Aus den Unternehmen
Gabriele Katzmarek (SPD) zu Besuch bei der Koehler-Gruppe
Dienstag 25. Juli 2023 - Gabriele Katzmarek, Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 2014 Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, besuchte die Koehler-Gruppe am Firmenstammsitz in Oberkirch, um sich ein Bild von der Windkraftentwicklung im Land und der Belastung der Industrie durch hohe Energiekosten zu machen.
Das Familienunternehmen mit weltweit rund 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat mit der Gründung von Koehler Renewable Energy im Jahr 2012 begonnen umfangreich in die Erzeugung erneuerbarer Energie zu investieren. Zahlreiche Projekte im Bereich Biomasse-Kraft-Wärmekopplung, Onshore Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft wurden bereits umgesetzt.
Brückenstrompreis soll Abwanderung der Industrie ins Ausland verhindern
Bereits bei der Gründung von Koehler im Jahr 1807 kam das erste Wasserkraftwerk am heutigen Stammsitz in Oberkirch in der Papierproduktion zum Einsatz. 2012 hat das Unternehmen mit der Gründung von Koehler Renewable Energy den Grundstein für umfangreiche Investitionen in die Gewinnung erneuerbarer Energie gelegt – die Grundlage für das heutige zweite Standbein der Koehler-Gruppe. Koehler Renewable Energy leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeits-Strategie der Koehler-Gruppe, mit dem Ziel sämtliche Energiemengen, die für die Papierproduktion benötigt werden, bis spätestens 2030 durch Erzeugung erneuerbarer Energie mit eigenen Anlagen abzudecken.
Die Papierindustrie ist eine energieintensive Industrie, weshalb die Koehler-Gruppe die Entwicklung der Energiepreise in den vergangenen zwei Jahren vor massive Herausforderungen gestellt hat, insbesondere im internationalen Wettbewerb. Dr. Stefan Karrer, Vorstand Technik der Koehler-Gruppe, betont: „Bis ausreichend günstiger Strom aus erneuerbaren Quellen verfügbar ist, benötigen wir dringend Unterstützung bei der Begrenzung der Stromkosten, damit wir im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben.“ Ab 2024 wird zusätzlich der sogenannte Spitzenausgleich, eine Entlastung der Industrie bei den Energiekosten, wegfallen, was für die Koehler-Gruppe ein Anstieg der Energiekosten um voraussichtlich über 6 Millionen Euro bedeutet. Das Unternehmen begrüßt deshalb die aktuelle Diskussion um einen Brückenstrompreis, zur Unterstützung der energieintensiven Industrie, um eine Abwanderung von relevanten Teilen der Wertschöpfungsketten ins Ausland zu verhindern.
Forderung nach Preisbremse in der Vergabe von Pachtflächen für Windkraft
Nach fast 10 Jahren der Planung und Projektierung konnten Ende 2022 die Vorbereitungen für den Bau zweier Windkraftanlagen von Koehler Renewable Energy im Windpark Blasbach in Mittelhessen – der ersten Windkraftanlagen für Koehler in Deutschland – beginnen. Der Windpark wird voraussichtlich Ende diesen Jahres in Betrieb gehen. Die Genehmigung fünf weiterer Anlagen nördlich von Waldeck in Nordhessen, sowie zweier weiterer Anlagen in Lich in Mittelhessen, konnte nach knapp 5 Jahren der Planung Anfang des Jahres erreicht werden.
In Baden-Württemberg dagegen geht es weiterhin schleppend voran. Die Koehler-Gruppe würde gerne in unmittelbarer Umgebung ihrer Standorte in der Ortenau sowie im Murgtal in Windkraftanlagen investieren, um vor Ort grünen Strom zu erzeugen. Bis vor Kurzem war Baden-Württemberg noch mit der geringsten Anzahl genehmigter Windkraftanlagen pro Jahr in Deutschland trauriges Schlusslicht. Die Entbürokratisierung von Genehmigungsprozessen wurde zwischenzeitlich auf den Weg gebracht.
Eine ganz andere Entwicklung stimmt Dr. Stefan Karrer mittlerweile nachdenklich: „Die Bevölkerung hat verstanden, dass langfristig nur grüner Strom, der auch mit Windkraftanlagen an Land erzeugt werden muss, sinnvoll für unser Klima ist. Das hat spürbar den Druck von den Schultern der Lokalpolitik genommen.“ Gemeinderäte und Bürgermeister seien mittlerweile offen für die Vergabe von Flächen. „Was wir jetzt erleben ist aber, dass die Industrie überhaupt keine Möglichkeit mehr hat, bei der Vergabe von Flächen zur Nutzung von Windkraft zum Zuge zu kommen. Hier werden mittlerweile Pachten angeboten, die bei der aktuellen Entwicklung der Anlagenpreise und Finanzierungszinsen einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen unmöglich machen – von einem günstigen Strompreis für die regionale Industrie ganz zu schweigen. Dies widerspricht den formulierten Zielen der Bundesregierung.“ Oft entschieden Lokalpolitiker und Gemeindevertreter sich für den Höchstbietenden, ohne die Bedürfnisse der lokalen Industrie zu betrachten. „Wir benötigen dringend eine Regulierung dieser Preisentwicklung, für die Sicherung unserer Arbeitsplätze in Baden-Württemberg“, so Karrer weiter. Thomas Lampart, Betriebsratsvorsitzender der Koehler-Gruppe, hält eine Unterstützung der Politik bei der Regulierung für notwendig. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Industrie sich mit grünem Strom versorgen kann, um den Arbeitsplätzen in Deutschland langfristig eine Perspektive zu geben.
Damit schließt sich die Koehler-Gruppe dem Bundesverband der Windenergie (BWE) an, der diese Forderung bereits vor einigen Jahren formuliert hat.
Politik sieht Handlungsbedarf
Gabriele Katzmarek begrüßte bei ihrem Besuch das weitreichende unternehmerische Engagement des Familienunternehmens. „Die Koehler-Gruppe verkörpert den deutschen Mittelstand, der als Motor dieses Land antreibt: Familiengeführt über Generationen hinweg, lokal verwurzelt, international tätig und äußerst erfolgreich.“ Bereits 2012 in großem Stil in die Erzeugung erneuerbarer Energie zu investieren sei vorausschauend gewesen und damals mit Sicherheit mit großem unternehmerischem Risiko verbunden gewesen. Jetzt sei es an der Politik dafür zu sorgen, dass Pachtgrundstücke zu für alle Seiten fairen Preisen zur Verfügung stehen, damit die Industrie an ihren Standorten die Möglichkeit hat, sich selbst mit Energie zu versorgen. Katzmarek zeigte Verständnis dafür, dass bei der Vergabe von Flächen auch die sogenannten „weichen“ Faktoren der regionalen Wertschöpfung stärker berücksichtigt werden sollten. Die aktuell diskutierte Forderung nach einem Brückenstrompreis sei nur eine Übergangslösung, bis ausreichend grüner Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht.