer kleineren Zeitfenster tun das Ihrige, den Auftraggebern den hohen Nutzwert des KODAK INSITE Prepress Portal Systems zu vermitteln.
Insgesamt präsentiert sich die Druckvorstufen- wie die Drucktechnik des Unternehmens nach Abschluss des jüngsten Investitionsprogramms genauso fokussiert wie das Geschäftsfeld. Für Wolfgang Schreiner besteht kein Zweifel, dass das Druckprodukt Beilage Zukunft hat: Mit der Beilage realisieren unsere Kunden ihre Umsätze. Hier ist sogar ein leichtes Wachstum zu verzeichnen. Außerdem haben wir im eigenen Haus genügend Ideen, um unser Kernprodukt kreativ weiterzuentwickeln.
Für die Beilage alles geben
Wenn es bei der Jungfer Druckerei und Verlag GmbH in den vergangenen zwei Jahren eine Konstante gab, waren es umfangreiche Veränderungen auf allen Ebenen. Zur Jahresmitte wurde die Unternehmensnachfolge durch ein Management-Buy-out realisiert. Der Technische Geschäftsführer Wolfgang Schreiner, der kaufmännische Leiter Guido Lang (ebenfalls Geschäftsführer) und der Leiter der Finanzbuchhaltung Roger Mellinghausen (heute Prokurist) übernahmen das Unternehmen als alleinige Gesellschafter von der Verlegerfamilie Jungfer. Gleichzeitig wurden alle Geschäftsanteile der Tageszeitung Harz Kurier an die Braunschweiger Zeitung, eine Tochter der WAZ Mediengruppe, veräußert. Die Abkehr vom Zeitungsdruck bedeutete den Wandel zum reinen Akzidenzbetrieb. Im Rollenoffsetbereich hatte die Jungfer Druckerei und Verlag GmbH bereits vor einiger Zeit die Weichen in Richtung High-Volume-Produktion gestellt. Man verabschiedete sich schrittweise vom Konzept der koppelbaren 16-Seiten-Maschinen (bis zu vier Bahnen konnten für 64-seitige Produkte auf einen Falzapparat gefahren werden), für das die Druckerei in der Rollenoffsetszene bekannt war. Demgegenüber ist das High-Volume-Konzept deutlich produktiver, weniger personalintensiv und folglich wirtschaftlicher.
Bei dem im Industriegebiet Aue am Südwestrand von Herzberg angesiedelten Betrieb sind rund 260 Menschen beschäftigt. 40 Personen arbeiten in der Verwaltung, die übrigen Mitarbeiter in der Technik. Produziert wird nicht nur für Auftraggeber aus Deutschland, sondern mit einem Exportanteil von 10 % auch für Kunden in angrenzenden Ländern.
Eine Veränderung mit Signalwirkung für die Zukunft war der Eintritt von Andreas Wulf am 1. Oktober 2008 als stellvertretender technischer Geschäftsführer und Mitgesellschafter. Der ausgewiesene Technik-Experte und erfahrene Rollenoffset-Manager ist designierter Nachfolger von Wolfgang Schreiner als Technischer Geschäftsführer. Der Stabwechsel in der Führung der Technik ist für das Jahr 2013 geplant. Wolfgang Schreiner gehört dem Unternehmen seit dem Beginn seiner Druckerlehre im Jahr 1966 an.