Veredelung & Siebdruck
Der Druck wächst über optische und haptische Gesichtspunkte hinaus
Montag 30. Mai 2016 - Im Interview erklärt Walter Kurz, Vorstand der LEONHARD KURZ Stiftung & CO. KG, was von seinem Unternehmen auf der drupa zu erwarten ist, welche Rolle gedruckte Elektronik und der funktionelle Druck dabei spielen.
Herr Kurz, industrieller Druck ist ein Highlight-Thema der drupa 2016 – und eine wichtige Domäne Ihres Unternehmens. Was können Messebesucher von KURZ erwarten?
Walter Kurz: Neben unserem Hauptstand in Halle 3 sind wir gleich zweimal in Halle 12 vertreten: Im drupa Innovationpark am Touchpoint Packaging und auf dem Stand der Printcity-Allianz, wo wir jeweils Innovationen aus dem Bereich Industrie- und Verpackungsdruck zeigen. Schon daran wird klar, welche Bedeutung wir dem Thema beimessen. Der Druck wächst über rein optische und haptische Gesichtspunkte hinaus und erfüllt eine Vielfalt an Funktionen – sei es Fälschungsschutz, seien es Sicherheitsmerkmale für Banknoten oder gedruckte Touchpanels für Hausgeräte und für Automobile. Auch unser webbasiertes Identifikations-, Informations- und Kommunikationssystem „Trustcode“ gehört dazu. Per Smartphone können Nutzer damit Produktdaten über metallisierte Designs, holografische Echtheitskennzeichen oder Identifikationscodes abrufen. Veredelung und Funktion gehen hier Hand in Hand. Wir werden auf der drupa neue intelligente Verknüpfungen von solchen Prägungen und Software unserer Beteiligung Adorsys zeigen.
Gibt es auch im grafischen Druck und im Verpackungsdruck Neues von Kurz?
Kurz: Auf jeden Fall. In unserem traditionellen Bereich – dem Heißprägen – stellen wir mit der M-Serie eine neue Produktplattform vor. Sie wird die Effizienz und Flexibilität deutlich erhöhen. Beim Kaltfolientransfer in Bogen und Rolle haben wir die metallische Veredelung im industriellen Druck weit vorangebracht. Hier stellen wir neue Folientypen und das neue Modul „Distorun“ vor, das die Positionierung von Kaltfolienbahnen optimiert. Holografische Einzelbilder und Endlosdesigns sind damit nicht nur leichter und exakter applizierbar. Sondern die Folien lassen sich weit effizienter nutzen, weil nicht genutzte Folienabschnitte nun in einem zweiten und dritten Durchlauf zum Transfer genutzt werden können. Schon jetzt stoßen wir damit auf große Resonanz bei Markeninhabern. Daneben sind wir auch im Bereich Print 4.0 aktiv. Hier zeigen wir eine neue digitale Prozessmanagement-Plattform für Heißprägeprozesse, die die Prozesskette im Sinne höherer Effizienz und Produktivität vernetzt
…wie sieht es mit dem Digitaldruck aus?
Kurz: Ganz wichtig. Wir haben unseren Digital Metal Ansatz weiterentwickelt. Dahinter verbirgt sich die Kombination aus Digitaldruck, Lack- und Metalltransfer, mit dem sich auch Kleinauflagen und personalisierte Designs umsetzen lassen. Da haben wir nun noch eine digitale Veredelung per Inkjet draufgesetzt, was unser digitales Druck- und Folienverfahren mit Echtmetall komplett onlinefähig macht. Das ist ein integriertes Gesamtkonzept mit Maschine, Software und Folien aus unserem Haus.
Industrieller Druck ist ein globaler Wachstumsmarkt. Nimmt seine Bedeutung auch in Ihrem Unternehmen zu?
Kurz: Ja, das ist ein strategisch wichtiger Bereich. Allerdings gibt es Licht und Schatten. Gerade bei gedruckten RFID-Chips und gedruckter Photovoltaik haben sich die hohen Erwartungen bis heute nicht erfüllt. Aber im Bereich Digital Metal, bei den gedruckten Touchpanels und Sensoren sieht die Sache ganz anders aus. Hier zahlen sich unsere intensiven Vorarbeiten mittlerweile aus. Es gibt viele lukrative Nischen. Aber nicht jede Idee zündet.
Wo gibt es im industriellen Umfeld Erfolge?
Kurz: Wir stellen auf der drupa eine Bosch-Waschmaschine aus, die ein komplett im industriellen Druck gefertigtes Touchdisplay hat. Vorteile liegen im Fertigungsprozess, in der Designfreiheit und es lassen sich robustere Touchdisplays realisieren. Es ist das Auftaktmodell einer neuen Serie. Auch aus der Automobilindustrie empfangen wir erfreuliche Signale. Mit der Elektromobilität und dem automatisierten Fahren wird sich das Innenraumdesign verändern. Auch da sind Touchpanels im Kommen. Wir haben da viel Entwicklungsarbeit reingesteckt und steinige Wege zurückgelegt. Jetzt zieht die Nachfrage an. Ob das irgendwann auch in der grafischen Industrie der Fall sein wird, bleibt ungewiss. Noch sind es hier nur vereinzelte Marketingaktionen.
Hauchdünne Folien und Beschichtungen im Mikrometerbereich sind Ihre Spezialität. Braucht es Nanotechnologie, um solche Genauigkeiten zu erzielen?
Kurz: Unsere Ursprünge liegen beim Blattgold, die heutige Bedampfung liegt im Bereich von tausendstel Millimetern. Wir entwickeln Lacke und Folien. Nanotechnologie ist für uns beileibe kein Neuland, aber wir hängen das nicht an die große Glocke. Wir nutzen sie, um Fließfähigkeit oder Brillanz von Lacken zu optimieren und feinste Strukturierungen umzusetzen. Aber Nano eignet sich nicht als Marketingtool. Es ist ein ernstes Thema, bei dem viele Fragen der Umwelt- und Arbeitssicherheit zu beachten sind. Als Hersteller von Beschichtungen im großtechnischen Maßstab können wir das und tun es auch. Damit nehmen wir unseren Kunden vieles an Aufwand ab, und das sehen wir als den richtigen Weg.
Neue Nanoprintverfahren drängen in den Öffentlichkeit. Fürchten Sie den Wettbewerb?
Kurz: Wir begrüßen die hohe Entwicklungsdynamik im funktionalen und industriellen Druck. Als innovatives Unternehmen profitieren wir davon, dass Kunden offen für Innovationen sind. Und die Dynamik spricht dafür, dass die Märkte weiter wachsen. Dem Wettbewerb stellen wir uns gerne, weil wir von unseren Lösungen überzeugt sind. Unsere Kunden und unser Erfolg bestätigen uns, dass wir in unserer Forschung und Entwicklung an den richtigen Themen arbeiten.