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Zeitung & Versandraum

Print-Zeitung mit neuen Ideen und Investitionen stärken

Im High-End-Nassoffsetdruck ist die weitgehend automatisierte KBA Commander CT mit 25 Anlagen am Markt ausgesprochen erfolgreich

Samstag 03. November 2012 - Mit einem Anteil von 46 Prozent an den von der internationalen Zeitungsindustrie 2011 und 2012 vergebenen Aufträgen über neue Rotationsanlagen ist die Koenig & Bauer AG (KBA) weltweit die Nummer 1. Dennoch muss auch der Erfinder der Zylinderdruckmaschine seine Kapazitäten für das Segment Zeitungsdruck auf das durch den Medienwandel deutlich kleiner gewordene Nachfragevolumen ausrichten.

Gegenüber der Zeit vor der Finanzkrise 2008 ist das jährliche Investitionsvolumen in neue Zeitungsdrucktechnik um über 60 % zurückgegangen. Wachstum gibt es nur noch in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Indien oder China, in Asien, im Mittleren Osten, in den Randregionen Europas sowie in Teilen Afrikas und Lateinamerikas. Darauf wies der KBA-Vorstandsvorsitzende Claus Bolza-Schünemann in seinem Vortrag „Die gedruckte Zeitung in einer veränderten Medienwelt“ anlässlich der World Publishing Expo (WPE) in Frankfurt am Main hin.

Trotz der geringeren Investitionstätigkeit in der Branche bringt KBA immer wieder neue Technik und innovative Verfahren auf den Markt, um die gedruckte Zeitung als finanziell stabilen Marken-Carrier für zusätzliche Online-Aktivitäten zu stärken, für Leser und Werbekunden attraktiver zu machen oder den Medienunternehmen ein Zusatzgeschäft mit ungewöhnlichen Beilagen und akzidenzähnlichen Produkten zu ermöglichen. Beispiele sind die Einführung des automatischen Druckplattenwechsels, des wasserlosen Offsetdrucks, der bedienerorientierten Kompaktbauweise sowie neuer Lösungen zur Inline-Veredelung der Zeitungsproduktion. Andere Hersteller sind den von KBA initiierten Trends mittlerweile gefolgt.

Moderne Zeitungen werden mit weniger Text und plakativen Bildern und Grafiken den Magazinen immer ähnlicher. Dies setzt eine entsprechend hohe Druckqualität voraus. Darüber hinaus sucht die Zeitungsindustrie nach neuen, auffälligen Werbeformaten für Markenartikler und den Handel. KBA liefert deshalb heute viele Zeitungsmaschinen mit Sonderausstattung für Heften, Leimen, Half Cover, Superpanorama oder mit der Perforationseinrichtung Zip‘n’Buy, Heißlufttrocknern inklusive 3. Falz für Semicommercials und die Hybrid-Produktion Coldset/Heatset. Bolza-Schünemann: „Durch Kreativität kann sich Print zusätzliche Markenwerbung sichern.“ Als Beispiel zeigte er eine Beilage der Würzburger Main-Post, bei der nach dem Motto „Give me 5“ auf einer Commander CT durch kreatives Falzen, Kleben und Perforieren von drei Panorama-Seiten mit zwei Zips zum Aufreißen bei entsprechendem Aufklappen fünf unterschiedliche Werbeanzeigen entstehen.

Das zweite, qualitativ sehr beeindruckende Beispiel für neue Möglichkeiten im Coldset-Druck war eine bei Freiburger Druck (Badische Zeitung) im wasserlosen Offsetverfahren auf der KBA Cortina produzierte Kundenzeitung des renommierten Fotostudios René Staud in Leonberg bei Stuttgart. Mittels eines im Überbau der Cortina integrierten Lackierwerkes wurde die 16-seitige Zeitung im Berliner Format inline mit Dispersionslack veredelt. Das von KBA gemeinsam mit Harris + Bruno entwickelte Lackierwerk kann den Wasserlack auf beide Seiten der Papierbahn in unterschiedlichen Breiten auftragen und kommt mit einer IR/TL-Trocknerhilfe anstelle des bei Akzidenzrotationen üblichen energieintensiven Heißlufttrockners aus. Das bei Coldset-Produkten mit über den Falz laufenden Bildern und hohem Farbauftrag oft unvermeidbare Abschmieren und Ablegen wird durch den Lackauftrag (Over Print Varnishing) vermieden. Das Druckprodukt hatte Akzidenzqualität mit einer angenehmen Haptik. Bei OPV ist die Weiterverarbeitung sofort möglich, ebenfalls die Kombination lackierter mit nicht lackierten Papierbahnen und der Einsatz von normalen und aufgebesserten Zeitungspapieren. Diese von KBA in Kooperation mit SunChemical und Freiburger Druck entwickelte Form der Inline-Lackierung ist nur im wasserlosen Offset auf der Cortina möglich. KBA sieht darin keinen Ersatz für den Heatset-Druck, sondern eine Möglichkeit für Cortina-Anwender, die für sehr anspruchsvolle Zielgruppen kleinere und mittlere Auflagen drucken wollen.

Christoph Müller, der als Vorstand für das Produkthaus Rollendruckmaschinen die Bereiche Entwicklung, Marketing, Vertrieb und Service verantwortet, stellte das für die aktuellen Marktanforderungen überarbeitete KBA-Maschinenprogramm vor. Dieses enthält neben den am Weltmarkt gut positionierten einfachbreiten Rotationen Continent (2/1) und Comet (2/2) die in puncto Automatisierung bei der Ausstattung sehr flexible neue Commander CL in 4/1-, 4/2- und 6/2-Konfiguration (bis 1.730 mm Papierbahnbreite) und die beiden weitgehend automatisierten High-End-Anlagen Commander CT (Nassoffset, 4/2 und 6/2) und Cortina (wasserlos, 4/1, 4/2 und 6/2). Für die 6/2-Produktion mit großen Papierbahnbreiten ab 2.100 mm Bahnbreite bietet KBA auch noch den in vielen Zeitungshäusern eingesetzten Commander mit 9er-Satelliten an. Ansonsten setzt man bei Neuinvestitionen inzwischen auf die drucktechnischen Vorteile der Achterturmbauweise im Gummi-/Gummi-Verfahren.

Für die zur drupa 2012 neu vorgestellte Digitaldruckanlage RotaJet 76 verzeichnet KBA auch reges Interesse aus der Zeitungsindustrie. Laut Christoph Müller adressiert das Unternehmen mit der High Volume Inkjet-Rotation mit der aktuell verfügbaren Bahnbreite von 781 mm derzeit die aufgrund der Auflagenstruktur oder Individualisierungs-Anforderungen für den Digitaldruck besonders geeigneten Marktsegmente Bücher-, Direct Mail- und Werbedruck. In der Zeitungsproduktion sei der Digitaldruck aufgrund der in der Regel höheren Auflagen mit einem Marktanteil deutlich unter 1 Prozent aus wirtschaftlichen Gründen bisher noch wenig verbreitet. Dennoch werde man als zweiten Schritt die RotaJet in geeigneten Formaten auch solchen Druckhäusern anbieten, die neben Zeitungen in kleineren Auflagen auch Beilagen und andere wirtschaftlich im Digitaldruck zu produzierende Printerzeugnisse herstellen wollen.

In seinem Marktüberblick verwies Christoph Müller auf die regional sehr unterschiedliche Entwicklung. Insgesamt liegt die Nachfrage bei neuen Rotationsanlagen in 2012 auch aufgrund der negativen Auswirkungen der Staatsschuldenkrise und der schwächeren Konjunktur in vielen Ländern etwas unter dem Vorjahr. Dies gilt vor allem für Südeuropa, aber auch für andere Länder. Installationen und neue Projekte verzeichnet KBA vor allem in Deutschland, Skandinavien, im Mittleren Osten, Afrika, und China. Dem steht aktuell eine Kaufzurückhaltung in Mittelosteuropa, Südostasien, Australien und Lateinamerika gegenüber: Hinzu kommt die schon länger anhaltende Investitionsflaute in den USA. Entscheidungen und Finanzierungen dauern deutlich länger als vor der Finanzkrise. In den Industrieländern dominieren Ersatzinvestitionen. Kapazitätserweiterungen gibt es fast nur in Schwellenländern.

Nach der kürzlichen Produktionsaufnahme einer großen Cortina-Hybridanlage bei Gulf News in Dubai berichtete Christoph Müller über die Bestellung einer weiteren Cortina mit drei Drucktürmen und zwei Heißlufttrocknern durch einen europäischen Anwender (Presseinfo folgt!). Im Hochtechnologie-Segment führt die Commander CT mit 25 zum größten Teil bereits produzierenden Anlagen den Zeitungsmarkt bei den Neuinstallationen an. Allein in den letzten zwölf Monaten sind in Deutschland, England, Österreich, Schweden und Italien zwölf Commander CT-Anlagen in doppelt- und dreifachbreiter Ausführung in Produktion gegangen. Die vor einem Jahr zur IFRA Expo in Wien vorgestellte Commander CL (= CLassic) ist unter den aktuellen Marktbedingungen ebenfalls sehr erfolgreich gestartet. Neben fünf Anlagen für Deutschland und die USA hat sich kurz vor der Zeitungsmesse in Frankfurt auch das erste chinesische Zeitungshaus für eine Semicommercial-Anlage Commander CL mit zwei Achtertürmen und einem Heißlufttrockner entschieden (siehe dazu die Presseinfo Guiyang Daily in China bestellt KBA Commander CL).

Neben neuen Produkten und Verfahren im Druckbereich hat KBA sein Dienstleistungsportfolio für die Branche kontinuierlich erweitert. Dies betrifft den Ausbau der Beratungsleistung bis hin zu Turn Key-Projekten bei Neuinstallationen. Bei den am Markt zunehmend gefragten Retrofits für ältere Rotationsanlagen arbeitet man mit den Automatisierungsexperten von EAE in Ahrensburg zusammen. Erfahrenes Fachpersonal der neuen Tochtergesellschaft PrintHouseService GmbH (PHS) hat in mehreren großen deutschen Zeitungsdruckereien vor Ort die technische Betreuung der Rotationsanlagen und anderer Einrichtungen übernommen. Darüber hinaus bietet KBA im Rahmen individueller Servicepakete verstärkt Upgrades bestehender Rotationsanlagen an, auch um diese technisch für neue Werbeformen auszustatten.

Nur vier Tage vor der World Publishing Expo hatte Claus Bolza-Schünemann in München den im Rahmen der Bayerischen Printmedienpreise 2012 an Koenig & Bauer verliehenen Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten für außergewöhnlich innovativen Maschinenbau entgegengenommen. Er empfahl den Zeitungsverlegern, die nachgewiesene Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit der Printwerbung und die hohe Akzeptanz der Zeitung im lokalen und regionalen Umfeld noch stärker kreativ zu nutzen. Der KBA-Chef: „Die Print-Zeitung darf nicht zu Tode gespart werden. Sie muss ihre Adressaten inhaltlich und optisch als etablierte Marke überzeugen. Zur visuellen Qualität, Zielgruppenorientierung, Aktualität, Werbewirksamkeit und Wirtschaftlichkeit kann die Lieferindustrie mit neuen Ideen und intelligenten Innovationen beitragen. Darauf konzentriert sich KBA.“

www.kba.com
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