Offsetdruck
Wertvolle Erkenntnisse zum Hybriddruck
Donnerstag 12. Februar 2009 - In einem ausgiebigen Feldversuch auf einer neuen Coldset-/Heatset-Achterturmrotation KBA Colora beim griechischen Kunden Kathimerini S.A. konnten die KBA-Ingenieure und Drucktechniker wertvolle Erkenntnisse zum Semicommercial- und Hybriddruck gewinnen, die es in dieser Breite und Tiefe bisher noch nicht gab.
Daraus können unmittelbar technische und verfahrenstechnische Optimierungspotenziale und Lösungen für diese am Zeitungsmarkt im Trend liegenden Produktionsverfahren abgeleitet werden. KBA lässt eben Pionieranwender neuer Verfahren nicht allein und profitiert als Maschinenbauer ebenfalls von der Partnerschaft mit engagierten Kunden.
Mit der Investition in eine doppeltbreite KBA Colora mit Trockner und Heatset-Ausstattung hat das renommierte Zeitungsdruckhaus Kathimerini S.A. in Athen die Weichen für Semicommercials bzw. für akzidenzähnliche Produkte gestellt. Die Maschine in Athen war nicht die erste Colora mit Heatset-Ausstattung. Neu ist aber, dass Kathimerini die Maschine nicht nur für den Coldset- oder den Heatsetdruck, sondern konsequent auch für beide Verfahren im Zusammenlauf, also den so genannten Hybriddruck einsetzt.
Ausgelegt auf eine Leistung von 75.000 Exemplaren in Doppelproduktion und konfiguriert mit einem Zylinderumfang von 1.000 mm (Cut-off: 500 mm), kann die auf hohe Flexibilität getrimmte Achterturmrotation in Parterre-Aufstellung mit verschiebbaren Trichtern und elektromotorisch verstellbaren Zugwalzen variable Papierrollenbreiten von 1.080 mm bis 1.460 mm bedrucken. Im Broadsheet-Format können 64 Seiten produziert werden, davon 48 vierfarbig und 16 zweifarbig. 16 Seiten können alternativ auch durch den Trockner laufen, separat ausgelegt oder bei Hybrid-Produktion in das Coldset-Produkt eingemischt werden. Bei Tabloid-Produktion verdoppelt sich die maximale Seitenkapazität entsprechend auf 128 Seiten, wobei die Seitenbreite 250 mm beträgt und die Seitenhöhe von 270 bis 365 mm variabel ist.
Schon früher war Kathimerini Vorreiter bei neuen Produktvarianten, wie der Heatset-Produktion auf KBA-Zeitungsmaschinen oder der falzgeklebten Tageszeitung. Neben eigenen Verlagserzeugnissen, wie der gleichnamigen Tageszeitung Kathimerini mit bis zu 230.000 Exemplaren Auflage, werden auf der neuen Colora-Anlage zahlreiche Lohnaufträge produziert. Die enge und langjährige Partnerschaft zwischen dem Druckhaus in Athen und KBA bildet eine gute Basis, um die Möglichkeiten und Grenzen beim Druck kombinierter Coldset-/Heatset-Produkte (Hybrid-Produkte) systematisch zu untersuchen.
Unter Hybrid-Produktion versteht man das Zusammenführen einer/mehrerer Coldset-Bahnen mit einer durch den Trockner laufenden Heatset-Bahn über einen gemeinsamen Falztrichter. Dabei werden häufig höherwertige Papiere, beispielsweise LWC, für den Titel oder bestimmte Sektionen und normales Zeitungspapier für den Rest eingesetzt. Es entsteht ein für den normalen Zeitungsleser ungewöhnliches Produkt in puncto Optik und Haptik. Welche Herausforderungen ergeben sich aber daraus für den Drucker?
Hybrid-Produktionen erfordern Kompetenz
Die größte Herausforderung besteht darin, unterschiedliche Materialien und Produktionsverfahren in einem gemeinsamen Prozess zu beherrschen. So erfährt klassisches Zeitungspapier während des Druckvorganges im Coldset durch die Aufnahme von Wasser eine Dehnung in der Breite, auch Fanout-Effekt genannt. Dieser Effekt verhält sich bei allen Coldset-Bahnen identisch, soweit durchgehend das gleiche Papier eingesetzt wird. D. h. jede Bahn bzw. jede Zeitungssektion wächst im gleichen Maße.
Produziert man nun im Hybrid-Modus und fährt z. B. mit einem aufgebesserten Zeitungspapier oder einem LWC-Papier durch den Trockner, widerfährt dieser Bahn nicht nur ein mehr oder weniger großer Fanout vor dem Trockner, sondern durch die Hitzeeinwirkung gleich im Anschluss eine Schrumpfung (siehe Schema).
Das Ergebnis sind dann Bahnen, die unterschiedlich breit in den Falz laufen und diesen als Gesamtprodukt wieder verlassen. Nicht selten blitzt der ungetrocknete Innenteil hervor, d. h. der Innenteil ist im Verhältnis zum Heatset-Cover gewachsen.
Das Wachsen bzw. Schrumpfen ist grundsätzlich physikalisch bedingt und in der Stärke der Auswirkung von der jeweiligen Papiersorte abhängig
Im reinen Akzidenzbetrieb kennt man das Schrumpfungsverhalten auch. Hier sind aber immer gleich wirkende Parameter zu berücksichtigen, d. h. jede Bahn besteht aus identischem Papier und identischen Farben. Die minimale Veränderung des Produkts durch den Bahnschrumpfungsprozess wird durch den 3-seitigen Beschnitt in der Weiterverarbeitung dann völlig unsichtbar.
Anwender und Lieferant profitieren von erfolgreichen Versuchsreihen
Der Ansatz des KBA-Versuchsteams und der motivierten Druckermannschaft von Kathimerini war, diesem physikalisch bedingten Schrumpfungsprozess mit verschiedenen Maßnahmen entgegen zu wirken und die Ergebnisse sauber zu dokumentieren. Einerseits natürlich über den primären Einflussfaktor Trocknungstemperatur. Hier konnte man aber schnell feststellen, dass die Trocknungstemperatur den Schrumpfungsvorgang nicht entscheidend beeinflusst. Ausschlaggebend sind vielmehr die Bahntemperatur und Gleichgewichtsfeuchte des Papiers.
Zunächst hat man den Einfluss der Rückbefeuchtung nach dem Trocknungsprozess untersucht. Ziel war, mit der Rückbefeuchtung das Schrumpfen zu kompensieren ohne mit der aufgebrachten Wassermenge das Produkt in seiner Qualität negativ zu beeinflussen. Dabei konnten weit reichende Erkenntnisse hinsichtlich Wassermenge, Dauer der Rückbefeuchtung, Einfluss auf die Oberflächenspannung des Papiers und Wasseraufnahmefähigkeit der unterschiedlichen Papiersorten gewonnen werden. Interessant war die Beobachtung, dass die erkennbare Schrumpfung auf dem Auslageband abhängig vom Papier erst nach längerer Lagerzeit zurückgeführt wurde.
Ein weiterer Ansatz war, das Papier mechanisch über eine spezielle Breitstreckwalze nach dem Trocknungsprozess wieder zu dehnen. Hier konnten sehr gute Ergebnisse erzielt werden und darüber hinaus kann die Breitstreckwalze dazu genutzt werden, die Spielräume der Bahnspannung, speziell im Bereich zwischen Kühlwalze und Trichtereinlauf, zu erweitern. Weiter konnte man erfolgreich lästige Falten aus dem Papier ziehen und zudem einen gleichmäßigeren Silikonauftrag erreichen. Die optische und haptische Wirkung am Produkt blieben im Kreuzleger und letztlich beim Leser nicht lange unbeachtet.
Kathimerini S.A. wurde von Kunden und auch von konkurrierenden Druckereien begeistert auf diese tollen Produkte angesprochen. Man wollte natürlich wissen, wie das umgesetzt wurde