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Offsetdruck

Mit Spitzenleistung und hohen Investitionen gegen den Krisenpessimismus

Dank dynamischer Dichteregelung kommt auch bei 18.000er Leistung für Drucker Benjamin Land (r.) keine Hektik auf. Geschäftsführer Klaus Hopfstock ist stolz auf „seine“ Mitarbeiter.

Montag 20. April 2009 - Seit fünf Jahren gibt es einige wenige Bogenoffset-Baureihen im Mittelformat, die auf maximale Fortdruckleistungen von 18.000 Bogen/h ausgelegt sind. Ist diese Leistungsexplosion bei tendenziell sinkenden Auflagen überhaupt erforderlich? Fahren Druckbetriebe wirklich so schnell oder ist dies alles nur ein Marketing-Gag der beiden in puncto Maschinenleistung weltweit führenden Hersteller? Bei der Grafischen Werkstatt von 1980 in Kassel gibt es die Antwort: Dort produziert eine Rapida 106 nahezu konstant mit 18.000 Bogen in der Stunde. Dank des Geschwindigkeitsdisplays über der Auslage ist diese Spitzenleistung schon beim Betreten des Druckunternehmens sichtbar.

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Vor fast 30 Jahren wurde der Betrieb im Zentrum von Kassel gegründet. Seit 1991 produziert die Druckerei, die 1988 von den drei heutigen Gesellschaftern Klaus Hopfstock, Nina Liebisch und Norbert Sander übernommen wurde, in der Yorkstraße 48. Vor einem Jahr erweiterte man die Produktionsfläche auf insgesamt 2.400 m2. Die Verbindung zu KBA reicht fast bis in die Gründerjahre zurück. Damals produzierte eine Zweifarbenmaschine mit Hochstapelauslage im Format 50 x 70 cm im Unternehmen. Eine weitere Zweifarben mit Wendung für das Mittelformat kam später hinzu. Nach dem Einsatz mehrerer Modellreihen eines anderen Druckmaschinenhersteller druckt man in der Grafischen Werkstatt seit Oktober 2008 auf einer Hightech-Rapida der neuesten Generation: Die Rede ist von einer Rapida 106 mit fünf Druckwerken, Lackturm und einigen Extras. Auch die Weiterverarbeitung des Betriebes mit 24 Mitarbeitern wurde in den vergangenen Monaten weitgehend erneuert. Investiert wurde in eine Schneidestraße, eine Zusammentragmaschine und in Stanztechnik. Demnächst soll es in der Vorstufe weitergehen. Der vorhandene CTP-Belichter soll zum Vollautomaten aufgerüstet werden.

Entscheidung beim Pre-drupa-Open House
Im Februar 2008 haben sich die Fachleute der Grafischen Werkstatt die Vorgängermaschine der heutigen Rapida 106 erstmals genauer angesehen. Auf dem Pre-drupa-Open House im April fiel dann die Entscheidung für die schnelle Maschine. „Wir erhofften uns eine deutliche Reduzierung der Rüstzeiten und wollten von der hohen Laufleistung profitieren“, erläutert Klaus Hopfstock die Beweggründe zur Investition. Die Pessimisten im eigenen Haus meinten, das geht bei den verwendeten Grammaturen so und so nicht. Und heute? Mattgestrichenes 75 g-Papier, das mit der damaligen 4-Farben des Mitbewerbers, auch im 3B-Format, mit maximal 10.500 Bogen/h bedruckt werden konnte, läuft heute stabil mit 18.000 Bogen/h durch die Rapida 106. Rechnet man die kürzeren Rüstzeiten hinzu, leistet die Maschine bei unveränderter Auftragsstruktur 50 Prozent mehr als ihre Vorgängerin. Dazu kommt ein viel bequemeres Arbeiten. Die Drucker sind hoch motiviert und zeigen gern, wie schnell die „Kiste“ läuft. „Insofern war es eine richtige Entscheidung, das große Geschwindigkeitsdisplay zu installieren, damit auch alle sehen, was die Maschine leisten kann“, berichtet Jürgen Oberbeck, kaufmännischer Leiter des Unternehmens, über die damals nicht unumstrittene Entscheidung. 15 Mio. bedruckte Bogen in 5,5 Einsatzmonaten sind das stolze Ergebnis.

Makulatursparende Inline-Dichteregelung
Bei allen Druckaufträgen erfolgt die kontinuierliche Überwachung und Regelung der Farbdichten über QualiTronic Color Control. Das ist Makulatur sparend und erleichtert die Arbeit der Drucker enorm. Die Inline-Bogeninspektion ist zwar ebenso installiert, soll aber erst mit etwas zeitlichem Abstand in Betrieb genommen werden. Der simultane Plattenwechsel mit DriveTronic SPC kam dagegen von Anfang an nicht in Frage. „Unsere Auflagen sind einfach zu groß. Da amortisiert sich der zusätzliche Investitionsaufwand für die Plattenzylinder-Direktantriebstechnik nur schwer.“ Mit den FAPC-Vollautomaten geht der Auftragswechsel trotzdem ruckzuck. Das Auftragsspektrum besteht zum größten Teil aus Fachzeitschriften für Medizin und Automatisierungstechnik sowie Publikationen für kirchliche Verlage und Institutionen. Die Auflagen schwanken zwischen 1.000 und 30.000 Exemplaren. Hinzu kommen Bücher, Akzidenzen und Plakate. Letztere werden aufgrund des geringen internen Aufwands mit den drei Arbeitsschritten „Rein, Raus und Rechnung“ sehr gern gesehen.

Von Anfang an entschied man sich dagegen dafür, die neue Rapida 106 mit der ziehmarkenfreien SIS-Anlage auszustatten, denn die Ziehmarken machten an der Vorgängermaschine immer mal wieder Probleme. Erst gar keine an der Maschine zu haben, schließt diese potenzielle Fehlerquelle grundsätzlich aus, freut sich Klaus Hopfstock.

Ökologische Produktion
Ganz erheblich ist aber auch die Einsparung an Waschmitteln mit der neuen Hochleistungsmaschine. Waren für die Bürstenwascheinrichtungen des Vorgängermodells bis zu 600 Liter monatlich erforderlich, sind es an der Neuen hochgerechnet für den gleichen Zeitraum maximal 75 Liter. Außerdem wird die Abwärme der Kompressoren zum Heizen der Buchbinderei genutzt – ein wichtiger Beitrag zur Schonung der Ressourcen und zur Reduzierung der Betriebskosten.

Auch die Inline-Lackierung ist für die Druckfachleute der Grafischen Werkstatt neu. Bisher laufen vor allem Schutzlackierungen, um die Bogen schneller verarbeiten zu können. Dazu kommt Primer für anschließende externe Veredelungen beispielsweise mit UV-Effekt- oder Glanzlackierungen. Vorwiegend erfolgt der Lackauftrag zurzeit bei Zeitschriften-Umschlägen und Bildbänden, aber auch die Drip-off-Lackveredelung will man verstärkt einsetzen.

Mit moderner Ausstattung sicher durch schweres Fahrwasser
Durch Umsetzung der geplanten Investitionen sind nun die Druckerei und Weiterverarbeitung auf dem neuesten Stand. „Da dürfte eigentlich nichts größeres mehr kommen“, ist sich Klaus Hopfstock sicher. Um eine vollständige Auslastung des Produktionsgiganten zu erreichen, bewegt die Unternehmer aber eine andere Frage umso mehr: Wie positioniert man eine mittelständische Druckerei angesichts des Booms von Web-to-Print in der anhaltenden Wirtschaftskrise, wie schafft man sich Alleinstellungsmerkmale und nutzt die durch die neue Technik möglich gemachten Marktchancen?

Die Antwort darauf könnte die Grafische Werkstatt zum Beispiel mit Ihrer absoluten Fach- und Beratungskompetenz geben, die jedoch nun stärker als früher kommuniziert werden muss. „Wir haben für fast alle Bereiche kompetente Fachleute im Haus, so dass auch knifflige Fragen schnell geklärt werden können“, betont der Geschäftsführer eine Stärke des Betriebes. „Bestandskunden gehen uns kaum verloren, aber Neukunden sind heute für alle schwer zu gewinnen. Sie müssen von der Mehrleistung, die sie bei unwesentlich preiswerteren Web-Angeboten nicht haben, überzeugt werden.“ Oder sie kommen automatisch, wenn das gewünschte Produkt im Internet nicht angeboten wird.

Auch die Grafische Werkstatt spürt die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise. „Die Kunden warten bis zum Äußersten mit der Vergabe ihrer Aufträge. Für uns wird die Zeit dann noch kürzer“, beschreibt Jürgen Oberbeck einen aktuellen Trend. Daneben sind sinkende Seitenumfänge der Periodika ein unübersehbares Zeichen dafür, wie es in den einzelnen Branchen läuft.

Trotzdem sieht man sich in der Grafischen Werkstatt von 1980 besser aufgestellt als in vielen anderen krisengeschüttelten Betrieben und Branchen. Dank der modernen Ausstattung ist die Geschäftsleitung optimistisch, auch das wirtschaftlich schwierige Jahr 2009 zu meistern.

www.kba.com
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