Offsetdruck
Das Besondere kommt an
Montag 18. Dezember 2017 - Es lohnt sich für Unternehmen, ihr Geschäftsmodell zu hinterfragen, neu anzufangen und dann durchzustarten. So geschehen bei der Firma Kunst- und Werbedruck (K + W) in Bad Oeynhausen. Ende 2013 verabschiedete sich K + W vom Rollenoffsetdruck sowie einem Bauchladen an unterschiedlichsten Maschinen und setzt seither konsequent auf den Bogenoffsetdruck im Format 3B und eine hohe Fertigungstiefe.
Als Partner wurde die Heidelberger Druckmaschinen AG (Heidelberg) gewählt, die bereits 2012 die erste Speedmaster XL 105 und dann im Jahr 2014 eine zweite Speedmaster XL 106, dieses Mal als Wendemaschine, sowie mehrere Maschinen in der Weiterverarbeitung installierte. „Wir bieten die „Alles aus einer Hand“- und „Geht nicht – gibts nicht“-Lösungen an“, beschreibt Stefan Belte den neuen Ansatz. Er ist gemeinsam mit Frank Pieper seit 2010 als Geschäftsführer bei K + W tätig. „Wir suchen jedwede Herausforderung, sei sie technisch, wirtschaftlich, organisatorisch oder logistisch und liefern immer das Besondere“, so das Erfolgsrezept.
„Andersartigkeit“ als Marke
Mehr als 100 Mitarbeiter produzieren für die überwiegend nationalen Kunden meist komplexe und anspruchsvolle Drucksachen, wie Broschüren, Kataloge, Bücher, Kalender und Prospekte. Beliefert werden oft die Marktführer der Branchen aus Industrie, Handel, Banken, Automotiv, Pharma und Verlage, die das Besondere suchen und bei K + W auch erhalten.
Die Druckobjekte werden immer aufwändiger und es wird nach optischen und haptischen Reizen gesucht. „Wir beobachten beispielsweise die Renaissance des klassischen Katalogs, dies in verringerter Auflage, dafür aber in vielen Sprachversionen und mit Veredelungen. Die Liefertermine werden dabei immer enger“, bestätigt Frank Pieper. Um all dies noch besser und wirtschaftlicher umsetzen zu können, gingen Belte und Pieper erneut in die Offensive und investierten in diesem Jahr in ein Gesamtpaket von Heidelberg im Umfang von über neun Millionen Euro. Das Paket besteht aus einem neuen CtP-Plattenbelichter Suprasetter 106 mit vollautomatischem Palettenloader 106 G, zwei Speedmaster XL 106 und dem Prinect Business Manager, um die vorhandenen Prinect Workflowkomponenten mit einem MIS-System zu vernetzen. K + W arbeitet mit Druckplatten und Lacken aus der Saphira Familie und vertraut auch den Serviceangeboten wie Service 36plus mit Remote-Service und E-Call für eine hohe Verfügbarkeit der Maschinen. „Uns ist ein Partner wichtig, der möglichst viele Bereiche unserer Anforderungen abdecken kann. Mit Heidelberg verhandeln wir auf Augenhöhe und treffen hier auf offene und faire Gesprächspartner“, erklärt Stefan Belte.
Weltneuheit für außergewöhnliche Druckprodukte
Die erste der beiden neuen Druckmaschinen, eine Speedmaster XL 106-Zehnfarben mit Wendung und einer Geschwindigkeit bis zu 18.000 Bogen in der Stunde, ist seit Februar 2017 installiert. Sie ist weltweit die erste Maschine, die den innovativen Farbwerksantrieb Hycolor Multidrive in Teilausstattung enthält – im 1., 5., 6. und 10. Druckwerk. Normalerweise wird dieses System in allen Druckwerken bei Maschinen für Verpackungsdrucker eingesetzt. K + W hatte sich hier als Akzidenzdrucker zum Feldtest bereit erklärt, da das Auftragsspektrum exakt passte. Hycolor Multidrive stellt hier einen großen Kundennutzen dar, da das Farbwerk nun unabhängig von anderen Tätigkeiten und Rüstprozessen an der Maschine betrieben werden kann. Mit Hycolor Multidrive können die Farbwerke gewaschen werden, während parallel über den Hauptantrieb der Druckplattenwechsel mit AutoPlate XL 2 erfolgt – und Gummitücher und Druckzylinder werden zeitgleich zum Rüstvorgang gewaschen. Dies ist besonders interessant, wenn mit mehreren Sonderfarben oder einem Drucklack gearbeitet wird. Während der nächste Job bereits vorbereitet wird, sind parallele Wasch- und Rüstvorgänge möglich, was zu extrem kurzen Rüstzeiten führt und den Kunden kurze Lieferzeiten garantiert. Bei K + W sind es schon mal 30 bis 40 Prozent Farbwechsel und die Zeitersparnis entsprechend groß. Auch eine Intensiv- oder Tiefenreinigung im Farbwerk kann hier parallel durchgeführt werden, was zu verkürzten Rüstzeiten bei besseren Waschergebnissen führt.
Ein weiterer Vorteil ist das intelligente Stillsetzen von Druckwerken bei Nichtgebrauch. Es erleichtert die Arbeit enorm und bietet einen hohen Bedienkomfort. „Durch die fehlende Farbzuordnung in einem Druckwerk wird das nicht benötigte Druckwerk automatisch ohne Bedienereingriff stillgesetzt und die Walzen somit geschützt“, berichtet Artur Benz, Technischer Leiter bei K + W. Hycolor Multidrive ist im Maschinenleitstand Prinect Press Center XL 2 integriert und wird dort von der Software Intellistart 2 gesteuert. Hierbei kalkuliert Intellistart 2 immer den schnellsten und bestmöglichen Einsatz von Hycolor Multidrive zu den Rüstprozessen. Der Wallscreen XL zeigt alle Rüstprozesse auf einen Blick und unterstützt so den Bediener.
Durchgetaktete Prozesse
Mit der neuen Speedmaster XL 106-10-P, die mit dem automatischen Plattenwechsler AutoPlate XL 2 und dem Farb-und Regelsystem Inpress Control 2 ausgestattet ist, wurde im Rahmen des Feldtests auch das Push-to-Stop-Konzept – soweit wie mit der aktuellen MIS -Software möglich – getestet und umgesetzt. Dabei geht es um Produktionsprozesse, die sich selbstständig steuern und automatisiert ablaufen und um Bediener, die nur noch bei Bedarf oder gar nicht mehr eingreifen müssen. Das Ziel ist, die Nettoproduktivität auf ein bislang unerreichbares Niveau zu heben. „Mit Push-to-Stop und der Vernetzung über die Prinect Module aus Prepress, Press und Postpress können wir das Potenzial der Maschine voll ausnutzen, wenn auch das neue MIS, der Business-Manager vollständig installiert ist“, fasst Artur Benz seine Erfahrungen zusammen. Sowohl kleine als auch große Auflagen können nun schnell und produktiv abgearbeitet werden. „Die Maschine hat unsere Erwartungen voll und ganz erfüllt. Besonders hervorheben möchte ich noch den hohen Bedienkomfort mit Hycolor Multidrive und die kurzen Rüstzeiten.“ Bei einem reinen Formenwechsel innerhalb eines Druckauftrags werden alle acht Platten innerhalb von 80 Sekunden ohne Gummituchwaschen gewechselt. Vor kurzem wurde ein Job mit je 750 Bogen Auflage in zwei Sprachen und 16 Bogenteilen mit 256 Druckplatten in drei Stunden gedruckt. Der Totalisator wies im November bereits 48 Millionen Druck aus.
Anfang 2018 wird dann die zweite neue Maschine – eine Speedmaster XL 106-Achtfarben mit Lack installiert. Zusammen mit der vorhandenen Speedmaster XL 105-Fünffarben mit Lack sieht sich K + W gut für die Zukunft aufgestellt. „Wir sehen gelassen unseren Auslastungsspitzen der Produktionsamplituden entgegen, wenn der Druck auch mal Auflagen aus den Regionen des Rollenoffsets mit sich bringt“, bestätigt Frank Pieper. „Qualität und Schnelligkeit ist für uns die Priorität Nummer 1 und wir haben dann auch die Kunden zur Druckabnahme für über eine Woche bei uns im Haus.“ Umso besser also, dass die Prozesse transparent und durchgetaktet sind. „Eine Palette bewegt sich durch den neuen Produktionsablauf bei uns mittlerweile bewusst nur noch in eine Richtung. Das macht uns viel effizienter und schlagkräftiger als früher“, erklärt Stefan Belte. In 2018 soll die komplette Workflow-Anbindung mit dem Prinect Business Manager umgesetzt werden, um die betriebswirtschaftliche Ausrichtung mit Kennzahlen und das Controlling noch stärker auszubauen. Gerade wurde dazu ein entsprechender Software-Feldtest mit Heidelberg unterschrieben. Weiterhin werden gerade auch Gespräche über eine neue Speedmaster XL 106-Fünffarben mit Lack sowie über eine neue Falzmaschine Stahlfolder TH 82 P geführt, die durch ihre hohe Automatisierung den großen Ausstoß der neuen Druckmaschinen verarbeiten kann.
„Auch in Zukunft stehen wir für das Besondere, das Anspruchsvolle und stellen hochwertige und komplexe Printmedien mit einer ausgeprägten Fertigungstiefe im mittleren und hohen Auflagenbereich her“, umreißt Stefan Belte die Firmenstrategie. „Wir wollen die Kundenbindung erhöhen und unsere Dienstleistungen noch mehr dem Markt anpassen, beispielsweise mit erweiterter Logistik und insgesamt als Generalunternehmer auftreten.“