Aus den Unternehmen
Leipziger Traditionsbetrieb setzt auf Ökologie und Veredelung
Donnerstag 30. September 2010 - Bis ins Jahr 1991 hinein produzierte Gärtner Druck, ein 1932 gegründeter Traditionsbetrieb aus Leipzig im Buchdruck. Da für Handwerksbetriebe zu DDR-Zeiten kaum neue Maschinen zu beschaffen waren, kam überwiegend gebrauchte Technik zum Einsatz.
Anfang der 90er Jahre zog der Offset in den mittlerweile aus der Innenstadt in ein modernes Produktionsgebäude nahe des Leipziger Messegeländes verlegten Betrieb ein. Erst mit Ein- und Zweifarbenmaschinen, 1998 und 2002 jeweils mit einer Vierfarbenmaschine im Format 37 x 52 cm. Jetzt produziert eine nagelneue Halbformat-Rapida 75 im Unternehmen.
Im vergangenen Jahr stellte sich für Geschäftsführer Holger Gärtner die Frage, wie er sein Unternehmen für die Zukunft aufstellen sollte. Hatten sein Vater und sein Großvater überwiegend mit Ressourcenknappheit, maroden Produktionsgebäuden und staatlichen Restriktionen zu kämpfen, stellen sich für ihn heute ganz andere Probleme: Preisverfall bei Standarddrucksachen, Überkapazitäten am Markt, wachsende Konkurrenz durch den Digitaldruck und reduzierte Werbeausgaben der Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund entschied sich der gelernte Buch-, Offsetdrucker und Schriftsetzer für den Wechsel ins B2-Format 52 x 75 cm, für die Spezialisierung im Bereich der Veredelung und einem strikten Umwelt-Engagement.
Rapida 75 ideal in knappen Produktionsräumen
Anfang 2009 begannen Holger Gärtner und sein langjähriger Drucker Mirko Vetter fast alle Optionen im Halbformat zu prüfen. Viele der angebotenen Maschinen waren für den beengten Drucksaal einfach zu groß. Am Ende gab es nur zwei Alternativen: Anbauen oder die platzsparende Rapida 75 beschaffen. Je mehr sich die beiden Druckfachleute mit der Rapida 75 beschäftigten, desto klarer wurden ihre Vorteile für den Betrieb. Sie ist praxisorientiert automatisiert, u. a. mit automatischer Formatverstellung, verzichtet aber auf teuere und in ihrer Klasse unnötige Überwachungssysteme. Und dazu bleiben dank ihrer klappbaren Tritte noch reichlich 110 cm Platz für den Stapeltransport. Mit dem fünften Druckwerk und der anschließenden Lackiereinheit lassen sich hochwertige Ein- und Mehrfachlackierungen im Inline-Prozess ausführen. Bedingt durch die notwendige Auslageverlängerung musste aber dennoch das Gebäude um 7 m² erweitert werden.
Im April 2010 ging die neue Rapida 75 in Betrieb. Seitdem tüfteln Holger Gärtner und Mirko Vetter mit einfachen und auch doppelten Drip-off-Effekten, mit Schattenwirkungen durch leichten Versatz der Matt-Glanz-Effekte zum Druckbild, mit Duftlackierungen und Iriodinen. Darüber hinaus wurde noch ein Laser-Schneid- und Gravursystem beschafft, mit dem u. a. Karten und Visitenkarten mit zusätzlichen Effekten veredelt werden sollen und die Integration von weiteren Materialien in das Druckprodukt möglich wird. Wie bisher gehören natürlich auch Prägungen zum Veredelungs-Portfolio.
Erste bemerkenswerte Ergebnisse liegen heute vor. So konnte Gärtner Druck dank der neuen Technik einen 16-Seiter mit 3.500 Exemplaren und zwei Sprachfassungen im Vergleich zur bisherigen Produktion knapp 2.000,- günstiger anbieten. Denn dieses Produkt wurde vorher in einem Unternehmen gedruckt, in einem weiteren mit einer UV-Lackierung versehen und in einem dritten verarbeitet. Auch ein Consulting-Unternehmen profitierte bereits von den neuen Veredelungsmöglichkeiten. Die Titelseite einer Firmenbroschüre wurde mit Matt-Glanz-Effekten so veredelt, dass sich die Leistungen des Auftraggebers noch mehr herausheben. Mit den individuellen Veredelungsangeboten, der persönlichen Beratung und Dienstleistungen rund um das Druckprodukt unterscheidet sich das Angebot von Gärtner Druck heute deutlich von dem preisgünstigerer Online-Druckportale.
Entwicklungspotenzial für die Zukunft
Auch Drucker Mirko Vetter, der schon in Großbetrieben an unterschiedlichsten Maschinen produziert hat und mehrere Jahre in Bolivien Drucker ausbildete, freut sich über die Rapida 75. „Sie ist sehr vielseitig einsetzbar und obendrein bedienfreundlich“, beschreibt er seine Erfahrungen. „Die Maschine kann mehr, als wir im Moment noch von ihr fordern“. Aber das ist gut so, damit auch für die nächsten Jahre Entwicklungspotenzial und zusätzliche Druckkapazitäten bleiben. Auf jeden Fall hat Holger Gärtner schon mal einen Lehrling eingestellt, um die Rapida 75 künftig noch effektiver auslasten zu können.
Ganz konsequent werden die CIP3-Daten für die Maschinenvoreinstellung genutzt. Bei fünf Farbwerken bringt das eine immense Zeitersparnis und damit einen großen Sprung zur Optimierung der Rüstzeiten. Auch wenn der Lotem 400 schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, wurde zusammen mit Kodak der Workflow so aktualisiert, dass die Rapida 75 alle für die Voreinstellung erforderlichen Daten erhält.
Mit DensiTronic wird die Druckqualität geregelt. Für die bevorstehende PSO-Zertifizierung wird die dynamische Dichteregelung zusätzlich mit einer Dokumentations- und Protokoll-Funktion versehen. Denn manche Auftraggeber fordern die Qualitätsprotokolle für ihr eigenes QS-System. Daneben erfolgt die Messung mit einem Spektralphotometer. Bei speziellen Farben, veränderter Druckreihenfolge sowie Dispersionslackierungen legt Mirko Vetter auf die manuelle spektrale Messung besonderen Wert.
Ökologische Druckproduktion
Der Name Gärtner assoziiert ja geradezu einen „grünen Daumen“ und lässt hohes Umweltbewusstsein erwarten. Ein weiterer Grund, in die Rapida 75 zu investieren, war für Holger Gärtner der sehr geringe Energieverbrauch von nur etwa 50 kW (mit Lackierung und Trocknerbetrieb bei 15.000 Bogen/h). Trotz energiesparender Technik ist der Verbrauch beim Umstieg vom Klein- ins Halbformat gestiegen. Mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach und an der Südseite des Firmengebäudes können aber im Sommer bis zu 50 Prozent des Energiebedarfes für den Druckbetrieb erzeugt werden. Auch die Abluft aus dem Kühlgerät wird genutzt. Außerhalb des Drucksaales befindet sich ein Wärmetauscher mit Pufferspeicher, der die abgeführte Energie zur Heizung des gesamten Firmengebäudes und für die Warmwasseraufbereitung zur Verfügung stellt. Auch die Mieter einer in das Gebäude integrierten Wohnung profitieren davon.
Neben der mit vielen Automatisierungslösungen, darunter zentrale Formatverstellung, Diagonalregister, SAPC-Plattenwechselauto-maten, automatischen Wascheinrichtungen und Nonstop-Rechen ausgestatteten Rapida 75 stehen dem Unternehmen mit sechs Mitarbeitern eine Schneidemaschine, ein GrafoPress-Tiegel vorwiegend für das Prägen und Stanzen sowie Taschenfalz- und Bohrmaschinen zur Verfügung. Eine kleine Satzabteilung und die Druckvorstufe ermöglichen den vollstufigen Betrieb.
Bei der angestrebten Neupositionierung befindet sich Gärtner Druck auf der Zielgeraden. Am 5. November sind Interessenten und Kunden eingeladen, um sich selbst von den neuen technischen Möglichkeiten des mitteldeutschen Druckbetriebes zu überzeugen.